COVID-19: Impfen wirkt am besten!

Gruppenfoto Semesterfrage Diskussion

Bei der Online-Diskussion zur Semesterfrage 2020/2021 "Welche Wirkstoffe haben Zukunft?" waren die Wissenschafter*innen vor allem in einem Punkt d‘accord: Es ist notwendig, die Menschen von der Wichtigkeit einer COVID-19-Impfung zu überzeugen, und dafür braucht es bessere Aufklärungsarbeit.

Dass komplexe und oft abstrakte Wissenschaft aktuell auch in unser aller Alltag eine Rolle spielt,  zeigte die Abschlussveranstaltung der Semesterfrage, die als Online-Diskussion im Forum+ auf "derstandard.at" übertragen wurde. Wie kann moderne Wissenschaft helfen, Krankheiten zu bekämpfen und die aktuelle Pandemie einzudämmen? Darüber diskutierten Forscher*innen der Universität Wien mit Expert*innen aus der Praxis unter der Moderation von "Standard"-Wissenschaftsredakteur Klaus Taschwer. Die gesamte Veranstaltung ist hier nachzusehen.

Zum Einstieg gab es eine Keynote von Norbert Bischofberger (CEO und Präsident von Kronos Bio), der aus den USA zugeschaltet wurde. Der gebürtige Österreicher präsentierte spannende Aspekte der Corona-Forschung, die verschiedene Möglichkeiten der Behandlung aufzeigen.

Impfstoffzulassung: Eine Frage der Prioritäten

Bis zu acht Jahre kann es dauern, bis es ein Impfstoff von der Entwicklung bis zur Zulassung schafft. Vakzine gegen das Coronavirus wurden in etwa acht Monaten entwickelt. Warum das Verfahren in Ausnahmefällen beschleunigt werden kann, erklärt Pharmazeutin Lea Ann Dailey von der Universität Wien: Große finanzielle Investitionen haben den Prozess vorangetrieben, so Dailey. Allerdings habe das auch einen Nachteil: Weil die personellen Ressourcen in den Behörden nicht so schnell aufgestockt werden konnten, mussten andere Stoffe länger auf ihre Zulassung warten.

Obwohl er fasziniert von der Wirksamkeitsrate der zugelassenen Impfstoffe sei, kritisiert Norbert Bischofberger: Die Öffentlichkeit habe noch immer unzureichenden Zugang zu Informationen über die Impfstoffe. Hier sieht er die Gesundheitsbehörden in der Pflicht, die Transparenz aufrechtzuerhalten. So könne man auch mehr Vertrauen in der Bevölkerung schaffen.

Bahnbrechender Forschungsfortschritt mit künstlicher Intelligenz

Wo man derzeit in der Forschung noch Probleme habe, sei die Erforschung des Coronavirus im Frühstadium. Laut Christopher Gerner, Bioanalytiker an der Uni Wien, würden sich Symptome zu Beginn des Krankheitsverlaufs nur selten zeigen, was das gezielte "Repurposing" von bereits zugelassenen Medikamenten zur Bekämpfung von COVID-19-Symptomen schwieriger mache.

Die Wissenschaft mache hier jedoch große Fortschritte: Viele Tests könnten bald durch moderne Technologie obsolet werden. Vor allem das Arbeiten mit künstlicher Intelligenz sei vielversprechend. "Es macht Freude, mit solchen Methoden arbeiten zu können", sagt Gerner. "Die Datenmengen sind so groß, dass sie für den Menschen nicht erfassbar sind."

Auch für Christine Landlinger-Schubert, Molekularbiologin bei PhagoMed Biopharma GmbH und Alumna der Uni Wien, ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz essenziell für die Zukunft der Wirkstoffentwicklung: "Vor allem bei der Analyse von Daten machen wir immense Fortschritte." Die Frühphase des Krankheitsverlaufs könne mit technischen Hilfsmitteln besser untersucht werden. Davon profitiert vor allem die Entwicklung genetischer (mRNA) Impfstoffe. Dazu gehören auch Corona-Impfstoffe.

Die Sorge einiger Menschen, die mRNA-Vakzine könnten die DNA im menschlichen Körper verändern, konnte die Molekularbiologin sofort entkräften: "Es ist medizinisch unmöglich, dass sich mRNA im menschlichen Körper einbaut. Außerdem wird der Stoff schnell wieder abgebaut." Die mRNA diene lediglich zur Vorlage für die Zellen, sich die richtige Schutzmauer gegen das Virus aufzubauen. Norbert Bischofsberger ergänzte, dass mRNA-Technologie in Zukunft auch bahnbrechende Erfolge in der Krebsforschung erzielen könnte.

Impfung: Überzeugungsarbeit notwendig

Um auch Impfskeptiker überzeugen zu können, sieht Landinger-Schubert die richtige Kommunikation als Schlüssel. "Auch hier ist das richtige Marketing wichtig", sagt sie. "Vielleicht wäre ein Alternativbegriff zu Impfung – beispielsweise Immuntherapie – ein erster Schritt." Dem stimmt auch Christoph Gerner zu: "Wir müssen vor allem jungen Menschen zeigen: Diese wissenschaftliche Errungenschaft ist etwas Gutes." Hier brauche es eine durchdachte und organisierte Aufklärungskampagne.

Zum Abschluss der Online-Diskussion wurden Fragen aus dem Forum+ beantwortet.