Gemeinsame Ausbildung von Kindergarten- und VolksschulpädagogInnen?

Für eine gemeinsame Ausbildung von KindergartenpädagogInnen und VolksschullehrerInnen haben sich PsychologInnen und ErziehungswissenschafterInnen, u.a. Christiane Spiel und Barbara Schober von der Universität Wien, beim ÖFG-Workshop "Übergänge im Bildungssystem" ausgesprochen.

In der Schweiz gibt es seit 2003 auf kantonaler Ebene eine gemeinsame Ausbildung von KindergartenpädagogInnen und GrundschullehrerInnen an Pädagogischen Hochschulen. In Österreich sieht der entsprechende Gesetzesentwurf, der demnächst den Ministerrat passieren soll, zwar ebenfalls vom System her eine Einbeziehung der KindergartenpädagogInnen in die LehrerInnenausbildung vor – de facto bleibt die Ausbildung in nächster Zeit aber weiter an den Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) angesiedelt.

Am 13. und 14. Mai organisierte die Arbeitsgemeinschaft Bildung und Ausbildung ÖFG, die von Christiane Spiel von der Universität Wien geleitet wird, einen Workshop zum Thema "Individuelle und institutionelle Übergänge im Bildungssystem – Lost in Transition?".

Neuer Umgang mit Übergang Kindergarten-Volksschule

Problem: Der Kindergarten werde in Österreich nach wie vor zum Sozial- oder Betreuungsbereich gezählt, so die Vorständin des Instituts für Angewandte Psychologie: Arbeit, Bildung, Wirtschaft der Universität Wien, Christiane Spiel.

"Wir merken schon, dass die Leute im Praxisfeld gefragt sind", sagte die Leiterin der Berufspraktischen Studien an der PH St. Gallen (Schweiz), Susanne Bosshart, über die neue gemeinsame Ausbildung in der Schweiz. "Diese Leute gehen mit dem Übergang vom Kindergarten in die Volksschule ganz anders um." Mittlerweile gebe es auch dieselben Anstellungsbedingungen für diese PädagogInnen, egal ob sie im Kindergarten- oder Grundschulbereich beschäftigt werden.

Auch Barbara Schober, ebenfalls Professorin am Institut für Angewandte Psychologie: Arbeit, Bildung, Wirtschaft der Universität Wien, plädierte für die gleiche Ausbildung der PädagogInnen beider Bereiche.

Indirekte Folge sei auch die Abnahme der Lernfreude im Lauf der Schulzeit, meinte Tina Hascher, Professorin an der School of Education der Universität Salzburg: "So lange die Trennung besteht, dass in der Schule nicht gespielt wird und im Kindergarten nicht gelernt, bleibt das problematisch."

Von "Gewinnen" und "Verlieren"

Thema des Workshops waren die verschiedenen Übergänge im Bildungssystem – also etwa vom Kindergarten in die Volksschule, von der Volksschule in die AHS-Unterstufe/Hauptschule/Neue Mittelschule oder von der Sekundarstufe II in den Hochschulbereich. Als Hauptproblem in Österreich sieht der Erziehungswissenschafter Ferdinand Eder (Universität Salzburg), "dass die Übergänge – außer in die Volksschule – so konstruiert sind, dass es Gewinner und Verlierer gibt". Man könne etwa das Gymnasium oder eine spezielle Schwerpunktschule "gewinnen" oder aber "verlieren".

Dazu sei es auch noch belastend, dass es Gewinner- oder Verliererlaufbahnen gebe, "obwohl sie in der bildungspolitischen Diskussion als gleichwertig dargestellt werden". Ziel müsse es daher sein, sachliche Ansätze von diesem Gewinn- bzw. Verlustaspekt zu entflechten, betonte Eder. So sei etwa der Übergang von der Volksschule in die AHS-Unterstufe bzw. Hauptschule "überhaupt nicht nach sachlichen Aspekten konstruiert" – in Wien schafften es 50 bis 60 Prozent ins Gymnasium, in anderen Bundesländern nur 20 Prozent.

Auch die Profilbildung der einzelnen Schulen werde so exekutiert, dass es erst recht wieder "Gewinner oder Verlierer" gebe. Hauptschulen mit Informatik- oder Sportschwerpunkt würden diese nützen, um anderen Schulen SchülerInnen wegzunehmen: "So kommen wir wieder zu einer Selektion, die eine Restklassenbildung ermöglicht". Die Möglichkeit der Profilbildung bzw. schulautonomen Schwerpunktsetzung sei von der Absicht her ja gut gewesen, "aber hier kann man wirklich von einem Kollateralschaden sprechen, weil eine Auffächerung in hochwertige, mittelwertige und minderwertige Ausbildungen passiert". (APA/red)