"Gescheite und spannende Frauen"

Am 30. Juni werden sieben neue Denkmäler im Arkadenhof enthüllt. Mit ihnen soll die Sichtbarmachung von herausragenden Wissenschafterinnen unterstützt werden. Die Künstlerin Catrin Bolt gestaltet die Denkmäler von Marie Jahoda und Elise Richter und sprach mit uni:view über ihre Kunst.

uni:view: Catrin Bolt, wie kam die Idee, bei dem Kunstwettbewerb der Universität Wien mitzumachen?
Catrin Bolt: Ich finde es spannend, als Ergänzung zu den bereits bestehenden Büsten im Arkadenhof zeitgenössische zu gestalten. Das hat mich als Aufgabe interessiert. Ich arbeite konzeptuell, d.h. ich entscheide mich situationsspezifisch für passende Methode, Materialien und Formen.

Die Universität Wien hat im Jubiläumsjahr einen Kunstwettbewerb ausgerufen. Die KünstlerInnen Catrin Bolt, Thomas Baumann und Karin Frank (v.l.n.r.) konnten die Jury überzeugen. Bis Juni realisieren sie Denkmäler für sieben Wissenschafterinnen: Charlotte Bühler, Marie Jahoda, Berta Karlik, Lise Meitner, Grete Mostny-Glaser, Elise Richter und Olga Taussky-Todd. (Foto: Universität Wien) Am Donnerstag, 30. Juni 2016, werden die Denkmäler im Arkadenhof um 17 Uhr präsentiert.

uni:view: Sie haben bereits mehrere Projekte im öffentlichen Raum durchgeführt. Was war ihr bislang größtes Projekt?
Bolt: 2013 und 2014 habe ich bei den Projekten "Lauftext" in Graz und "Alltagsskulpturen Mahnmal" in Wien Texte wie Skulpturen in den Stadtraum aufgetragen. "Alltagsskulpturen Mahnmal" zieht sich an zehn Orten mit einer Gesamtlänge von über 1.000 Metern über mehrere Bezirke Wiens. Dabei habe ich Passagen aus persönlichen Beschreibungen von Vorfällen im Nationalsozialismus mit Straßenmarkierstoff auf den Gehweg im Gehbereich angebracht. Sie verlaufen genau entlang jener Orte, an denen sich die beschriebenen Ereignisse zugetragen haben.

Catrin Bolt (1979) studierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Die Wiener Künstlerin gewann bereits zahlreiche Preise und Förderungen für ihre Projekte, die sie u.a. gerne im öffentlichen Raum inszeniert. Das Bild entstammt der Fotoserie "Statuen umarmen" (1999), bei dem Catrin Bolt durch ihre Präsenz neue Szenen mit Statuen erzeugte. (Foto: Catrin Bolt)

uni:view: Warum arbeiten Sie gerne im öffentlichen Raum?
Bolt: Man hat dort ein anderes Publikum. Menschen, die z.B. in Galerien gehen, wollen sich bewusst Kunst anschauen. Im öffentlichen Raum ist sie in den Alltag der Menschen integriert, da kann ich ganz andere Leute erreichen und andere Zugänge schaffen.

Marie Jahoda (1907-2001) war eine österreichische Sozialpsychologin. Sie studierte von 1926-1932 Psychologie an der Universität Wien und promovierte im Alter von 25 Jahren als eine der jüngsten Doktorinnen Österreichs. Von 1933-1936 arbeitete sie in der Wiener Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle. 1936 wurde sie verhaftet, 1937 emigrierte sie nach England. Weitere Informationen
Elise Richter (1865-1943) war eine österreichische Romanistin. Richter inskribierte Romanistik als ordentliche Hörerin, schloss ihr Studium 1901 ab und habilitierte 1905 als erste Frau an der Universität Wien. 1921 wurde sie wiederum als erste Frau zum "Außerordentlichen Professor" ernannt. 1942 wurde sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie im Alter von 78 Jahren am 21. Juni 1943 starb. Weitere Informationen

uni:view: Für den Arkadenhof der Universität Wien gestalten Sie Denkmäler für die beiden Wissenschafterinnen Marie Jahoda und Elise Richter. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Bolt: Neben der Recherche über die Wissenschafterinnen habe ich auch den Arkadenhof sehr genau studiert. Mir ist im Arkadenhof dann die Versinterung (Mineralablagerung) des Gesteins des Gebäudes aufgefallen. Es war ja ursprünglich hell, im Laufe der Zeit bildete sich Patina, und der Stein verdunkelte. So entstand die Idee, die Porträts per Sandstrahl auf die Säulen zu übertragen und durch die verschiedenen Schichten eine Momentaufnahme des Erinnerns zu schaffen.

Per Sandstrahlpistole wird Catrin Bolt die Denkmäler von Marie Jahoda und Elise Richter im Arkadenhof der Universität gestalten. (Foto: Universität Wien)

uni:view: Die Denkmäler für Wissenschafterinnen sollen zur Sichtbarmachung der weiblichen Errungenschaften an der Universität Wien beitragen. War das für Sie auch ein Anreiz, bei dem Wettbewerb mitzumachen?
Bolt: Ich finde es sehr wichtig, dass bei Aktionen wie diesen die Leistungen von Frauen sichtbar gemacht werden. Aber ich finde es gleichsam wichtig, dass auch deutlich wird, dass die Denkmäler nicht nur errichtet werden, weil es Frauen waren, sondern gescheite und spannende ForscherInnen. (mw)

uni:view: Danke für das Gespräch!