NaturTalente: Theoretisches Wissen praktisch einsetzen
| 24. April 2017Die PhD-Studentin Elisabeth Wurzer-Priester nahm als eine von 35 Studierenden am Kompetenzprogramm "NaturTalente" der Universität Wien teil. Im Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen in den einzelnen Modulen.
uni:view: Sie absolvieren derzeit das Doktoratsstudium Pharmazie an der Universität Wien. Was fasziniert Sie an Ihrem Fach?
Elisabeth Wurzer-Priester: Die Pharmazie war für mich immer schon ein sehr spannendes Gebiet, in dem stets nach vorne geschaut wird, um bestehende Therapien zu verbessern und Krankheiten behandelbar zu machen. Dabei ist es für mich wichtig, mit anderen Disziplinen zusammenzuarbeiten und auch den Blick auf die praktische Anwendung der Arbeit aus dem Labor zu richten. Die größte Faszination liegt deshalb sicher darin, die Möglichkeiten der heutigen Technik auszunutzen und von klassischer organischer Synthese über die Testung in Zellkultur bis zur in silico Analyse von Liganden, der Fragestellung von verschiedenen Seiten auf den Grund zu gehen.
"NaturTalente" ist ein High Potential Programm der Universität Wien: 35 exzellente Master- und PhD-Studierende aus der Mathematik, den Naturwissenschaften und der Informatik (MINT-Fächer) treffen auf sechs Unternehmen aus Industrie und Wirtschaft. NaturTalente ist eine Initiative von UNIPORT, dem Karriereservice der Universität Wien, der so die Sichtbarkeit der MINT-Fächer stärken und den Austausch zwischen Universität und Wirtschaft fördern möchte.
uni:view: Welche Skills wurden im Rahmen des NaturTalente-Moduls vermittelt?
Wurzer-Priester: Das Training stand unter dem Motto "Gut vorbereitet in den Bewerbungsprozess" und hat meiner Meinung nach auch genau das vermittelt. Da man in der heutigen Zeit viel Konkurrenz am Arbeitsmarkt hat, war es sehr interessant zu hören, welche kleinen Tipps und Tricks einen von der Masse abheben können. Außerdem ist es nicht zu unterschätzen, welche Vorbereitungsarbeit man für jede Bewerbung einrechnen sollte. Dabei macht es sich bezahlt, eine einzelne Bewerbung gründlich durchzuführen anstatt auf Masse zu setzen und bei möglichst vielen Ausschreibungen dieselben Unterlagen zu verwenden. Eine der wichtigsten Botschaften zum Abschluss war sicherlich die Ermutigung sich auf Stellen zu bewerben, auch wenn man nicht alle geforderten Voraussetzungen besitzt. Die Chance einen interessanten Job zu verpassen ist größer, wenn man es erst gar nicht probiert.
uni:view: Unsere Semesterfrage "Gesundheit aus dem Labor – was ist möglich?" passt gut zu Ihrem Fach. Wie lautet Ihre Antwort darauf?
Wurzer-Priester: Als Pharmazeutin ist diese Semesterfrage natürlich sehr interessant für mich, vor allem, weil sie von zwei Seiten betrachtet werden kann. Zum einen ist Gesundheit aus dem Labor für mich alles an Arzneimitteln, da von einfachsten Molekülen bis zum monoklonalen Antikörper jedes Medikament in einem Labor entstanden ist. Auf der anderen Seite sollte die Vorsorge nicht vernachlässigt werden und "Gesundheit" kann auch aus einem Diagnostik-Labor kommen, das genaue Parameter eines einzelnen Menschen analysiert und Hinweise auf Krankheiten oder Mängel geben kann. In der heutigen Zeit ist es möglich, Vorsorge und Behandlung Hand in Hand gehen zu lassen, was natürlich dann auch in der Verantwortung jedes einzelnen liegt. Von der Universität würde ich mir wünschen, mehr auf diese praktische Anwendung einzugehen. Das theoretische Wissen nach dem Studium ist enorm hoch und PharmazeutInnen werden sehr gut ausgebildet, jedoch würde es nicht schaden, die Theorie noch während des Studiums ein wenig anzuwenden, um besser vorbereitet ins Arbeitsleben starten zu können.
uni:view: Wie war der Besuch bei dem Partnerunternehmen?
Wurzer-Priester: Die MitarbeiterInnen von Roche haben das Programm des Vormittags perfekt weitergeführt. Nach einem Mittagessen mit interessanten GesprächspartnerInnen aus der gesamten Firma wurden uns verschiedene Bereiche im Detail vorgestellt und mit einer Podiumsdiskussion abgeschlossen. Die Atmosphäre war sehr offen und auch in den Pausen wurde der Kontakt zu MitarbeiterInnen hergestellt, die gerne über ihren Arbeitsalltag und ihren Werdegang berichtet haben. Ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass es keine lästige Pflicht für die MitarbeiterInnen war, sondern echtes Interesse an Gesprächen bestand.
uni:view: Welche interessanten Einblicke konnten Sie durch die Unternehmenskooperation gewinnen?
Wurzer-Priester: Ein sehr interessanter Aspekt war die Tatsache, dass MitarbeiterInnen mit ähnlichen Ausbildungswegen in sehr unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens arbeiten. Dies scheint auch der Möglichkeit geschuldet, intern gut Abteilung wechseln und so individuell den besten Bereich für sich finden zu können. In der heutigen Arbeitswelt ist es selten, ein und denselben Job für 40 Jahre auszuüben, es ist aber schön zu sehen, dass es hier sehr gut machbar ist, im Unternehmen zu bleiben und trotzdem eine Vielzahl an Möglichkeiten zu haben. Das und die Tatsache, dass viele der MitarbeiterInnen im Außendienst angefangen und dies sehr positiv in Erinnerung haben, war sicher ein Highlight für mich.
uni:view: Was nehmen Sie aus dem High Potential Programm mit für Ihre weitere Karriere?
Wurzer-Priester: Da dies erst das zweite Modul war, denke ich, dass es noch einiges mehr gibt, das ich mitnehmen werde. Bis jetzt ist es überwiegend die positive Nachricht, dass PharmazeutInnen sehr gefragt sind in der Industrie. Vonseiten der Trainings ist es eine angenehme Mischung aus praktischen Tipps und der steten Ermutigung, selbstbewusst und aktiv in Bewerbungen zu gehen. In naher Zukunft beschäftigt mich das Schreiben meiner Dissertation und anschließend die Defensio. Danach will ich in der Industrie Fuß fassen und dort mein theoretisches Wissen praktisch einsetzen.
Elisabeth Wurzer-Priester hat Pharmazie an der Uni Wien studiert. Nach ihrem Abschluss hat sie das Aspirantenjahr gemacht und ein weiteres Jahr in einer Apotheke gearbeitet. Danach ist sie zurück an die Uni gekommen, da sie wieder wissenschaftlich arbeiten wollte. Derzeit absolviert Wurzer-Priester ein Doktorat bei Martin Kratzel. In ihrem Projekt beschäftigt sie sich mit der Synthese und biologischen Testung von Peptiden und Peptidbausteinen, die Analoga des alpha-Melanozyten-stimulierenden Hormons darstellen. Alpha-MSH ist mitverantwortlich für die Hautbräunung, wodurch ähnliche Substanzen als Melanomprophylaxe eingesetzt werden können.