Internationale Tagung "Deutsch in Österreich" – eine Nachlese

Von 19. bis 21. April 2012 fand im Schloss Schönbrunn die internationale Konferenz "Deutsch in Österreich (DiÖ)" statt. Rund 120 TeilnehmerInnen aus mehr als 12 Ländern erörterten die Vielfalt der deutschen Sprache in Österreich im Rahmen von 40 Vorträgen.

Die Tagung die vom Institut für Germanistik der Universität Wien und dem Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika der ÖAW organisiert wurde, hatte zum Ziel, die Fülle an Erscheinungsformen und Funktionen der deutschen Sprache in Österreich im Kontext sprachlicher Vielfalt aus linguistischer Perspektive zu diskutieren. Zusammengefasst ging es somit um die Koexistenz und Interaktion verschiedenster Varietäten unterschiedlichster Sprachen bzw. um die an Joshua Fishman (1965) angelehnte Frage: "Wer kommuniziert in Österreich in welchen Varietäten des Deutschen und/oder anderer Sprachen mit wem wann wozu?"

"Innere" und" äußere" Mehrsprachigkeit

Alle 40 Vorträge thematisierten die "innere", respektive "äußere" Mehrsprachigkeit der österreichischen Bevölkerung. "Innere Mehrsprachigkeit" meint hier die Beherrschung mehrerer Varietäten der deutschen Sprache als speziell ausgeprägte kommunikative Kompetenz. Die "äußere Mehrsprachigkeit" umfasst verschiedene Sprachen, etwa Deutsch und eine oder mehrere Fremdsprache(n). Potenziale und Probleme innerer und/oder äußerer Mehrsprachigkeit wurden insbesondere bei der öffentlich zugänglichen Podiumsdiskussion "Was ist eigentlich Mehrsprachigkeit?" von ExpertInnen diskutiert: Was bedeuten innere und äußere Mehrsprachigkeit im Kontext Österreichs? Was sind dabei zentrale Differenzen bzw. Parallelen? Wie stehen die entsprechenden Forschungsrichtungen zueinander? Welche Rolle spielen innere und äußere Mehrsprachigkeit im Schulunterricht in Österreich?

Vier spannende Hauptvorträge

Besondere inhaltliche Akzente der Tagung wurden auch durch die vier Hauptvorträge gesetzt. Im eröffnenden Plenarvortrag fokussierte Manfred Glauninger (Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika) die sozio-kommunikative Funktion ausgewählter "Bausteine" der heterogenen Sprachwirklichkeit des Deutschen in Österreich. Welchen Zweck erfüllt zum Beispiel die bewusste und auffällige Verwendung offensichtlich nicht-"hochsprachlicher" Wörter (z. B. sudern, schiach, Pallawatsch etc.) in österreichischen Qualitätszeitungen?

Als zweiter Hauptvortragender konnte Joachim Herrgen (Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Universität Marburg an der Lahn) gewonnen werden, der am Freitagmorgen die – auch in der Fachwelt umstrittene – Frage aufwarf, was denn eigentlich "Standardsprache" und insbesondere "standardsprachliche Aussprache" ist. Seine Antworten basierten auf linguistischen Analysen gesprochen-sprachlicher Daten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz sowie auf Hörerurteilen von Studierenden aus diesen Ländern.

Im Zentrum des am Freitagabend folgenden dritten Hauptvortrags standen die unterschiedlichen Standardvarietäten des Deutschen aus grammatischer Perspektive. Auch die GrammatikexpertInnen Christa Dürscheid (Universität Zürich), Stephan Elspaß (Universität Augsburg) und Arne Ziegler (Universität Graz) stützten ihre Diskussion auf Zeitungstexte aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Im Vergleich gingen sie nationalen Merkmalen nach, zeigten aber auch länderspezifisch regional verbreitete standardsprachliche Charakteristika auf.

Der vierte und letzte Plenarvortrag von Peter Wiesinger (Emeritus am Institut für Germanistik der Universität Wien) rundete die Tagung am Samstagnachmittag ab. Auf Basis einer aktuellen schriftlichen Fragebogenerhebung unter österreichischen Studierenden zeichnete er dynamische Wortschatz-Prozesse in den letzten 20 Jahren nach.


Das Rahmenprogramm der Konferenz umfasste auch einen stimmungsvollen, gemeinsam von der Stadt Wien und den Veranstaltern ausgerichteten Empfang im ältesten Wiener Heurigen, der "10er Marie" in Ottakring. Diese Veranstaltung trug maßgeblich zum intensiven Austausch und zur Vernetzung der KollegInnen bei. (Foto: Stefanie M. Moog)



Alexandra N. Lenz ist Professorin für Germanistische Sprachwissenschaft am Institut für Germanistik der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

Manfred Glauninger ist stellvertretender Direktor am Institut für Österreichische Dialekt- und Namenlexika und Privatdozent am Institut für Germanistik.

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