Mit Nahrungsmitteln heilen
| 07. Juli 2014Wie wirken epigenetisch wirksame Stoffe – etwa aus Soja oder grünem Tee – im Zusammenspiel von Entzündungsreaktionen und DNA Repair Mechanismen? Das erforscht der Ernährungswissenschafter Alexander Haslberger von der Universität Wien im Rahmen seines neuen FWF-Projekts.
Alexander G. Haslberger macht sich Sorgen: Bestimmte Krebsformen nehmen zu. "Das US-Krebsforschungsinstitut schätzt, dass in der westlichen Welt je nach Krebsform bis zu 40 Prozent der Neuerkrankungen auf Übergewicht zurückzuführen sind. Das ist dramatisch", sagt der Forscher vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Wien. Und hat sich zum Ziel gesetzt herauszufinden, wie Übergewicht zu Schäden in der DNA führt und ob Inhaltsstoffe von Lebensmittel die Reparatur dieser Schäden epigenetisch verstärken können. "Epigenetik der DNA-Reparatur nach ROS-Schäden in Adipositas" nennt sich sein dazugehöriges FWF-Projekt, das er vor vier Monaten begonnen hat.
Wozu? "Die typische westliche Diät – viel rotes Fleisch, zuckerhaltige Desserts und Getränke, fettreiche Lebensmittel und Weißmehl sowie fettreiche Milchprodukte – führt zu vielen Veränderungen in unserem Körper. Zum Beispiel bei den Darmbakterien. Es kommt zu einer geringen, aber stetigen Entzündung, und es wird vermehrt reaktiver Sauerstoff (kurz ROS) gebildet. Dieser schädigt unsere DNA".
Überforderung des Systems
"In einem gesunden Körper sind bis zu 10.000 DNA-Schäden pro Zelle und Tag normal. Diese werden von unserem DNA-Reparatur-System aufgefangen ", erklärt der Ernährungswissenschafter und Molekularbiologe: "Kommt es zu mehr Schäden, kann das System überfordert sein und es kommt zu bleibenden Schäden. Und diese können letztlich die Ursache für komplexe Erkrankungen wie Krebs sein."
Jetzt kommt die Epigenetik ins Spiel, bei der – wie in den vergangenen Jahren klar wurde – die Expression der Gene maßgeblich von Umweltfaktoren, wie Toxinen oder Stress, und der Ernährung gesteuert wird. Haslberger: "Epigenetische Mechanismen beeinflussen sowohl die Entzündungsmediatoren bei Übergewicht als auch die Moleküle, die die DNA-Reparatur durchführen. Durch die Ernährung können wir so auf die epigenetische Steuerung Einfluss nehmen. Bestimmte Pflanzeninhaltsstoffe, besonders aus Soja, werden oft durch Darmmikrobiota verändert und aktiver gemacht. Sie haben dann deutlichen Einfluss auf die epigenetische Steuerung, sowohl auf die Entzündungen als auch auf die Reparatur-Systeme. Und das wollen wir untersuchen."
Für die Zellstudie werden Caco-2 Zellen mit Docosahexaensäure, Wasserstoffperoxid, Folat, Vitamin E und Kombinationen der Reagenzien behandelt. Außerdem wird die Funktion zweier Enzyme der NADPH-Familie durch knock out analysiert. Die DNA Methylierung bestimmter Gene wird durch Pyrosequenzierung und Methylierungsarrays, Veränderung von Histonen durch Präzipitation, Gen Expression durch microarray und quantitative PCR bestimmt. |
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Versuche sollen Klarheit bringen
Diese Versuche, hofft Haslberger, werden Klarheit bringen: Welche Enzyme werden angeregt und drücken quasi den Startknopf und das Gaspedal des Reparatur-Systems? Kann man dieses steuern? Kann man es epigenetisch verändern? Gibt es Nahrungsmittelinhaltsstoffe, die fähig sind, die DNA-Reparatur-Mechanismen unseres Körpers anzukurbeln? Und wie wirken epigenetisch wirksame Stoffe aus grünem Tee oder Soja im Zusammenspiel entzündlicher, DNA schädigender sowie antientzündlicher, DNA schützender Mechanismen?
Der Ernährungswissenschafter hofft auch, weitere Nahrungsmittel-Inhaltsstoffe zu finden, die einen positiven Einfluss haben. Seine Vision: "Mechanismen zu ergründen und diese Kenntnisse für unsere Gesundheit und Umwelt einzusetzen." (red)
Das FWF-Projekt "Epigenetik der DNA-Reparatur nach ROS-Schäden in Adipositas" unter der Leitung von Doz. Dr. Alexander Haslberger startete im März 2014 und läuft bis August 2016.