Mein Element: Kupfer

Die Wissenschaftshistorikerin Anna Echterhölter präsentiert im Rahmen der Serie

Die Wissenschaftshistorikerin Anna Echterhölter fand über Studien zur Finanzgeschichte des Pazifiks zum Element Kupfer. Für die Serie "Mein Element" erklärt sie ihre Faszination für das Münzmetall und was es mit Schenken zu tun hat.

Was mich an Kupfer besonders fasziniert:
Kupfer ist einer der zentralen Werkstoffe sehr vieler Kulturen. Schlägt man ältere Kompendien über die Natur – die sogenannten Naturgeschichten – auf, so interessiert am Kupfer zwar sein Wert als Schmuck, aber es werden durchaus auch andere Qualitäten hervorgehoben: "Es … ist von natur warm, sein gedoen von im selber ist gepäurisch." Um den zu rauen Klang zu verbessern, muss es durch Legierungen "besänftigt" werden. So heißt es bei Konrad von Megenberg (um 1350). In der noch älteren Naturgeschichte Plinius des Älteren tritt Kupfer mit der ersten "Vermögensbeschaffung" auf, als Münzmetall also. Wesentlich länger sind jedoch die Abschnitte über Bildsäulen zur Personenverehrung, in denen die kupfernen Verzierungen des öffentlichen Stadtraums gelobt werden. Diese verführten die geschichtliche Phantasie.

In meiner Forschung arbeite ich mit Kupfer (Cu) …

… in seiner Eigenschaft als Münzmetall für das Kleingeld. Besonders interessieren mich die geldähnlichen "Tokens" aus Kupfer, die als Plantagengelder auftreten oder auch in Genossenschaften, Fabrikgeldern (Scrip) oder Lagern sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen können. Anders als Geld vermögen sie Verhalten zu regulieren, Ansprüche zu drosseln und Kaufkraft sehr gezielt auf spezifische Ziele zu lenken. Bereits im 19. Jahrhundert treten parallel deshalb rechtliche Regulierungen dieser geldähnlichen Objekte auf. In Zeiten digitaler Zahlmethoden, von Cryptocurrencies und Tokensystemen, in denen man von einer "Multiplizität der Gelder" spricht, gewinnen diese historischen Zahlmethoden als Vorläufer neue Bedeutung.

Mein Element in 3 Worten:
Wertvoll, da wertlos.

Der Wert von Kupfer: 
Die edleren Münzmetalle Gold und Silber werden durch Beimischung von Kupfer gehärtet. In der Herstellung wird jedes Stück zugleich auch billiger. Auf den meisten Münzen war ein höherer Wert aufgeprägt als der bloße Gegenwert des verarbeiteten Metalls. Hier entsteht Gewinn – die Seigneuriage. Kupfer steht in der Geldproduktion für den Teil des Geldes ein, der durch gesellschaftliche Übereinkunft hergestellt wird.

Was Kupfer mit Schenken zu tun hat:
Im Potlatch, einem Tauschritual an der nordwestlichen Küste Nordamerikas, zirkulieren zunächst die Titel und Würden, die mit reichlichen demonstrativen Gaben bestätigt wurden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts allerdings beginnen diese verschwenderischen Feste in immer schnellerem Takt aufeinander zu folgen. Politisch mächtige Familien überbieten sich an Großzügigkeit, und nicht selten wird ein ganzes Vermögen eingesetzt und zerstreut. Kupferplatten, die mit Emblemen versehen sind, gelten als höchste Güter in diesem ruinösen Wettbewerb. Der Ethnologe Marcel Mauss erläutert am Potlatch das Prinzip der Gabe, die stets eine Gegengabe fordert, und die gänzlich anderen Regeln folgt als der Tausch. In Europa sieht er die Gabe an Geburtstagen und zu Weihnachten verwirklicht.

Wussten Sie dass ...
... Kupfer als wichtiger Leiter für Stromkabel dient? Neben dem Geld ist es also noch in einer weiteren Hinsicht die Grundlage der Kommunikation.

Die wichtigsten
Kenndaten von Kupfer: Ordnungszahl: 29; Symbol: Cu; Gruppe: Kupfergruppe; Masse (gerundet): 63,546 u; Vorkommen: natürlich.

Mit wem bei Kupfer "die Chemie stimmt":
Mit Messing gemeinsam lässt Kupfer die Bronzezeit entstehen. Für die metallverarbeitenden Gesellschaften dieser frühen Epochen eröffnen sich immense technische Möglichkeiten.

Eine Welt ohne Kupfer wäre …
… langsam und stumm.

Anna Echterhölter ist seit 2018 Professorin für Geschichte der Neuzeit: Wissenschaftsgeschichte an der Uni Wien und leitet seit 2019 den Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsgeschichte der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät. Zuvor war sie an der Humboldt-Universität Berlin, am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin sowie am Deutschen Historischen Institut Washington D.C. tätig und vertrat Professuren für Technikgeschichte und Kulturgeschichte. Zum Element Kupfer "Cu" als Münzmetall fand sie in Studien über die Finanzgeschichte des Pazifik, denn in den Deutschen Kolonien spielen Schiffs- und Plantagengelder teils zentrale Rollen.

Der Dezember steht im uni:view Magazin ganz im Zeichen der Elemente: Im Dossier "Mein Element" präsentieren Wissenschafter*innen Überraschendes und Wissenswertes zu Elementen, mit denen sie in Forschung und Lehre arbeiten.

Event-Tipp:
Konferenz "Data at the Doorstep. Sites and Side Effects of Interrogation (c. 1800–1950)", veranstaltet vom Forschungsschwerpunkt Wissenschaftsgeschichte der Universität Wien
23. bis 24. Jänner 2020, Institut für Höhere Studien Wien
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