Mein Business: "Kenne deine Zahlen, sei professionell"

Sophie Martinetz hat an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert. Vor fünf Jahren gründete sie gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Northcote.Recht, eine Firma die moderne Arbeitsmodelle für RechtsanwältInnen anbietet.

uni:view: Sie haben das Unternehmen " NorthCote.Recht" gegründet und leiten es heute als Geschäftsführerin. Was ist NorthCote.Recht?
Sophie Martinetz: Eine Firma, die modernes Arbeiten für RechtsanwältInnen anbietet. Wir wollten in der Arbeitswelt etwas verändern und haben ein neues Geschäftsmodell für den Rechtsberatungsbereich und die freien Berufe gebaut. Kurz zusammengefasst: Wir bieten eine moderne zeitgemäße Arbeitsform mit flexiblen Arbeitsmodellen an, was in der Branche etwas ganz Besonderes ist – und es funktioniert super.

Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Start-up vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view Magazin und der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung.

uni:view: Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Ich gründe eine Firma?
Martinetz: Ich habe damals in London gearbeitet und eines Tages bin ich in einem Skyscraper in den 29. Stock gefahren. Mit mir im Lift: Meine Kollegen – weiß, Männer, 40plus. Als ich fragte "Hi Burschen, wie geht´s euch?" und alle erwiderten "Ah, total im Stress…, der Vorstand…, und so viel zu tun…", kam mir der Gedanke: "Na, wenn ich mit 40 oder 50 Jahren immer noch in dieser Branche bin, dann möchte ich etwas anders machen". Und da dachte ich mir: Ich mache etwas Neues!

uni:view: Wie sind Sie bei der Firmengründung vorgegangen?
Martinetz: Der Businessplan war schnell da und ich ging auf Partnersuche. Das war schon relativ intensiv, denn man muss es strategisch angehen. Das ist mir, glaube ich, für unser Unternehmen ganz gut gelungen. Parallel habe ich eine Gründungspartnerin gesucht. Und ich kann nur jeder/m zu einem Partner oder einer Partnerin raten, denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Und es ist immer gut, wenn man sich austauschen kann. Nach rund eineinhalb Jahren haben wir schließlich gegründet. Heute haben wir unterschiedliche Unternehmensfelder bei Seinfeld, von FutureLaw bis Women in Law.

Im Workshop "Was soll ich Unternehmen?" des WTZ Ost werden Sie auf den ersten Schritten ins unternehmerische Denken und Handeln begleitet: Von der Ideenentwicklung über die Vision zu einem Produkt.
Donnerstag, 23. März 2017, 14-17 Uhr
WU Gründungszentrum, 1020 Wien
Nähere Informationen

uni:view: Sie haben an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert. Hat Ihr Studium beim Weg in die Selbständigkeit eine Rolle gespielt?
Martinetz: Nein, nicht wirklich, aber ich habe Jus studiert und daher auch eine Affinität zu Professional Services. Und auch im Geschäftsleben geht es viel um Verträge, aber ich selber arbeite nicht rechtsanwaltlich. Aber das Studium hat mir viel ermöglicht und von mir gefordert, was mir heute noch hilft: Selbstorganisation, Routine, Lernen lernen, Selbstführung und sich einfach durchbeißen. Bei meinem Studium gab es keine Strukturen, alles musste ich selber organisieren und es hat auch niemanden gekümmert, wenn man nichts gemacht hat. Das hat mich geprägt und mich gut vorbereitet auf das echte Unternehmerinnenleben. Hier nimmt einen auch niemand etwas ab. Und man lernt natürlich viele Menschen kennen – das sind Freundschaften und Verbindungen aus ganz heterogenen Gruppen, auf die ich bis heute zurückgreifen kann. Das ist toll.

uni:view: Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Martinetz: Es war alles genau so, wie wir es geplant haben (lacht). Nein, wenn ich aus heutiger Sicht auf unsere Anfänge zurücksehe, muss ich sagen: Heute wissen wir wirklich, was wir tun. Vor fünf Jahren haben wir auch alles richtig gemacht, aber heute sind wir routiniert. Gott sei Dank, sonst hätten wir wohl nicht gegründet, da bin ich sicher nicht die einzige, die das sagt. Ich habe recht viel gelernt in der Zeit, aber man entwickelt sich auch mit dem Markt mit. Man versteht besser, was gebraucht wird, und was das eigene Produkt ausmacht. Nicht, dass man es vorher nicht weiß, aber der direkte Kontakt mit KundInnen ist dabei das Allerwichtigste, da braucht man einfach Zeit.

Veranstaltungstipp:
Sie wollen ein Unternehmen gründen oder sich selbstständig machen und haben bereits eine vage Idee? u:start – das Gründungsprogramm für AbsolventInnen und Studierende unterstützt Sie dabei, die persönliche Geschäftsidee zum qualitätsvollen Businessplan zu entwickeln.
u:start – Informationsabend
Dienstag, 21. März 2017, 18.30 Uhr
Campus der Universität Wien, 1090 Wien
Anmeldung

uni:view: Was war für Sie die größte Herausforderung?
Martinetz: Fokussieren ist das Allerschwierigste. Ich habe jetzt, während wir das Interview führen, schon 15 andere Ideen, was ich morgen noch machen könnte. Und da muss man wirklich sagen: Nein, das ist es jetzt. Das ist etwas ganz Essentielles. Wichtig ist außerdem zu erkennen, wenn Dinge nicht funktionieren wie sie sollten, und sie dann zu ändern – den Mut zu haben einfach zu sagen: Ok, Schnitt! Und dann die Dinge radikal anders zu machen.

uni:view: Und was war der schönste Augenblick?
Martinetz: Nur einer? (lacht) Also ich finde es toll, mit "meinen" Leuten zusammenzuarbeiten. Ich finde den zwischenmenschlichen Kontakt super, und Erfolg zu haben ist natürlich auch schön. Wenn ein Unternehmen das dritte Jahr überlebt, ist das schon ziemlich cool, denn da ist man statistisch gesehen schon gut dabei.

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uni:view: Welche Vorbilder haben Sie?
Martinetz: Ich hab keine richtigen Vorbilder, aber was ich an Menschen bewundere ist, wenn sie wieder aufstehen und die Dinge weitermachen. Ich kenne Personen, die sind sehr gelassen und ruhig, das sind Eigenschaften, die mir durchaus als Vorbild dienen.

uni:view: Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Martinetz: Ich würde es eigentlich nicht anders machen. Aber meine Tipps für NeugründerInnen sind: Kenne deine Zahlen, sei professionell. Es ist toll kreativ zu sein, aber man muss schon auch mal schauen, ob es ein Geschäft ist oder nicht, sonst betrügt man sich selbst. Zweitens: Sei du selbst. Das ist gar nicht so einfach, glaube ich, und man darf sich da nicht unterkriegen lassen. Und der dritte Ratschlag ist: Am Anfang nicht zu viel informieren, einfach tun und nicht zu lange drüber nachdenken. Lieber vorher starten und zwei Mal auf die Nase fallen … und dann ein Pflaster draufpicken und weitermachen.

Steckbrief
Name: Sophie Martinetz
Alter: 40
Studium: Rechtswissenschaften an der Universität Wien, ACCA Diploma of Financial Management, Media Business School Masterlehrgang audiovisuelles Management
Gründungsjahr: 2012
Mein Business: Geschäftsführerin Seinfeld Professionals, Leiterin Northcote.Recht
Mein Motto: Rather ask for forgiveness than for permission.
Mein Tipp für GründerInnen: Einfach machen und viel selber machen. Ganz wichtig ist der Austausch mit erfahrenen Gründerinnen – also vernetzt euch!

Das Interview führte Johanna Kober (DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransferzentrum Ost).