Krebstherapie trotz Pandemie gut möglich
| 18. August 2020Krebspatient*innen können bei entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen auch während der COVID-19-Pandemie onkologisch weiter behandelt werden. Das zeigt eine neue Studie, an der auch Wissenschafter der Fakultät für Mathematik der Uni Wien beteiligt waren.
Eine aktive Krebstherapie mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen ist auch während der COVID-19-Pandemie möglich – das haben Wiener Wissenschafter*innen in einer Studie herausgefunden, die jetzt im "Journal of Clinical Oncology" publiziert wurde. Erkrankte haben demnach ähnlich häufig wie die übrige Bevölkerung SARS-CoV-2-positive Virustests, jedoch seltener als Spitalspatient*innen mit anderen Erkrankungen.
Beteiligt an dieser Studie war auch Norbert J. Mauser vom Wolfgang Pauli Institut (WPI) an der Fakultät für Mathematik der Universität Wien, der gemeinsam mit Alex Gottlieb, WPI-Postdoc in den USA, beim Set-up der Studie und bei der statistischen Auswertung der Daten mitgearbeitet hat. Mauser: "Die Auswertung war besonders interessant, weil sich die Prävalenz zeitlich verändert hat in den sechs Wochen der Stichprobe, während die SORA Vergleichsstudie nur sechs Tage dauerte, womit die Standard-Definitionen von 'Hypothesentest' und 'Konfidenzintervallen' fraglich sind."
Untersuchungen bei Krebspatient*innen
Erstautorin Anna Berghoff von der Klinischen Abteilung für Onkologie von MedUni Wien und AKH Wien sowie ihre Co-Autor*innen haben ihre Untersuchung zwischen 21. März und 4. Mai 2020 durchgeführt. 1.688 SARS-CoV-2-Tests bei 1.016 Krebspatient*innen gemacht, die Ergebnisse dann mit den vorliegenden österreichweiten SARS-CoV-2-Untersuchungen und mit den Befunden von Patient*innen des Wiener AKH mit anderen Erkrankungen verglichen.
26,6 Prozent der Krebspatient*innen erhielten eine onkologische Therapie zur Vorbereitung auf eine andere potenziell heilende Behandlung oder zur Unterstützung zum Beispiel nach einem chirurgischen Eingriff. 55,1 Prozent bekamen eine onkologische Therapie, um das Fortschreiten der Erkrankung hinauszuzögern.
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Geringe Infektionsrate
Die SARS-CoV-2-Infektionsrate war gering. "Bei vier von 1.016 Patient*innen oder 0,4 Prozent wurde SARS-CoV-2 entdeckt. Alle vier SARS-CoV-2-positiven Patient*innen hatten keine Symptome oder hatten sich von einer symptomatischen Covid-19-Erkrankung erholt", stellen Anna Berghoff und die Co-Autoren, unter ihnen Matthias Preusser, Leiter der Abteilung, fest.
Insgesamt zeigten die Krebspatient*innen fast exakt die gleiche SARS-CoV-2-Infektionsrate wie die sonstige Bevölkerung in Österreich. Allerdings, im Vergleich der Krebskranken mit anderen AKH-Patient*innen zeigte sich, dass letztere ein um den Faktor 18 höheres Risiko für einen SARS-CoV-2-positiven Test hatten.
"Unsere Daten zeigen eine geringe Rate nachweisbarer SARS-CoV-2-Infektionen bei Krebspatient*innen. Diese Infektionsrate war mit jener der österreichischen Allgemeinbevölkerung vergleichbar und niedriger als die von Nicht-Krebspatient*innen, die sich in unserem Krankenhaus vorstellten", erklärt Erstautorin Anna Berghoff.
Aktive Krebstherapie mit Vorsichtsmaßnahmen
Matthias Preusser fügt hinzu: "Unsere Daten zeigen jedenfalls, dass man auch in Zeiten von COVID-19 unter den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen im Spital und auch mit den Vorsichtsmaßnahmen in der Gesellschaft durchaus eine aktive Krebstherapie durchführen kann. Man sollte aber Krebspatient*innen routinemäßig testen, um asymptomatische Virusträger*innen zu entdecken und dadurch Ausbrüche im Spital zu verhindern." In den vergangenen Monaten ist mehrfach kritisiert worden, dass Spitäler ihre Aktivitäten wegen SARS-CoV-2 soweit herunterfuhren, dass eine Versorgung von anderen Patienten dadurch gefährdet wurde.
Die Co-Autoren der Studie, Matthias Preusser von der der MedUni Wien und Norbert J. Mauser von der Uni Wien, kennen sich aus der Berufungskommission "Computational Medicine" – eine neue Professur, welche die "Computational Sciences" der Universität Wien an der Fakultät für Informatik und Mathematik besser mit der MedUni Wien verbinden soll. (APA/red)
Die Publikation "SARS-CoV-2 testing in 1016 consecutive cancer patients treated at a tertiary care hospital during the COVID-19 pandemic" (Autor*innen: Anna S. Berghoff, Margaretha Gansterer, Arne C. Bathke, Wolfgang Trutschnig, Philipp Hungerländer, Julia M. Berger, Judith Kreminger, Angelika Starzer, Robert Strassl, Ralf Schmidt, Harald Willschke, Wolfgang Lamm, Markus Raderer, Alex D. Gottlieb, Norbert J. Mauser, Matthias Preusser) ist am 14. August im Journal of Clinical Oncology erschienen.