Mein Business: Gründen ist keine "gmahde Wies'n!"
| 18. Mai 2018Gemeinsam mit Manuel Schuler und Lukas Hecke hat die Alumna Marlene Welzl WGE! – Gemeinsam Wohnen, ein Social Business ins Leben gerufen, das ältere und jüngere Menschen zusammenführt. Das Gute dabei: Die Mieten werden erschwinglicher und ältere Semester freuen sich über frischen Wind in ihrem Zuhause.
Stellen Sie uns bitte Ihr Unternehmen in zwei Sätzen vor …
Marlene Welzl: Mit "WGE! Gemeinsam wohnen" möchten wir Wohnen auf neue Art leistbar machen: Wir vermitteln älteren Menschen und Seniorenwohnhäusern, die ein freies Zimmer haben, passende WohnpartnerInnen. Das sind meist junge Menschen, die für ein kostengünstiges Zimmer Zeit für gemeinsame Aktivitäten sowie Unterstützung im Alltag zur Verfügung stellen.
Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Startup vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view-Magazin, der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung und dem Alumniverband.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Wir gründen eine Firma?
Welzl: Wir drei GründerInnen von WGE! sind in Haushalten aufgewachsen, in denen mehrere Generationen unter einem Dach gelebt haben. Als wir für das Studium nach Wien gezogen sind, haben wir festgestellt, dass es in der Großstadt kaum Berührungspunkte zwischen Jung und Alt gibt. Gleichzeitig hatten wir den Eindruck, dass jüngere und ältere Menschen Bedürfnisse haben, die einander gut ergänzen: Einerseits suchen viele Junge, vor allem Studierende, ein günstiges und familiäres Zuhause in der Großstadt. Andererseits haben ältere Personen oft ein Zimmer in ihrer Wohnung frei und sind froh, wenn sich jemand an den Wohnkosten beteiligt.
Nachdem wir festgestellt haben, dass es ausreichend Nachfrage für unser Service-Angebot gibt und sich zeigte, dass Wohngemeinschaften zwischen Jung und Alt sehr gut funktionieren, war für uns klar, dass wir ein Unternehmen gründen wollen.
Sie haben Internationale Entwicklung und Sinologie an der Universität Wien studiert. Inwiefern hat ihr Studium beim Weg in die Selbstständigkeit eine Rolle gespielt?
Welzl: Meine Studien haben mich nicht auf einen bestimmten Beruf vorbereitet, daher habe ich kurzerhand meinen eigenen Job geschaffen. Mir ist am Ende meines Studiums bewusst geworden, dass ich in meinem Beruf eigene Ideen umsetzen möchte und mir Autonomie sehr wichtig ist. Die Selbstständigkeit macht all dies möglich. Darüber hinaus habe ich in meiner Studienzeit selbstständiges Arbeiten gelernt und die Fähigkeit, mir Themen eigenständig zu erarbeiten. Das sind sehr wichtige Fähigkeiten, die in der Selbstständigkeit eine zentrale Rolle spielen, da man sich seine Aufgaben selbst einteilen und erkennen muss, was zu tun ist.
Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Welzl: Ehrlich gesagt hatte ich keine konkreten Vorstellungen, da das Gründen nicht im Mittelpunkt stand, sondern die Umsetzung der Idee. Mir wurde aber sehr schnell klar, dass der Aufbau unseres Unternehmens sehr viel Ausdauer braucht und keine "gmahde Wies‘n" ist. Im Nachhinein würde ich sagen, dass Leidenschaft, Durchhaltevermögen, Mut und Lernbereitschaft die wichtigsten Elemente im Gründungsprozess sind.
Am Montag, 18. Juni, findet im Hörsaalzentrum am Campus der Universität Wien die Entrepreneurship Night statt. Keynote SpeakerInnen aus der Gründerszene und ein vielfältiges Programm bieten die Gelegenheit, alles über Entrepreneurship in Erfahrung zu bringen. Jetzt anmelden und Workshop-Plätze sichern!
WGE! wird beim Social Business Talk von 20.30 bis 21.30 Uhr im Hörsaal C2/Hörsaalzentrum am Campus dabei sein. (© Shutterstock)
Was war für Sie die größte Herausforderung?
Welzl: Die größte Herausforderung war für mich, Prioritäten zu setzen und mich auf einige wenige Dinge zu fokussieren. Wenn man ein Unternehmen startet, gibt es so viele Dinge, die anzugehen sind, so dass man sich im Projekt leicht verliert und den Blick fürs Wesentliche verliert. Darüber hinaus musste ich unternehmerisches Denken lernen, was ein völlig neues Feld für mich darstellte.
Ihr schönster Augenblick?
Welzl: Die Unterhaltung mit einem Studenten, den wir an ein Seniorenwohnhaus vermittelt haben, und einer älteren Bewohnerin. Beide haben mir voller Begeisterung erzählt, wie erfreulich die Zeit ist, die sie miteinander verbringen. Dieser Augenblick bestätigte meine Annahme, dass unser Wohnkonzept eine enorme Bereicherung für Jung und Alt ist und daher weiter verbreitet werden muss.
Haben Sie Vorbilder?
Welzl: Meine Eltern sind mir sowohl menschlich als auch beruflich große Vorbilder. Sie haben mir gezeigt, dass sich mit Struktur, Fleiß und Willensstärke Ziele verwirklichen lassen.
Weiterbildungsprogramm des WTZ Ost ist online
Das WTZ Ost bietet auch dieses Jahr wieder zahlreiche Workshops rund um das Thema Entrepreneurship an: von Ideenfindung über Design Thinking bis hin zu Prototyping und Storytelling. In verschiedenen Hubs des WTZ Ost können dann Projekte danach weiterentwickelt werden – aktuelle Calls dazu befinden sich auf der Website des WTZ. (© WTZ Ost)
Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Welzl: Es sind die kleinen, aber stetigen Schritte, die zum Ziel führen.
Wie hätte Sie die Uni mehr unterstützen können?
Welzl: Mehr Informations- und Workshopangebote rund ums Thema Selbstständigkeit und Unternehmensgründung wären hilfreich gewesen. Oder auch ein MentorInnenprogramm von GründerInnen, welche auch Alumni der Universität Wien sind. (Anmerkung der Redaktion: Im u:start Gründungsprogramm wird neben Seminaren und Workshops auch Mentoring durch erfahrene GründerInnen, teils mit Uni-Wien-Background, angeboten. Der kommende Programmdurchgang startet im Herbst 2018.)
Steckbrief
Name: Marlene Welzl
Alter: 29
Studium: Internationale Entwicklung und Sinologie
Gründungsjahr: 2017
Mein Business: WGE!-Gemeinsam Wohnen
Mein Motto: Keep on moving
Mein Tipp für GründerInnen: Tausche dich so bald wie möglich mit anderen über deine Idee aus, werde Experte/Expertin in deinem Feld und stell dich auf eine Achterbahnfahrt ein.
Link zur Website: www.wge-wien.org
Das Interview führte Lisa Grabner (DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransferzentrum Ost).