Exzellente Forschung in der Verlängerung
| 20. Januar 2016Nach der erfolgreichen Zwischenbegutachtung durch den FWF gehen zwei hochdotierte Spezialforschungsbereiche, zwei universitätsübergreifende Nationale Forschungsnetzwerke sowie zwei interdisziplinäre Doktoratskollegs an bzw. mit Beteiligung der Universität Wien in die Verlängerung.
2015 bewilligte der Wissenschaftsfonds FWF insgesamt 170 Projektanträge von ForscherInnen der Universität Wien, darunter auch einen neuen, hochdotierten Spezialforschungsbereich – geleitet von Alexandra Lenz vom Institut für Germanistik der Universität Wien – sowie drei neue Doktoratskollegs (zum Artikel im Forschungsnewsletter Juni 2015). Insgesamt wurden dabei über 50 Millionen Euro Drittmittel eingeworben.
Die jüngsten Ergebnisse in dieser erfolgreichen Bilanz sind die in der letzten FWF-Kuratoriumssitzung beschlossenen Verlängerungen von zwei Spezialforschungsbereichen (SFB), zwei Nationalen Forschungsnetzwerken (NFN) sowie zwei Doktoratskollegs (DK), an denen die Universität Wien entweder leitend – beim SFB "Chromosome Dynamics" (Sprecher: Franz Klein), dem NFN "Pathways to Habitability (Sprecher: Manuel Güdel) sowie den Doktoratskollegs "Das österreichische Galizien und sein multikulturelles Erbe (Sprecher: Christoph Augustynowicz) und "Chromosome Dynamics" (Sprecher: Peter Schlögelhofer) – oder als Kooperationspartner bzw. mit Teilprojekten beteiligt ist.
Mit einem neu bewilligten Teilprojekt unter der Leitung von Lebensmittelchemikerin Doris Marko trägt die Universität Wien nun auch zum SFB "Fusarium metabolites and detoxification reactions" bei, der von Gerhard Adam von der Universität für Bodenkultur Wien koordiniert wird. Im Teilprojekt steht die Erforschung von "Toxikologie und Metabolismus von Fusarientoxinen und ko-regulierten Sekundärmetaboliten" auf dem Programm.
Die aktuellen Verlängerungen im Überblick:
SFB "Chromosome Dynamics – unravelling the function of chromosomal domains"
Chromosomen sind der Sitz der Gene, dem Bauplan der Lebewesen. Aufgrund ihrer weitreichenden Bedeutung können Unregelmäßigkeiten in chromosomalen Funktionen ernste Erkrankungen, Einschränkungen oder sogar den Tod für betroffene Lebewesen zur Folge haben.
Ziel des SFB "Chromosome Dynamics" ist die gemeinsame Entwicklung von Konzepten und Technologien zur Erforschung chromosomaler Funktionen. Der SFB ist ein Zusammenschluss von ChromosomenbiologInnen der Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien (MFPL) sowie des Research Institute of Molecular Pathology (IMP) und des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der ÖAW. Er wurde im Jahr 2007 erstmals bewilligt; nun ist die Forschung am SFB für weitere drei Jahre bis Ende 2018 gesichert.
Ziel des SFB "Chromosome Dynamics" ist es, die Biologie und Funktion von Chromosomen besser zu verstehen. (Foto: SFB "Chromosome Dynamics")
"Um Chromosomen und fehlerhafte Genvarianten zu reparieren und heilen zu können, sollten wir so viel wie möglich über ihre Biologie und ihre Funktion wissen", erklärt der Sprecher des SFB, Franz Klein vom Department für Chromosomenbiologie der Universität Wien, und Leiter der Gruppe "Chromosome Structure and Meiotic Recombination" an den MFPL. "Die Heilung von Erbkrankheiten – noch vor wenigen Jahren völlig utopisch – ist heute in Reichweite. Erste geglückte Tierversuche geben Hoffnung für Tausende Betroffene."
Nähere Informationen zum SFB "Chromosome Dynamics"
DK "Chromosome Dynamics"
In enger Verbindung mit dem SFB "Chromosome Dynamics" steht das gleichnamige Doktoratskolleg, das im März 2012 startete. Nach erfolgreicher Zwischenevaluierung ist es für weitere vier Jahre verlängert worden. Neben WissenschafterInnen des Departments für Chromosomenbiologie am Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Wien sind auch ForscherInnen des IMBA und des Gregor Mendel Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am DK beteiligt. Das international renommierte Kolleg erforscht grundlegende Mechanismen der Chromosomendynamik, die essenziell für das Verständnis um die menschliche Gesundheit, aber auch für die Pflanzenzüchtung und Lebensmittelproduktion sind.
"Durch die Synergien zwischen dem DK und dem Spezialforschungsbereich haben wir eine Brücke zwischen Forschung und Ausbildung geschlagen und konnten das Vienna Biocenter als Hot Spot für Chromosomenbiologie etablieren", freut sich DK-Sprecher Peter Schlögelhofer vom Department für Chromosomenbiologie der Universität Wien, Leiter der Forschungsgruppe "Meiotic Recombination" an den Max F. Perutz Laboratories.
Nähere Informationen zum DK "Chromosome Dynamics"
Aktuelle Pressemeldung zur Verlängerung auf der MFPL-Website
SFB "Grundlagen und Anwendungen der Quantenphysik"
Die Universität Wien ist mit zwei Teilprojekten am gemeinsamen Spezialforschungsbereich "Grundlagen und Anwendungen der Quantenphysik" der Universität Innsbruck, TU Wien und dem Institut für Quantenobtik und Quanteninformation der ÖAW beteiligt, der seit 2008 läuft und von Rainer Blatt von der Universität Innsbruck koordiniert wird. Die österreichweite Kollaboration gestattet eine Bündelung exzellenter Forschung an verschiedenen Institutionen und garantiert dadurch große internationale Sichtbarkeit. "Der SFB hat bisher Pionierarbeit in der Physik komplexer Quantensysteme geleistet", berichtet Vizesprecher Anton Zeilinger von der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation der Universität Wien.
Sein eigenes Teilprojekt im Spezialforschungsbereich widmet sich dem Thema "Optischer Quantencomputer und Multi-Photonen Verschränkung". Quantencomputer sind zwar zurzeit noch Zukunftsmusik, versprechen aber im Vergleich zu heutigen Computern eine deutlich höhere Rechenleistung. "Der Beitrag meiner Gruppe ist Quantenkommunikation als Möglichkeit der Informationsübertragung zwischen künftigen Quantencomputern", fasst Zeilinger zusammen, der mit seiner Forschung dazu beiträgt, Theorie Realität werden zu lassen.
Das zweite Teilprojekt ist – unter der Leitung von Frank Verstraete – ebenfalls in der Gruppe Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation an der Fakultät für Physik der Universität Wien angesiedelt. Thema des Projekts ist die "Simulation von stark korrelierten Quantensystemen".
"Der Schwerpunkt unserer Forschung besteht darin, die Rolle der Verschränkung in quantenmechanischen Vielteilchensystemen besser zu verstehen", erläutert der Projektleiter. "Das Vielteilchen-Problem galt von Anfang an als eines der größten ungelösten Probleme der Quantenmechanik. Denn die beteiligten Teilchen weisen ein kollektives Verhalten und Eigenschaften auf, die von jenen der Einzelteilchen erheblich abweichen können."
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NFN "Pathways to Habitability"
Das Nationale Forschungsnetzwerk "Pathways to Habitability" besteht seit März 2012 am Institut für Astrophysik der Universität Wien. Nun wurde es für eine weitere Periode verlängert. Es befasst sich mit der grundlegenden Frage, unter welchen astrophysikalischen Bedingungen im Universum Umgebungen entstehen können, die für die Entstehung von Leben unerlässlich sind. Der stark interdisziplinäre Ansatz des Projekts untersucht die Einflüsse verschiedener Strahlung und Winde von Sternen auf Planetenatmosphären, erforscht die Entstehung erdähnlicher Planeten in der Frühzeit eines Sonnensystems und berechnet die Stabilität von ganzen Planetensystemen.
Welche Bedingungen müssen im Umkreis von jungen Sternen herrschen, damit dort Leben entstehen kann? Das wird im Großforschungsprojekt "Pathways to Habitability", untersucht. (Illustration: NASA/Jenny Mottar)
"Letztlich bestimmen Ursprung, Ausbreitung und langfristige Stabilität von Wasser auf erdähnlichen Planeten, ob Lebewesen dort existieren können", erläutert Manuel Güdel, Sprecher des NFN und stv. Leiter des Instituts für Astrophysik. "Mit der NFN-Verlängerung wird es erstmals möglich sein, in großen Zusammenhängen die ganze Wirkungskette zu studieren, die in der Frühzeit eines Sonnensystems über Hunderte von Millionen Jahren zu habitablen Planeten führen", freut er sich. "Nur ein breites, interdisziplinär aufgestelltes Team wie das des NFN mit AtmosphärenphysikerInnen, AstrophysikerInnen, GeophysikerInnen und DynamikerInnen kann die komplexen Zusammenhänge mit Hilfe von aufwändigen Computermodellen umfassend berechnen."
Nähere Informationen zum NFN "Pathways to Habitability"
Teilprojekt im NFN "Geometry + Simulation"
Mit dem Projekt "Variationsmethoden für Bildverarbeitung von Daten auf Mannigfaltigkeiten" von Otmar Scherzer, Forschungsplattform Computational Science Center der Fakultäten für Mathematik und Informatik, ist die Universität Wien im NFN "Geometry + Simulation" vertreten.
Das seit 2012 bestehende NFN – Koordinator ist Bert Jüttler von der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) – vereinigt zwei üblicherweise unabhängig forschende Gebiete, die Angewandte Geometrie und Numerische Simulation. ForscherInnen der Universität Wien arbeiten hier eng mit WissenschafterInnen der Universität Bonn, der Johannes Kepler Universität Linz und des Radon Institutes für Computational and Applied Mathematics (RICAM) der Akademie der Wissenschaften zusammen, deren gemeinsame Forschung nun für weitere vier Jahre FWF-Förderung erhält.
Das Teilprojekt widmet sich der Entwicklung von Algorithmen zur Analyse von Formen und Daten auf diesen. Ein interessantes Anwendungsgebiet ist die Zellbiologie. Dabei kooperiert die Forschungsgruppe auch mit MolekularbiologInnen der Universität Innsbruck.
So hilft die Geometrie und die numerische Simulation dabei, die embrionale Entwicklung des Zebrafisches besser zu verstehen und zu visualisieren. In dem frühen Entwicklungsstadium gruppieren sich einzelne Zellen auf dem Dottersack zu Organen. Durch die Algorithmen können die Zellbewegungen auf dem Dottersack besser quantifiziert werden. "In der neuen Projektphase studieren wir unter anderem die Unterschiede zwischen der Form der Bauchspeicheldrüse genmanipulierter Fische im Vergleich zu jener natürlich geborener Tiere", erklärt Otmar Scherzer.
Nähere Informationen zum Teilprojekt "Variational Methods for Imaging on Manifolds"
Nähere Informationen zum NFN "Geometry + Simulation
DK "Galizien und sein multikulturelles Erbe"
Bereits 2006 gestartet, befasst sich das DK "Galizien und sein multikulturelles Erbe" einerseits mit den interdependenten Kulturen des habsburgischen Galiziens in Geschichte, Literatur, Religion, Ökonomie, Politologie oder Anthropologie von 1772 bis 1918. Andererseits ist das multikulturelle Erbe Galiziens bis zur Gegenwart Gegenstand des Doktoratsprogramms, das in den letzten Jahren von WissenschafterInnen der Institute für Osteuropäische Geschichte, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Germanistik, Politikwissenschaft sowie dem Institut für Slawistik getragen wurde. Es kombiniert Ansätze der Literatur-, Sozial- und Geschichtswissenschaft mit Theorien der neueren Kulturwissenschaften hin zu einer interdisziplinären und innovativen Gesamtschau der historischen Region und ihres Erbes.
Das DK "Das österreichische Galizien und sein multikulturelles Erbe" zählt zu den "alten Hasen" unter den Doktoratskollegs an der Universität Wien. (Foto: DK "Galizien und sein multikulturelles Erbe")
"Österreichweit ist es das einzige Doktoratskolleg mit geistes- und kulturwissenschaftlichem Profil, das in der neuen Förderungsperiode auch verstärkt sozialwissenschaftlich, durch die Politikwissenschaft und die Kultur- und Sozialanthropologie, geprägt sein wird", beschreibt Sprecher Christoph Augustynowicz vom Institut für Osteuropäische Geschichte das DK.
Spannend ist vor allem die über die Interdisziplinarität erreichte internationale und multiperspektivische Zusammenarbeit im Team. In der nunmehr vierten Runde versucht das DK, genuin historische Fragestellungen in einem weiteren kulturwissenschaftlichen Rahmen zu behandeln und dabei verstärkt die Kompetenzen der HistorikerInnen der Fakultät mit denen der Nicht-HistorikerInnen zu bündeln.
Nähere Informationen zum DK "Galizien und sein multikulturelles Erbe"
Spezialforschungsbereiche (SFB) bündeln internationale Spitzenforschung in Forschungsnetzwerken, die in enger Zusammenarbeit aufwändige interdisziplinäre Schwerpunktbereiche bearbeiten. Sie können an mehrere Universitätsstandorte angeschlossen sein und erhalten eine Förderung von ca. 1 Mio. Euro pro Jahr.
Anders als die international ausgerichteten SFBs dienen die Nationalen Forschungsnetzwerke (NFN) der Förderung von Schwerpunktbildungen in der wissenschaftlichen Forschung, in der Regel durch den Aufbau von landesweiten Forschungsnetzwerken zur fächerübergreifenden, arbeitsteiligen und mittelfristig angelegten Bearbeitung größerer Forschungsvorhaben. Sie werden mit rund 600.000 Euro pro Jahr gefördert.
Die Doktoratskollegs (DK) des FWF richten sich an besonders talentierte NachwuchswissenschafterInnen, die in strukturierten Doktoratsprogrammen forschen möchten.