Mein Business: "Loyalität ist einfach extrem wichtig"
| 13. Februar 2017Ulla Bartel ist 29 Jahre alt und hat an der Universität Wien Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert. Im Oktober 2016 gründete die Alumna des WTZ Ost transferHubs gemeinsam mit Co-Founder Rudolf Leeb ARCC.art, eine Kunstplattform für KünstlerInnen und KunstliebhaberInnen.
uni:view: "ARCC.art"– was verbirgt sich dahinter?
Ulla Bartel: ARCC.art ist eine Kunstplattform, die zwischen digitaler und analoger Präsentation agiert, das heißt wir verkaufen Kunst sowohl online also auch offline in Exhibitions in unserem ARCC.art Open Space im 7. Bezirk.
Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Start-up vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view Magazin und der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung.
uni:view: Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Wir gründen eine Firma?
Bartel: Das ist eigentlich eher mit der Idee entstanden. Zuerst war es ein Popup Art Festival für junge Kunst, das Leerstände nützen hätte sollen. Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Realisierung hat es sich dann weiterentwickelt und ist zu einer richtigen Business-Idee geworden. Das hat ungefähr eineinhalb Jahre gedauert.
uni:view: Sie haben an der Universität Wien Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Hat Ihr Studium beim Weg in die Selbständigkeit eine Rolle gespielt?
Bartel: Klar ist, dass diese kulturwissenschaftliche Ausbildung vor allem mein Verständnis für Kunst geprägt hat. Ich arbeite seit einiger Zeit an meiner Dissertation, die sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Film bewegt. Daher kommt mein Fachwissen. Sicherlich hilfreich war auch mein Studium an der WU Wien. Dort habe ich die Grundlagen für das Business an sich gelernt. Im Studium lernt man natürlich vor allem auch das selbstständige Arbeiten und Organisieren, was für ein eigenes Unternehmen unabdingbar ist.
uni:view: Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Bartel: Mich hat schon überrascht, dass es von der Idee bis zum tatsächlichen Gründen recht lange gedauert hat. Am Anfang denkt man, es geht nebenbei, und man kann beispielsweise noch einen anderen Job haben. Zudem hat sich auch im Laufe der Zeit unsere Teamkonstellation verändert. Man hat also mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die man am Anfang so einfach nicht erwartet.
uni:view: Was sind die wichtigsten Dinge, die man beachten muss, wenn man das Team zusammenstellt?
Bartel: Ich glaube Loyalität ist einfach extrem wichtig. Man sollte das Gefühl haben, dass die Arbeit gleich aufgeteilt ist und dass alle wirklich das Gleiche wollen.
uni:view: Was war für Sie die größte Herausforderung?
Bartel: Die größte Herausforderung stellt sicherlich der finanzielle Aspekt dar, denn man muss mindestens 40 Stunden und mehr investieren, was bedeutet, dass sich parallel kein anderer Job mehr ausgeht. Das eigene Business benötigt aber trotzdem eine gewisse Anlaufzeit. Auch das Entwickeln von Führungsqualitäten, die man haben muss, wenn man z.B. projektbezogen weitere Personen ins Team holt, sind mir anfangs nicht ganz leicht gefallen.
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uni:view: Und was war der schönste Augenblick?
Bartel: Eigentlich gibt es immer wieder schöne Augenblicke. Wenn man bestärkt wird von Leuten, wenn man dann wirklich merkt, die Leute finden das gut, was man macht. Wenn ich allerdings einen Moment herausstreichen muss, war das wahrscheinlich die überwältigende Resonanz auf unseren Launch. Zur Vernissage sind über 600 Leute gekommen, um zu sehen, was ARCC.art macht. Und auch die Pressereaktionen waren sehr positiv. Das zeigt, dass eine Stadt wie Wien hungrig ist nach neuen Kulturinitiativen und auch der Kunstmarkt frischen Wind braucht.
uni:view: Was war für Sie das Schönste am Gründen?
Bartel: Das Schönste sind sicherlich die Freiheiten. Es ist kein klassischer "nine-to-five Job". Ich bestimme in der Früh selbst, wann ich anfange zu arbeiten und am Abend, wann ich aufhöre. Es kann natürlich passieren, dass ich mal bis Mitternacht arbeite oder schon um 7 Uhr in der Früh losstarten muss, aber trotz allem bin ich hinsichtlich Zeit und Ort relativ flexibel. Außerdem ist es genau das Feld, das mich interessiert und in dem ich arbeiten möchte, ohne Kompromisse. Das ist eigentlich das, was mir am meisten Freude bereitet und für mich ein Riesenvorteil gegenüber einem "normalen Job" ist.
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uni:view: Wie glauben Sie, sieht die Start-up-Szene in 15 Jahren aus?
Bartel: Ich wünsche mir, dass Frauen mutiger werden und sich mehr trauen. Grundsätzlich würde ich mir auch wünschen, dass Investoren bereiter sind, in Frauenteams zu investieren. Dass männliche Investoren oftmals nicht in reine Frauenteams investieren, ist kein Geheimnis, es wird offen angesprochen. Das finde ich sehr schade. Am besten wäre es, wenn das Geschlecht tatsächlich überhaupt keine Rolle mehr spielt.
uni:view: Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Bartel: Am Anfang glaubt man immer: Scheitern tun nur die anderen. Das stimmt natürlich nicht. Scheitern bringt einen aber auch weiter, ich habe jetzt beispielsweise einen anderen Co-Founder als zu Beginn, mit dem ich einen Neustart wage. Außerdem muss man an die Idee glauben, weil es immer wieder Leute geben wird, die sagen 'so ein Blödsinn, das funktioniert nie'. Man muss einfach seinem Weg treu bleiben.
Steckbrief
Name: Ulla Bartel
Alter: 29
Studium: Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien, Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien
Gründungsjahr: 2016
Mein Business: Co-Founder ARCC.art
Mein Motto: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg
Mein Tipp für GründerInnen: Es gibt keine Abkürzung zum Erfolg. Jeder hat mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. In den Medien sind meistens nur die Erfolgsstories sichtbar. Gründen wird oft dargestellt, als wäre es ein Kinderspiel. Das ist es aber nicht. Bis sich der Erfolg einstellt, gibt es viele Hindernisse zu überwinden. Aber wenn man durchhält und den Mut nicht verliert, ist es ein wunderbares Gefühl etwas geschaffen zu haben.
Das Interview führte Johanna Kober (DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransferzentrum Ost).