6 Fragen an Dekan Wolfgang Klas

Schon zwei Funktionsperioden steht Wolfgang Klas der Fakultät für Informatik vor. Als erstes "Highlight" seiner dritten Amtszeit nennt der Dekan den Umzug in die Währingerstraße 29, wo sich ab Oktober 2012 mehr als zehn bisher in Wien verstreute Fakultätsstandorte versammeln.

1) Sie sind seit 2008 Dekan der Fakultät für Informatik. Ihr Resümee?
Nach fast vier Jahren Amtszeit als Dekan würde ich als Resümee kurz zusammenfassen: Den KollegInnen in der Fakultät ist es in beeindruckender Weise gelungen, die interne Verfassung der Fakultät dahingehend zu ändern, dass sich explizit Forschungsgruppen in wohldefinierter Form gebildet haben, deren thematische Felder definiert und sichtbar gemacht wurden, und diese Forschungsgruppen nun als tragende Säulen der Forschungsschwerpunkte, der Ausrichtung und der Leistungen der Fakultät agieren. Die im neuen Entwicklungsplan verfasste Ausrichtung stellt eine positive und spannende Weiterentwicklung der Fakultät dar und ist eine gute Basis, die bisherige Erfolgsgeschichte der Fakultät auch für die Zukunft zu gewährleisten. Es ist sehr schön zu beobachten, wie sich alle Kennzahlen der Fakultät, sei dies die hochwertige Publikationsleistung, die Drittmittelleistung, oder die Zahl der Professuren, durchgehend positiv entwickelt haben. Ein gewisses Highlight stellt das Zusammenziehen von mehr als zehn örtlich in Wien verstreuten Standorten in einem einzigen, gemeinsamen Gebäude der Informatik in der Währinger Straße 29 dar. Die Tatsache, dass wir ab Oktober 2012 den regulären Betrieb in diesem neuen Gebäude aufnehmen werden können, ist ein Quantensprung, der sich sicherlich auch in den zukünftigen Leistungen der Fakultät noch positiv auswirken wird.


Das Gebäude in der Währinger Straße 29 führt zum einen die Einheiten der Fakultät für Informatik, die bisher auf verschiedene Orte verteilt waren, räumlich zusammen. Zum anderen findet dort auch das Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, das bislang im 18. Bezirk angesiedelt war und Standorte über ganz Wien verteilt nutzte, ein neues Dach.



2) Warum lohnt es sich, Dekan zu sein?
Ich bin mir nicht sicher, ob man diese Frage so stellen kann. Persönlich lernt man sehr viel, man bekommt Einblicke in Sachverhalte, die sonst verborgen bleiben, man gelangt in Folge von ehrlichem Bemühen, die Fakultät und ihre Leistungen weiter zu bringen, oft auch zu überraschenden Erkenntnissen: All das ist zwar durchaus geeignet, persönlich die Empfindung von "es lohnt sich, Dekan zu sein" zu verspüren. Für mich interessanter wäre aber die Frage: Lohnt sich der Aufwand, "Dekan zu sein", in Relation zum Erreichten bzw. zum Erreichbaren – man befindet sich ja in einem in hohem Maße vorgegebenen Systemrahmen. Derzeit würde ich sagen, die Bilanz ist eindeutig positiv.

3) Wo sehen Sie die Universität Wien in zehn Jahren, und was ist auf dem Weg dorthin wichtig?
Lassen Sie mich unterscheiden zwischen Wunschvorstellung und realistischer Vision. In meiner Wunschvorstellung ist die Universität Wien in zehn Jahren auf Basis ihrer Autonomie das Problem der chronischen Unterfinanzierung und der Massenuniversität los, sie sucht sich ihre Studierenden selbst aus, schafft damit ein Biotop der besten, kreativsten Kräfte im Land, und ist damit eine stete Quelle von Wissen, Qualifikation und Innovation, die dazu beiträgt, unseren Wohlstand abzusichern. Das zur Perfektion entwickelte Improvisieren als fixer Systembestandteil an der Universität Wien ist Geschichte. Die wohl realistischere Vision wird sein, dass die Universität Wien eben nur Teile dieser Wunschvorstellung erreichen wird: Vielleicht gelingt es, in weiteren Fachbereichen sich die besten Studierenden auszusuchen; vielleicht gelingt es, jenen Fächern, die unmittelbar mit Sicherung von Wettbewerbsvorteilen zu tun haben, einen höheren und attraktiveren Stellenwert – auch für Studierende – einzuräumen; vielleicht gelingt es, von der stetig wachsenden Zahl an über 100.000 AbsolventInnen der Universität Wien eine Spende von jährlich jeweils 100 Euro für eine Forschungsstiftung der Universität Wien zu bekommen; vielleicht gelingt es, die Lehrerausbildung so umzustellen, dass wir mit Freude über unseren Beitrag zu zukünftig überzeugenden PISA-Tests in diesem Land sprechen können. All das kann ich mir vorstellen, wenn wir nicht nachlassen, konsequent an der Umsetzung von geeigneten Lösungen zu arbeiten.


BIOGRAPHISCHES:

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Klas ist seit Oktober 2008 Dekan der Fakultät für Informatik. 1986 Dipl.-Ing. im Fach Informatik an der Technischen Universität Wien. 1986-87 Forschungs- und Studienassistent an der TU Wien, 1987-88 Visiting Scientist am International Computer Science Institute (ICSI) der Universität von Kalifornien in Berkeley (USA). 1990 Promotion zum Dr. techn. im Fach Informatik an der Technischen Universität Wien. 1992-1996 Leiter des Forschungsbereichs "Distributed Multimedia Information Systems" am Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme des GMD – Forschungszentrum Informationstechnik, Darmstadt (D). 1993 Visiting Professor am Department für Wirtschaftsinformatik, Johannes-Kepler-Universität Linz. 1998-2000 Direktor des Steinbeis-Transferzentrums, Ulm (D). 1996-2000 Professor an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften und Informatik der Universität Ulm (D). 2002-04 Vorstand des Instituts für Informatik und Wirtschaftsinformatik der Universität Wien. 2002-08 Wissenschaftlicher Leiter des Forschungsstudios "Digital Memory Engineering" der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft. 2001-08 Studienprogrammleiter an der Fakultät für Informatik der Universität Wien. 2005-08 Mitglied im Editorial Board der "ACM Transactions on Multimedia Computing, Communications, and Applications" (ACM, USA). Seit 2006 Mitglied im Editorial Board von "Multimedia Systems", Springer, Berlin/Heidelberg (D). Seit September 2000 Professor an der Universität Wien; Leiter der Forschungsgruppe Multimedia Information Systems der Fakultät für Informatik. Zum CV von Wolfgang Klas (PDF, in Englisch)


4) Ihr wissenschaftliches Vorbild?

Ein sehr persönliches Vorbild ist wohl Michael Stonebraker (früher UCB, heute MIT), ein Pionier in der Informatik im Bereich Datenbanktechnologie: wegen seiner Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen und dies mit einer praktischen Umsetzung zu verknüpfen.

5) Ihr Lieblingsplatz an der Universität Wien?

Bisher der Arkadenhof im Hauptgebäude der Universität Wien – vielleicht wird es in Zukunft ein Plätzchen in der Währinger Straße 29 sein.

6) Welches Buch liegt zurzeit auf Ihrem Nachtkästchen?

"What the Dog Saw: And Other Adventures" von Malcolm Gladwell (2009) – spannend und erkenntnisreich zugleich.




VORSCHAU:
6 Fragen an die DekanInnen und ZentrumsleiterInnen der Universität Wien: von 20. August bis 12. September 2012 täglich in uni:view.