Coronavirus – Kaum Fälle bei Wiener Schulstudien

Schultafel mit ABC beschriftet, davor Bücher und Kreiden am Tisch

Kaum Infektionsfälle hat es bei zwei großen Studien zur Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus an Wiener Schulen gegeben. Bei der ersten Erhebung setzten die Forscher*innen um den Mikrobiologen Michael Wagner von der Universität Wien nicht auf den ansonsten üblichen Nasen-Rachen-Abstrich, sondern auf einen einfachen Gurgeltest.

Nur einen einzigen positiven Test bei einer Lehrerin verzeichnete man bei zu zwei verschiedenen Messzeitpunkten genommenen 5.100 Gurgelproben von Schüler*innen und Pädagog*innen. Der Vorteil des einfachen Gurgeltests: Diese Methode, die die Forscher*innen im Rahmen der "Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative" (VCDI) – einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten – vorantreiben, ist vor allem für Kinder wesentlich weniger unangenehm und kann in Zukunft auch daheim durchgeführt werden.

Können Kinder gut gurgeln?

Für ihre Studie testeten die Forscher*innen um den Mikrobiologen Michael Wagner von der Universität Wien, Manuela Födinger und Andre van Egmond Fröhlich, beide Wiener Gesundheitsverbund, in zwei verschiedenen Erhebungswochen (15. bis 19. Juni sowie in der letzten Schulwoche von 29. Juni bis 3. Juli) vor Schulen. Die Teilnahme war freiwillig. Um eine gültige Probe zu erhalten, musste eine Minute gegurgelt werden. "Die Hauptfrage war: Können Kinder gut gurgeln? Und das ist überraschend gut gegangen. Es hat sogar bei Erstklässlern in über 80 Prozent der Fälle gut funktioniert", so Wagner: "Das Gurgelwasser ist harmlos, man kann es auch verschlucken. Aber man muss eben eine Minute gurgeln."

Wichtig ist das vor allem deshalb, weil so in Zukunft relativ einfach viele Schüler*innen ohne großen logistischen Aufwand getestet werden könnten. "In Zukunft könnte man Schulen auch dadurch testen, dass Lehrer*innen das Gurgelwasser ausgeben, die Kinder daheim gurgeln und am nächsten Tag die Proben wieder in die Schule mitnehmen", erklärt Michael Wagner.

Schnelle Ergebnisse

Sobald die Proben am Institut seien, habe man die Ergebnisse am nächsten Werktag. Aufgrund des derzeit niedrigen Infektionsstands haben die Wissenschafter*innen für die Studie jeweils sechs Tests zu einem Pool zusammengefasst. Ist das Ergebnis dieses Pools negativ, bedeutet das, dass alle Testpersonen nicht mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert sind. Bei einem positiven Ergebnis müssen die einzelnen Proben des Pools noch einmal nachanalysiert werden, um die infizierte Person bzw. die infizierten Personen herauszufinden.

Der Einsatz dieser Methode hänge von der Prävalenz des Virus in der Bevölkerung ab. "Wenn wie derzeit in Florida 20 Prozent der Tests positiv sind, ist es besser, wenn ich gleich jede Probe einzeln auswerte", betont Wagner.

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Bei einer gemeinsam mit dem Wiener Gesundheitsverbund durchgeführten Evaluierung haben die Forscher*innen außerdem festgestellt, dass die Ergebnisse der Gurgelmethode mit jenen des Nasen-Rachen-Abstrichs vergleichbar sind – "man muss aber fairerweise sagen, dass das bei Erwachsenen analysiert wurde", hält der Mikrobiologe fest. Allerdings sei in wiederum anderen Studien bereits festgestellt worden, dass Kinder vergleichbare Titer im Rachen haben.

Zweite Studie zeigt ähnliches Ergebnis

Auch in der zweiten Studie einer Initiative von Kinderärzt*innen um Zsolt Szepfalusi von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität (MedUni) Wien und Thomas Frischer von der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde des Wilhelminenspitals kam es laut ORF zu einem ähnlichen Ergebnis. Mittels Nasen-Rachenabstrich wurden ab Mitte Mai rund 2.100 Schulkinder getestet – in diesem Fall mit zwei positiven Ergebnissen.

Im Rahmen dieser Untersuchung fanden auch Blutabnahmen für Antikörpertestungen statt. Diese Ergebnisse, anhand derer auf die bisherige Durchseuchung innerhalb der untersuchten Gruppe geschlossen werden kann, werden voraussichtlich erst Ende des Sommers vorliegen. (APA/red)

Michael Wagner ist seit 2003 Professor an der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien und seit 1. März 2019 Leiter des neuen Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft. Geboren 1965 in München, studierte und promovierte er an der TU München und arbeitete anschließend als Postdoc an der Northwestern University, Evanston, USA. Danach kehrte er an die TU München zurück, wo er sich 2000 habilitierte und bis 2002 die Arbeitsgruppe "Mikrobielle Ökologie" leitete. 2019 wurde er mit dem Wittgenstein-Preis ausgezeichnet.