Ein Spezialforschungsbereich für "Deutsch in Österreich"
Redaktion (uni:view) | 26. Januar 2016Was verbirgt sich hinter "Holzpyjama" und "Powidltatschkerl"? Diese und andere Rätsel wurden bei der Auftaktveranstaltung des Spezialforschungsbereichs "Deutsch in Österreich" am 14. Jänner 2016 gelüftet. uni:view blickt in Bildern auf das Kick-Off-Event zurück.

Die feierliche Auftaktveranstaltung des Spezialforschungsbereichs (SFB) "Deutsch in Österreich. Variation – Kontakt – Perzeption" fand am 14. Jänner 2016 im Großen Festsaal der Universität Wien statt. Bei dem vom FWF finanzierten SFB handelt es sich um ein geisteswissenschaftliches Gemeinschaftsprojekt, bei dem mehrere wissenschaftliche Einrichtungen österreichweit an der umfassenden Erforschung und Dokumentation des Deutschen in Österreich ("DiÖ") beteiligt sind: die Universitäten Wien, Graz und Salzburg sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften.

Rektor Heinz W. Engl gratulierte dem Team des SFB zur hochdotierten Förderung des FWF und dazu, dass das Projekt "Deutsch in Österreich" in der engeren Auswahl gegenüber anderen Projekten überzeugen konnte. Er wünscht dem SFB ein mindestens zehnjähriges Bestehen.
Auch Martin Polaschek, Vizerektor für Studium und Lehre der Karl-Franzens-Universität Graz, zeigte sich erfreut über die universitäts- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit, da nicht nur WissenschafterInnen der Universität Wien, der Universität Salzburg und der Universität Graz am Projekt beteiligt sind, sondern auch der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Vizepräsidentin des FWF Christine Mannhalter richtete ebenfalls einige Worte an das Publikum und hob dabei die ausgezeichnete Qualität des Projekts hervor, die in einem mehrstufigen Begutachtungsprozess von internationalen ExpertInnen bestätigt wurde.

Der Film "Stimmen von der Straße" (von Florian Tavernier und Stefan Eitler) spiegelte persönliche Eindrücke von PassantInnen auf Wiens Straßen zum Thema "Deutsch in Österreich" wider. Darin wurden unter anderem lexikalische Besonderheiten ("Paradeiser" vs. "Tomate"), die Herkunft von typisch österreichischen Bezeichnungen und die angeblich weiche Aussprache des österreichischen Deutsch thematisiert. Die ZuseherInnen konnten über die Bedeutung von erwähnten Wörtern "Holzpyjama" oder "Powidltatschkerl" rätseln. Insgesamt zeugte der Film mit seinen "Stimmen von der Straße" von der hohen sozio-kulturellen Bedeutung der SFB-Thematik.

Alexandra N. Lenz, Projektleiterin des SFB, stellte das große und interdisziplinär ausgerichtete Forschungsvorhaben samt seinen Schwerpunkten, dem vielfältigen Methodenrepertoire und seiner Verortung in der Wissenschaft vor. Als Ziele des SFB "Deutsch in Österreich" führte sie die umfassende und interdisziplinäre Erforschung des Deutschen in Österreich und die Schaffung einer über das Internet öffentlich zugänglichen Plattform zur gemeinsamen Publikation und Speicherung der im Projekt gewonnen Daten und Ergebnisse an. Als Themen listete die Sprecherin des SFB u. a. die verschiedenen Varietäten des Deutschen in Österreich in ihrer Dynamik, den Sprachgebrauch in Städten und an Schulen, die Einflüsse anderer, vor allem der slawischen Sprachen, und die Einstellungen der Bevölkerung gegenüber dem Deutschen in Österreich auf.
Besonders vielfältig erweisen sich die im SFB vertretenen Teildisziplinen: Variationslinguistik, (historische) Soziolinguistik, Dialektologie, Sprachgeschichts-, Sprachkontakt-, Mehrsprachigkeits- und Spracheinstellungsforschung, Perzeptionslinguistik, Korpuslinguistik, Computerlinguistik und Sprachtechnologie.

Stefan Gehrer vom ORF moderierte die abschließende Podiumsdiskussion mit dem SFB-Konsortium und sprach mit diesem über die Aufgaben und die gesellschaftliche Relevanz des SFB. Am Podium diskutierten (v.l.n.r.) Alexandra N. Lenz (Institut für Germanistik, Universität Wien; Sprecherin des SFB) und die Teilprojektleiter Stefan Michael Newerkla (Institut für Slawistik, Universität Wien), Stefan Gehrer (ORF; Moderation), Arne Ziegler (Institut für Germanistik, Universität Graz), Gerhard Budin (Zentrum für Translationswissenschaft, Universität Wien) und Stephan Elspaß (Fachbereich Germanistik, Universität Salzburg).

Zum Abschluss wurden die zahlreichen BesucherInnen von Stefan Michael Newerkla noch über die Herkunft des Wortes "Teebutter" aufgeklärt: So sei Teebutter keine Erfindung des oberösterreichischen Molkereiverbands Schärdinger, der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstmals seine Butter an das englische Königshaus geliefert hatte, noch eine Abkürzung für "Teschener Erzherzögliche Butter", die im Auftrag von Erzherzog Friedrich von Teschen an den Wiener Hof gelangte. Vielmehr handelt es sich bei "Teebutter" so wie bei seinen Entsprechungen im Ungarischen ("teavaj") und in den slawischen Nachbarsprachen um eine Bezeichnung aus dem österreichischen Lebensmittelkodex: Teebutter entspricht darin der höchsten Qualitätsstufe von Butter.
Die zukünftigen Aktivitäten des SFB können auf der in Aufbau befindlichen Projektwebsite eingesehen werden. (Text: Barbara Heinisch-Obermoser/Fotos: Stefanie M. Moog und Martin Gasteiner)