Illegaler Tier- und Pflanzenhandel und Artenschutz

Schon mal vom Schuppentier gehört? Es ist das weltweit meist geschmuggelte Tier. Kaum verlässliche Zahlen gibt es aber für das Gesamtausmaß des illegalen Artenhandels. Warum umfassende Studien hier so wichtig sind und was jede/r Einzelne tun kann, erklären Monika Stempkowski und Andreas Schloenhardt.

Eine große Gefahr für die Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt geht vom illegalen Handel mit Tieren, Tierproduktion und Pflanzen aus. Dem Prinzip von Angebot und Nachfrage folgend steigt der Wert einer Art an, je seltener sie wird. Dies führt dazu, dass verschiedene Tierarten inzwischen aufgrund von Wilderei vom Aussterben bedroht sind. Häufig werden Tiere zwar lebend gehandelt, um sie etwa als Haustiere zu verkaufen, doch viele von ihnen überleben die oftmals schlechten Bedingungen des Transports nicht.

Doch nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt selbst ist betroffen: Durch Wilderei und Ausbeutung natürlicher Ressourcen kann es zu nachhaltigen Beeinträchtigungen kommen, die letztendlich auch die Menschen schädigen, ihnen die Lebensgrundlage entziehen oder gar die Sicherheit in den betroffenen Ländern gefährden.

Von Nachfrage bestimmt

Während der Handel mit geschützten Tieren und Pflanzen teilweise komplett verboten ist, unterliegen andere Teile des Handels nur Regulierungsbestimmungen und sind weitgehend legal. Dadurch entsteht die Gefahr, illegale Aktivitäten durch legale Scheingeschäfte reinzuwaschen. Nachfrage gibt es genug: Neben Tieren und Tierprodukten werden auch Bäume, Pflanzen, Hölzer und deren Erzeugnisse für verschiedene Zwecke wie Medizin, Kosmetik, Ernährung, Sammlung oder Bekleidung erworben. Häufig handelt es sich nicht um benötigte Güter, sondern um Luxusartikel, die Reichtum und Status symbolisieren sollen.

Weiters werden die Produkte vielfach im Bereich der alternativen traditionellen Medizin eingesetzt, ohne dass wissenschaftliche Belege für ihre Wirksamkeit vorhanden wären.

Obgleich die große Nachfrage den Handel erst antreibt, liegt der Fokus bei der Bekämpfung der illegalen Aktivitäten meist auf der Angebotsseite: bei den WildererInnen, SchmugglerInnen und VerkäuferInnen. Hierbei handelt es sich zwar um wesentliche, aber keinesfalls um ausreichende Maßnahmen. Vielmehr sollten diese Bemühungen mit Bestrebungen verbunden werden, die Nachfrage zu reduzieren. Dafür werden evidenzbasierte Strategien ebenso benötigt wie ein breites Bewusstsein für die Schädlichkeit dieser Handlungen.

Nur wenige kennen es, aber es ist das weltweit am häufigsten geschmuggelte Tier: das Tannenzapfen- oder auch Schuppentier. Sein Fleisch gilt in einigen Ländern als Delikatesse, die gemahlenen Schuppen werden in der traditionellen chinesischen Medizin eingesetzt. Studien zum illegalen Handel mit Arten konzentrieren sich aber oft auf die bekannten, emotionalisierenden Tiere wie Elefanten oder Nashörner. (© Masteraa/Wikimedia Commons)

Das Problem mit Zahlen

Von großer Bedeutung für die Evaluierung der aktuellen Gesetzeslage sind Informationen über Vorkommen, Ausmaß und Begehungsmuster des illegalen Handels. Verlässliches Wissen darüber ist allerdings bestenfalls bruchstückhaft vorhanden. Schätzungen zufolge werden im Bereich des illegalen Tier- und Pflanzenhandels jährlich zwischen fünf und 20 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Diese Schätzungen sind allerdings aus vielen Gründen mit großer Vorsicht zu behandeln. Vielfach wird daher auf anekdotisches Wissen zurückgegriffen, ohne verifizieren zu können, ob dieses das Phänomen korrekt abbildet. Die verlässlichsten Quellen stellen Informationen zum Ausmaß behördlicher Sicherstellungen dar.

In einem Lehr- und Forschungsprojekt unter der Leitung von Andreas Schloenhardt und Monika Stempkowski tragen Studierende zur Bewusstseinsbildung über Wildtier- und Forstkriminalität bei. Dabei arbeitet die Uni Wien mit dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung und den Universitäten Queensland und Zürich zusammen (© A. Schloenhardt). Zum Artikel

TäterInnen und Netzwerke

Die Aktivitäten im Rahmen des illegalen Handels sind vielfältig: WildererInnen fangen oder erlegen Tiere, SchmugglerInnen organisieren den Transport, die Ware wird von VerkäuferInnen vertrieben und von KundInnen erworben und eventuell konsumiert. Für die kriminelle Tätigkeit benötigt es vielfach weder Vorkenntnisse noch umfassende Planung, vor allem bei geografischer Nähe zwischen der Quelle des Handels und den KonsumentInnen.

Wo allerdings große Distanzen über Landesgrenzen hinweg überwunden und komplexe Vertriebsnetze aufgebaut werden müssen, eröffnen sich profitable Möglichkeiten für die organisierte Kriminalität.   

Semesterfrage Artenvielfalt

Artenschutz im Alltag – Tipp von Monika Stempkowski und Andreas Schloenhardt
"Auch in Österreich sollten KonsumentInnen beim Einkauf auf Materialien und deren Herkunft achten. Das umfasst zum Beispiel Holz, dass aus geschützten Baumarten gewonnen wird, oder Souvenirs, die im Ausland erworben werden." Alle Antworten und Beiträge zur Semesterfrage finden Sie hier!

Ausblick

Der illegale Handel mit Tieren und Pflanzen ist ein komplexes, globales Phänomen, dem nicht durch isolierte, simple Lösungen begegnet werden kann. Oftmals ist es schwierig festzustellen, wodurch der Handel bedingt wird und durch welche Maßnahmen er am besten bekämpft werden kann. Die Forschung steckt in diesem Bereich vielfach noch in den Kinderschuhen. So fällt auf, dass sich ein großer Teil der vorhandenen Untersuchungen auf prominente Arten wie Elefanten und Nashörner konzentriert, während kaum Informationen zu anderen, weniger emotionalisierenden Arten und Pflanzen vorliegen.

Im Lichte sich verändernder klimatischer Bedingungen und der fortschreitenden Bedrohung der Artenvielfalt sind umfassende Studien hierzu sowie zur bestmöglichen Bekämpfung dieses Phänomens von größter Bedeutung. Jede und jeder Einzelne kann durch bewussten Konsum und die Vermeidung des Erwerbes potenziell illegal gehandelter Güter einen wertvollen Beitrag leisten.

Monika Stempkowski und Andreas Schloenhardt sind am Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien tätig. Dort leiten sie gemeinsam mit der University of Queensland in Brisbane und der Universität Zürich das Lehr- und Forschungsprogramm "Transnational Organised Crime", das sich seit 2018 mit dem illegalen Tier- und Pflanzenhandel befasst.