Neue Gründerzeit
| 23. März 2017Die neue Ausgabe des Alumni-Magazins "univie" ist da. Sie dreht sich um die Frage, warum die Universität ein guter Nährboden für Entrepreneurship ist. Als Vorgeschmack bringt uni:view einen Gastbeitrag, in dem GründerInnen und ExpertInnen an der und um die Uni Wien ihre Geschichten erzählen.
Universitäten sind ein wichtiger Player im Entrepreneurship-Ökosystem – hier bilden sich die IdeengeberInnen von morgen aus, hier legen GrundlagenforscherInnen die Basis für Innovationen. Das Potenzial wird sichtbar, wenn AbsolventInnen ihre Ideen in erfolgreiche Geschäftsmodelle gießen und ForscherInnen aus ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen marktfähige Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Sie wollen die Welt verändern, ein Problem lösen oder schlicht ihr(e) eigene(r) ChefIn sein. Manchmal ist es aber auch purer Zufall, ob aus einer Idee oder einer wissenschaftlichen Erkenntnis eine Geschäftsidee und schließlich eine Firma wird. Die Gründe fürs Gründen eines Unternehmens sind vielfältig wie die GründerInnen.
Für Stephanie Cox war der 27. Dezember 2015 ein Schlüsseldatum – der Tag, an dem sie, gemeinsam mit einem Freund, ein Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge besuchte. Was sie dort sah, bewegte sie zum Handeln. Ihr war klar, dass hier angepackt werden musste. Ein Thema, das Mehrwert versprach, war schnell gefunden: Arbeit für geflüchtete Menschen zu organisieren.
So wurde die "chancen:reich" geboren, die erste Berufsmesse für geflüchtete Menschen in Österreich. In nur vier Monaten stellten Stephanie Cox und Leo Widrich, gemeinsam mit einem Team von Ehrenamtlichen, die Berufsmesse auf die Beine. Sie versammelten 70 AusstellerInnen, darunter Unternehmen und wichtige AnsprechpartnerInnen zum Thema "Integration und Arbeit", im Wiener MuseumsQuartier. In nur einem Tag wurden mehr als 200 Jobs an geflüchtete Menschen vermittelt.
"Ich bin glücklich, wenn ich nicht nur über Herausforderungen spreche, sondern auch etwas dafür tue, sie zu lösen", sagt die 27-jährige Absolventin der Kultur- und Sozialanthropologie Stephanie Cox. Die Initiatorin von "chancen:reich", der Berufsmesse für geflüchtete Menschen in Österreich, ist heute als Unternehmens- und Start-up-Beraterin tätig. Bei der Entrepreneurship Night an der Uni Wien begeisterte sie mit ihrer Energie das Publikum. (Foto: Armin Proschek )
Den Drang, Dinge zu realisieren und nicht nur darüber zu reden, identifiziert der Wirtschaftswissenschafter Markus Reitzig als ein zentrales Merkmal von Unternehmergeist. Auch die Fähigkeit, Marktmöglichkeiten nicht nur auf einer hohen Abstraktionsebene zu analysieren, sondern sie gegen alle Widrigkeiten im Alltag umzusetzen und dabei andere mit sich zu reißen, zeichne erfolgreiche Entrepreneure aus.
Flache Hierarchien, wie wir sie häufig bei Start-ups finden, förderten generell den Informationsaustausch zwischen Angestellten und Vorgesetzten – eine zentrale Voraussetzung für die Diffusion neuer Ideen, bringt Reitzig die Forschungsergebnisse auf den Punkt. Allerdings können Unternehmen mit ausgeprägten Hierarchie-Ebenen schlechte Projektideen früher ausmerzen und damit Fehlinvestitionen vermeiden. Und man dürfe eines nicht vergessen, Start-ups zögen eine bestimmte Form von MitarbeiterInnen an. "Sie unterscheiden sich von jenen in Großunternehmen oft hinsichtlich ihrer Präferenzen und Fähigkeiten. Ob der Innovationsoutput letztlich an der Struktur oder an den Menschen lag, lässt sich oft nicht sauber trennen", so Reitzig.
Markus Reitzig, Professor für Strategisches Management und Organisationsdesign an der Universität Wien, interessieren Start-ups als Forschungsobjekte. Der Wirtschaftswissenschafter beschäftigt unter anderem die Frage, welche Organisationsform förderlich für Innovationen ist. (Foto: Universität Wien)
Innovation am Stundenplan.
Wie Innovationen entstehen, beschäftigt auch Markus Peschl. Die gute Nachricht: "Innovationsfähigkeit kann man lernen – und lehren", ist der Innovationsforscher und Kognitionswissenschafter überzeugt. Im Erweiterungscurriculum "Knowledge Creation: Wie Wissen und Innovation entstehen", das Peschl am Institut für Philosophie als interdisziplinär angelegte Kurse anbietet, üben Studierende erst einmal Grundlegendes wie Reflexionsfähigkeit und Beobachtungsgabe, um die eigenen Denk- und Wahrnehmungsmuster aufzubrechen. "In einem Innovationsprozess geht es darum, zu sehen, was noch nicht ist, was entstehen will", sagt Peschl. Am Ende des Prozesses, der über ein Semester geht, steht die Entwicklung eines "Prototypen" im weiteren Sinn, der die innovative Idee greifbar machen soll.
Was es heißt, theoretische Überlegungen in die Praxis zu übersetzen, weiß Markus Peschl aus eigener Erfahrung. Als Co-Gründer der Innovationsberatung "The Living Core" entwickelt er gemeinsam mit Organisationen und Unternehmen geeignete Settings für Innovation, vom Organisationsdesign bis hin zur Architektur und Raumgestaltung.
"Mein Ziel ist es, einen sozialen Impact zu generieren – in der Lehre, in der Gesellschaft, aber auch unternehmerisch. Ich wollte einfach wissen, ob es geht", nennt der Innovationsforscher und Kognitionswissenschafter Markus Peschl seine Beweggründe fürs Gründen. Für die eigene Forschung seien die Projekte auch so etwas wie ein empirisches Experiment, "quasi mein verlängertes Labor", gibt Peschl zu. (Foto: Markus Hollo)
Geschäftsidee als Nebenprodukt.
Unternehmensgründungen von WissenschafterInnen werden in Österreich durchaus noch kritisch gesehen, ganz anders als etwa in den USA, wo es längst gang und gäbe ist, dass ProfessorInnen eigene Firmen gründen. Das Vorurteil "Du hast eine Firma, jetzt bist du reich!" als typische Reaktion aus dem KollegInnen- oder Bekanntenkreis kennt auch Markus Aspelmeyer. Die meisten Leute würden übersehen, dass Gründen ein extremer Aufwand mit hohem – auch finanziellem – Risiko sei.
Seit 2013 ist der Professor für Quantum Information on the Nanoscale an der Fakultät für Physik auch Co-Gründer von "Cristalline Mirror Solutions", einer Hightech-Firma, die kristalline Superspiegel für Hochleistungs-Laseroptiken herstellt. Was als Zwei-Mann-Garagen-Firma begann, wuchs – heute unterhält das Unternehmen neben Wien auch Standorte in Zürich und im kalifornischen Santa Barbara. Dabei ist die Geschäftsidee eigentlich ein Nebenprodukt von Aspelmeyers Forschung und außerdem einem Zufall zu verdanken.
Einige seiner KollegInnen waren zunächst skeptisch, dass die "Spiegel-Lösung" überhaupt funktionieren würde. Nach dem Motto "euch werden wir es zeigen" werkten Markus Aspelmeyer (rechts) und sein Kollege Garret Cole (links) an der Umsetzung. Nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit gelang es den beiden, einen Prototypen herzustellen. Es folgten Anfragen aus aller Welt und die Gründung von "Cristalline Mirror Solutions" war der nächste logische Schritt. (Foto: Universität Wien)
Vom Labor in die Praxis.
Auch Selma Hansal hat Lösungen für "die Welt da draußen" gefunden. Die Alumna der physikalischen Chemie hob vor zwölf Jahren das Galvanikunternehmen "Happy Plating" aus der Taufe, zusammen mit ihrem Mann und einer Studienkollegin. Dem Team gelang es, ein besonders effizientes und umweltschonendes Galvanisierungsverfahren zu entwickeln, das metallische Oberflächen mit besonderen Eigenschaften ausstattet, wie sie etwa für die Automobilindustrie oder die Raumfahrttechnik benötigt werden.
"Ein Unternehmen zu gründen, war damals noch exotisch", erzählt die 44-Jährige rückblickend. Erste Berührungspunkte mit der Industrie hatten sich bereits im Rahmen der Dissertation ergeben. "Da hatte ich erstmals den Eindruck, es entsteht etwas, das auch in der Praxis gebraucht werden könnte." Die Gründung aber tatsächlich zu wagen, war dennoch eine große Hürde.
Selma Hansal, Alumna der physikalischen Chemie, gründete gemeinsam mit ihrem Mann und einer Studienkollegin die Hightech-Firma "Happy Plating". Zunächst half die Teilnahme am Gründungsprogramm für AbsolventInnen u:start (vormals UNIUN), wo sich das GründerInnenteam das nötige Business-Rüstzeug holte, später folgte Unterstützung durch das universitäre Gründerservice INiTS. Bei der Entrepreneurship Night an der Universität Wien stellte sie ihr Unternehmen vor. (Foto: Armin Proschek)
Typische Uni-Wien-Gründungen gebe es nicht, Uni-Wien-GründerInnen generierten aber mehr Umsatz als Unternehmen anderer Universitäten, heißt es seitens des universitären Gründerservice INiTS. Eines zeigen die Geschäftsideen von Uni-Wien-AbsolventInnen jedenfalls deutlich, Innovation kann ganz unterschiedliche Ausprägungen annehmen.
Entsprechend vielfältig sind die gegründeten Firmen: von Biologie-Absolvent Pascal Querner, der mit Schädlingsbekämpfung in Museen international eine Nische gefunden hat, über den Chemie-Alumnus Michael Fassnauer, Gründer von "Ubimet", einem der mittlerweile größten Wetterdienste Europas, bis hin zur Publizistik-Alumna Eva Mandl, Gründerin der PR-Agentur "Himmelhoch". "Es ist so wichtig, zu experimentieren", plädiert Alumna und Start-up-Beraterin Stephanie Cox dafür, die Neugier bei Studierenden zu fördern, und damit auch den Unternehmergeist von AbsolventInnen.
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Der komplette Artikel findet sich zum Nachlesen in der aktuellen Ausgabe von univie, dem Magazin des Alumniverbandes der Universität Wien.
LESEN SIE AUCH: Die Redaktion von uni:view, der Online-Zeitung der Universität Wien, hat wie immer den Bereich "UNIVERSUM" im Alumni-Magazin mitgestaltet. Lesen Sie hier unseren Beitrag zur Semesterfrage "Gesundheit aus dem Labor – was ist möglich?" (Seite 18-21)