Runde Geburtstage in der Mathematischen Physik

Walter Thirring und Elliott H. Lieb gehören seit mehr als einem halben Jahrhundert zu den führenden Forschern in der Mathematischen Physik. Beide feiern heuer runde Geburtstage. Das Internationale Erwin Schrödinger Institut für Mathematische Physik (ESI) ehrt die Jubilare mit einer "Distinguished Lecture".

Am 29. April 2012 feiert der Wiener Physiker Walter Thirring, Emeritus der Universität Wien, seinen 85. Geburtstag. Sein ebenso renommierter Fachkollege Elliott Lieb (Princeton University), wird am 31. Juli 2012 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass hält Timo Weidl (Universität Stuttgart) am Donnerstag, 22. März 2012, die Distinguished Lecture "From the Colour of the Sun to the Stability of Matter". Der Festvortrag unter Anwesenheit beider Jubilare findet um 17 Uhr im Boltzmann-Hörsaal des ESI statt.

Lieb-Thirring-Ungleichungen

Im Jahr 1975 haben Thirring und Lieb in einer gemeinsamen Arbeit die Stabilität der Materie mit Hilfe der Quantenmechanik erklärt. Unter "Stabilität der Materie" versteht man den Umstand, dass eine aus Elektronen und Atomkernen bestehende Materie nicht aufgrund der anziehenden elektrischen Kräfte in sich zusammenfällt. Vielmehr steht ihre Energie in einem direkten Verhältnis zu der Materiemenge, sodass etwa zwei Liter Benzin nur doppelt so viel Energie enthalten wie ein Liter Benzin. Diese alltägliche Erfahrung steht aber in krassem Widerspruch zur klassischen Physik, die eine Explosion vorhersagt, wenn ein Benzintank an der Zapfsäule gefüllt wird.


Walter Thirring zählt international zu den bedeutendsten Vertretern der Theoretischen und Mathematischen Physik, war Direktor im Europäischen Kernforschungszentrum CERN, arbeitete u.a. an der ETH Zürich und dem Institute of Advanced Study in Princeton (USA), begegnete Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg und Albert Einstein. Seit 1959 war er Professor für Theoretische Physik an der Universität Wien, wo er 1997 emeritierte. Er trug maßgeblich dazu bei, dass 1993 das ESI in Wien seine Pforten öffnete. (Foto: M. Hufnagl)



Distinguished Lecture

Der Stabilitätsbeweis von Lieb und Thirring beruht auf raffinierten mathematischen Techniken, die unter dem Namen Lieb-Thirring-Ungleichungen bekannt sind.  Diese Techniken sind von Mathematikern aufgegriffen worden und haben zu vielen interessanten Entwicklungen und Anwendungen geführt. Timo Weidl, der einer der bekanntesten Experten auf diesem Gebiet ist, wird in seinem Vortrag den Bogen von den Anfängen der Quantenmechanik zu dem Stabilitätsbeweis von Lieb und Thirring spannen und auf die neuesten Erkenntnisse aus diesem Forschungsfeld eingehen.

Vortrag von Elliott H. Lieb

Darüber hinaus wird Elliott  H. Lieb im Rahmen seines Aufenthalts in Wien das ESI mit einem Vortrag über "Applications of Reflection Positivity: Graphene and other Examples" beehren, und zwar am Dienstag, 20. März 2012, um 14:15 Uhr. (red)

"Stability of Matter Revisited": Distinguished Lecture aus Anlass der Geburtstage von Walter Thirring (85) und Elliott H. Lieb (80)
Vortrag von Timo Weidl (Universität Stuttgart): "From the colour of the sun to the stability of matter"
Donnerstag, 22. März 2012, 17 Uhr
ESI, Boltzmann-Hörsaal
Boltzmanngasse 9, 1090 Wien,
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