Mein Business: Wenn du deine Idee gut findest, hör auf dich

Schon als junger Student war Christian Dingemann davon fasziniert, wie "real sich eine virtuelle Umgebung anfühlt". Heute ist der Alumnus der Universität Wien Mitbegründer von Phobius, dem ersten Phobien-Zentrum in Wien, welches Angststörungen mittels virtueller Realität behandelt.

Stellen Sie uns bitte Ihr Unternehmen in zwei Sätzen vor …
Christian Dingemann: Phobius ist das erste Phobie-Zentrum in Wien und auch im gesamtem deutschsprachigen Raum, das sich auf die Behandlung von Ängsten mit virtueller Realität spezialisiert hat. Phobius verknüpft evidenzbasierte Psychotherapiemethoden mit virtueller Realität.

Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Startup vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view-Magazin, der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung und dem Alumniverband.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Wir gründen eine Firma?
Dingemann: Ich hatte bereits vor acht Jahren das Glück, als Student an einer psychologischen Studie zur virtuellen Realität an der Universität Wien teilzunehmen. Technik und Grafik waren noch in den Kinderschuhen und bei weitem noch nicht ausgereift. Nichtsdestotrotz war ich fasziniert, wie real sich eine virtuelle Umgebung anfühlt. Mir war sofort klar, dass die Technologie für die Psychologie, aber auch für andere Bereiche wie die Medizin von enormem Vorteil sein wird.
Über die letzten Jahre hat sich die Technologie stets weiterentwickelt und nun den breiten Markt erreicht. Durch meinen damaligen Kollegen Johannes Lanzinger kam ich erneut in Kontakt mit der virtuellen Realität, als ich seine Oculus Rift (Virtual-Reality-Brille) testen durfte. Durch unseren gemeinsamen psychologischen Hintergrund wurde uns sehr schnell bewusst, dass dies die ideale Technologie ist, um die herkömmliche Konfrontationstherapie zur Behandlung von Phobien zu verbessern. Durch die enge Zusammenarbeit und Unterstützung von Patricia Zaccarini (Alumna Universität Wien), die bereits seit zwei Jahren in der Selbstständigkeit ist, haben wir dann den letzten "Schubser" bekommen, um Phobius ins Leben zu rufen.

Sie haben Psychologie an der Universität Wien studiert. Inwiefern hat ihr Studium beim Weg in die Selbstständigkeit eine Rolle gespielt?
Dingemann: Durch das Studium an der Universität Wien konnte ich ein breit gefächertes Wissensspektrum erlangen, das den perfekten Nährboden für die Entwicklung der Idee von Phobius lieferte. Das Studium lehrte mich sehr früh, selbstständig zu arbeiten und Eigeninitiative zu zeigen.

Weiterbildungsprogramm des WTZ Ost ist online
Das WTZ Ost bietet auch dieses Jahr wieder zahlreiche Workshops rund um das Thema Entrepreneurship an: von Ideenfindung über Design Thinking bis hin zu Prototyping und Storytelling. In verschiedenen Hubs des WTZ Ost können dann Projekte danach weiterentwickelt werden – aktuelle Calls dazu befinden sich auf der Website des WTZ Ost.

Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Dingemann:
Ein eindeutiges Jein. Es ist ein Leichtes, eine Idee im Kopf zu vervollständigen. In der Wirklichkeit steht man dann aber täglich vor neuen Herausforderungen und muss interdisziplinäres Wissen verknüpfen. Komplett vorhersehbar ist diese Phase nie, dafür aber auch umso spannender. Für uns war es eine große Hilfe, dass wir im Vorfeld einen detaillierten Businessplan ausgearbeitet haben. So gab es keine allzu großen Überraschungen.

Was war für Sie die größte Herausforderung?
Dingemann:
Die größte Herausforderung war zweifellos der Mut zum Absprung von der sicheren Umgebung als Angestellter in die Selbstständigkeit. Auch wenn dieser Absprung immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist, sind wir sehr froh diesen Schritt gewagt zu haben und würden es auch immer wieder tun.

Ihr schönster Augenblick?
Dingemann:
Der schönste Augenblick war, den Behandlungserfolg beim ersten Klienten zu sehen. Wenn man sich monatelang mit der Materie in der Theorie beschäftigt, ist es umso schöner, wenn das Konzept dann voll und ganz aufgeht.

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Haben Sie Vorbilder?
Dingemann:
Vorbilder nicht direkt, aber es gibt viele Menschen in meinem Umfeld, von denen ich mir einiges abschauen konnte. Es gibt jedoch zwei Personen, die meine Begeisterung für die Wissenschaft und das präzise Arbeiten geweckt und gefördert haben. Professorin Liselotte Ahnert (zum uni:view Porträt) und Professor Harald Euler haben mich während meiner Studienzeit und weit darüber hinaus auf meinem Weg begleitet und unterstützt.
    
Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Dingemann:
Ich würde mir raten, weniger Zeit auf die fast schon belanglosen Details zu verschwenden. Klar, in der Gründungsphase möchte man möglichst alles perfekt machen, aber das gleicht einer Quadratur des Kreises und kostet nur Zeit und Nerven. Machen, einfach machen – und dabei immer den roten Faden im Auge behalten.

Wie hätte Sie die Uni mehr unterstützen können?
Dingemann:
Die Uni könnte schon während des Studiums mehr Mut zur Selbstständigkeit machen. Für mich wäre es sicher inspirierend gewesen, erfolgreiche UnternehmerInnen aus meinem Fachbereich kennenzulernen, um mich früh vernetzen zu können. Während unserer Gründungsphase haben wir uns viel Know-how aneignen müssen, das ist oft mühsam und dauert. Deswegen fände ich es gut, wenn die Uni das Zusammenbringen von UnternehmerInnen und Studierenden noch mehr fördern würde.

Steckbrief
Name: Christian Dingemann
Alter: 30
Studium: Psychologie
Gründungsjahr: 2017
Mein Business: Phobius – Phobie Zentrum Wien
Mein Motto: Halt dich nicht mit der Vergangenheit auf, wenn du die Zukunft mitgestalten kannst.
Mein Tipp für GründerInnen: Wenn du deine Idee gut findest – hör auf Dich.
Link zur Webseite: www.phobius.at

Das Interview führte Lisa Grabner (DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransferzentrum Ost).