Faktencheck Nationalrat
| 11. August 2017Die Nationalratswahlen stehen vor der Tür. Doch was ist der Nationalrat und was sind seine Aufgaben? Und was müssen BürgerInnen tun, um bei der Nationalratswahl anzutreten? Diese und andere Fragen beantwortet Laurenz Ennser-Jedenastik, Politikwissenschafter der Universität Wien.
1) Was ist der Nationalrat?
Der Nationalrat ist die direkt gewählte politische Vertretung der österreichischen Bevölkerung. Die 183 Mandate werden in Wahlkreisen auf drei Ebenen (Region, Land, Bund) an die antretenden Parteien proportional zu ihrer Stärke vergeben (sofern eine Partei entweder ein Grundmandat in einem Regionalwahlkreis oder zumindest vier Prozent der Stimmen bundesweit erreicht). Da in Österreich eine Regierung nur im Amt bleiben kann, solange sie nicht vom Nationalrat per Misstrauensantrag abgesetzt wird, erfolgt die Regierungsbildung für gewöhnlich auf Basis der Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat.
2) Was tut der Nationalrat eigentlich?
Formal sind die wichtigsten Aufgaben des Nationalrates die Gesetzgebung und die Kontrolle der Regierung. Wichtig ist dabei, dass der Nationalrat diese Aufgaben zum Großteil in der Öffentlichkeit wahrnimmt: zum Beispiel in Plenardebatten und durch Anfragen in Untersuchungsausschüssen. Damit werden demokratische Prozesse transparent gemacht. Eine weitere – weniger konkret vorgegebene – Rolle des Nationalrates ist es, die Bevölkerung zu repräsentieren (etwa unterschiedliche soziale Gruppen oder Interessen), und außerdem die Anbindung der WählerInnen an das politische System zu gewährleisten.
3) Kann der Nationalrat abgewählt werden? Unter welchen Umständen ist das möglich?
Der Nationalrat wird für fünf Jahre gewählt. Er kann sich allerdings zu jedem Zeitpunkt durch einfachen Mehrheitsbeschluss selbst auflösen (wie im Vorfeld der nun nahenden Nationalratswahl geschehen). Auch der Bundespräsident kann auf Vorschlag der Bundesregierung den Nationalrat auflösen. Das ist aber erst einmal (im Jahr 1930) geschehen.
4) Was müssen BürgerInnen tun, um selbst bei einer Nationalratswahl antreten zu dürfen? Geht das überhaupt?
Natürlich. Schließlich sind die existierenden Parteien nichts anderes als Zusammenschlüsse von BürgerInnen, die gemeinsam bei Wahlen antreten. Um bundesweit auf dem Stimmzettel aufzuscheinen, braucht man entweder drei Unterschriften von aktiven Nationalratsabgeordneten oder mindestens 2600 Unterschriften, verteilt über die Bundesländer (zwischen 100 und 500 pro Bundesland).
Mag. Mag. Dr. Laurenz Ennser-Jedenastik forscht und lehrt am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien. Er ist u.a. wissenschaftlicher Mitarbeiter von AUTNES, Austrian National Elections Study, und beschäftigt sich mit der umfassenden sozialwissenschaftlichen Analyse der österreichischen Nationalratswahlen.