Neue Corona-Forschungsprojekte an der Universität Wien
| 21. Juli 2021Der FWF hat 14 neue Corona-Forschungsprojekte im Umfang von fünf Millionen Euro bewilligt, vier davon gehen an der Uni Wien an den Start. Die Bandbreite reicht von Vorbeugung und Behandlung viraler Infekte bis hin zu gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie.
Vorbeugung und Behandlung viraler Infekte mit Xanthohumol
Weltweit werden derzeit Menschen gegen den Corona-Auslöser, das SARS-CoV-2-Virus, geimpft. Wie lange die entwickelten Vakzine wirksam sind, ob sie auch gegen Mutanten helfen und ob sie sowohl bei milden wie ernsten Verläufen helfen, ist derzeit noch unklar. Einen neuen Behandlungsweg untersucht die Ernährungswissenschafterin Ina Bergheim von der Universität Wien. Pilotstudien mit Xanthohumol haben gezeigt, dass das bislang ausschließlich in Hopfen nachgewiesene Pflanzenpolyphenol die von den CD14+ Zellen ausgelöste Immunantwort dämpft – selbst dann, wenn es "nur" mit der Nahrung aufgenommen wird.
Das von Bergheim initiierte Projekt soll klären, inwieweit Xanthohumol tatsächlich imstande ist, Immunreaktion und Infektionsschwere bei viralen Infektionen der oberen Atemwege – speziell mit dem SARS-CoV-2-Virus –einzudämmen. Zusätzlich soll die Untersuchung helfen, die Rolle der CD14+ Zellen bei COVID-19-Erkrankungen besser zu verstehen.
Ina Bergheim ist Professorin für Molekulare Ernährungswissenschaft am Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien. © Jürgen Biniasch
Stadtentwicklung in Pandemiezeiten
Wir wissen jetzt, was Reisebeschränkung und Ausgangssperre bedeuten und die meisten von uns haben gespürt, wie sich Arbeit und Schule zuhause anfühlen. Seit dem Ausbruch der Pandemie verbringen wir mehr Zeit daheim. Das ließ viele nachdenken: Wie wohne ich eigentlich? Wie möchte ich wohnen? Und wo? Denn plötzlich wurden gerade die Vorteile des Stadtlebens – also etwa kulturelle Belebtheit, wirtschaftliche Internationalität – ausgehebelt. Alois Humer vom Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien fragt sich gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe: Wie wirkt sich die Ausnahmesituation langfristig auf die Stadtentwicklung aus? Wird das Städtewachstum in unserem "globalen Jahrhundert der Urbanisierung" eingebremst? Führen die Erfahrungen zu einer gesellschaftlichen "Renaissance des Ländlichen"? Das Forschungsprojekt blickt gleichzeitig auf Klimakrise und Flächenverbrauch und erforscht nachhaltige Wohn-, Siedlungs- und Mobilitätsformen sowie innovative Praktiken der Stadtplanung.
Alois Humer ist Arbeitsgruppenleiter für Raumforschung und Raumordnung am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien. © privat
Gesundheit und Umwelt: Luft in der (Post-)COVID-19-Welt
Das hauptsächlich über die Luft übertragene COVID-19-Virus hat zu einer Redefinition der Vorstellungen von menschlicher Gesundheit, von Luft im Allgemeinen und Luftverschmutzung im Besonderen geführt. Die Kulturwissenschafterin Tatiana Konrad vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Wien beforscht die Pandemie als Umweltphänomen. In ihrem transdisziplinären Projekt untersucht sie neue Bedeutungszuschreibungen für Begriffe wie Luft, Gesundheit und Krankheit, die COVID-19 und andere auf dem Luftweg verbreitete Pandemien hervorgebracht haben – und setzt sie in Beziehung zu Verschlechterungen ökologischer Rahmenbedingungen wie etwa der zunehmenden Luftverschmutzung. Vor dem Hintergrund globaler Krisen erforscht Konrad die aktuelle Bedeutung der menschlichen, nichtmenschlichen und ökologischen Umwelt und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur umfassenden wissenschaftlichen Erforschung der COVID-19-Pandemie.
Tatiana Konrad lehrt und forscht am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Wien. © Barbara Mair
Zwischen Autoritarismus und Utopie
Wie geht die Gesellschaft mit einer Pandemie um? Hält mit Corona ein autoritärer oder paternalistischer Krisenlösungsmodus Einzug? Spielt die globale Gesundheitskrise Populisten in die Hände? Wächst das autoritäre Begehren jetzt noch mehr? Nadja Meisterhans vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien nimmt in ihrer Studie zur "Dialektik der Pandemie" Bezug auf die Kritische Theorie der frühen Frankfurter Schule. Sie bewegt sich dabei zwischen Autoritarismus und Utopie, denn die Situation könnte auch eine Chance für politische und gesellschaftliche Lernprozesse bieten und in einer Strategie der solidarischen Selbstermächtigung münden. Ihr Projekt ist an der Schnittstelle von Psychoanalyse, Kulturtheorie und politischer Philosophie angesiedelt. Es zielt darauf ab, eine Theorie zu entwickeln, welche die Ursprünge und Auswirkungen des autoritären Populismus im Horizont der globalen Gesundheitskrise reflektiert.
Nadja Meisterhans ist derzeit Gastprofessorin am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien.
Insgesamt starten 14 neue Projekte im Umfang von fünf Millionen Euro an Forschungsstätten in ganz Österreich. Die Bandbreite reicht von klinischen und medizinischen Studien bis hin zu Analysen der gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. (FWF/red)
Corona-Virus: Wie es unser Leben verändert
Von neuen familiären Abläufen bis hin zu den Auswirkungen auf Logistikketten: Expert*innen der Universität Wien sprechen über die Konsequenzen des Corona-Virus in unterschiedlichsten Bereichen.
(© iXismus/Pixabay)