Studierende unterwegs: Kunst und Kultur in Mosambik

Eine Exkursion führt Studierende der Uni Wien nach Afrika: Aktuell sind sie in Mosambik unterwegs, wo der Schwerpunkt der Exkursion auf Kunst, Kultur, Film und Literatur liegt. Für uni:view berichten sie über ihr Treffen mit mosambikanischen AutorInnen sowie über die lokale Kulturarbeit.

In Mosambik, wo wir den zweiten Abschnitt unserer Reise verbringen, liegt der Schwerpunkt auf Kunst, Kultur, Film und Literatur. Wie schon in Südafrika kommen wir auch hier mit Bantusprachen in Kontakt, beispielsweise mit Changana, in das ein paar von uns in einem Sprachkurs eintauchen durften. Changana ist eine der – je nach dialektaler Abgrenzung – 23 bis 40 nationalen Sprachen Mosambiks, die im südlichen Teil des Landes von etwa 11 Prozent der Menschen gesprochen wird.

Die Autorin Paulina Chiziane mit der Übersetzerin Sandra Tamele und Studierenden der Universität Wien. (@ Kathrin Sartingen)

Doch die Sprache der Literatur ist nach wie vor das Portugiesische, die offizielle Amtssprache seit der Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1975. Mosambikanische AutorInnen erklären uns im Gespräch, dass man fast ausschließlich auf Portugiesisch schreibt und publiziert, weil die Erstsprachen nicht normiert, sondern vorwiegend mündlich verbreitet sind. Es ist jedoch ein Portugiesisch, das sich bewusst von der europäischen Norm abhebt und von Ausdrücken aus den nationalen Sprachen durchzogen ist. Lehnwörter aus diesen sowie Neologismen sind ein Kennzeichen des mosambikanischen Portugiesisch, erläutert uns eine Linguistin bei unserem Besuch an der staatlichen Universidade Eduardo Mondlane.

Auch an der Universidade Pedagógica werden wir von Rektorat und Studierenden sowie einem Fernsehteam herzlich in Empfang genommen. Aus diesem Zusammentreffen entsteht ein interuniversitäres Abkommen zum Studierenden- und Lehrendenaustausch. Ein informelleres und anregendes Gespräch findet mit einigen Deutschstudierenden statt, die uns bei einer Stadtführung erste Einblicke in Geschichte und Architektur Maputos gewähren.

Begegnung mit Autoren im Haus des Mosambikanischen Schriftstellerverbandes (AEMO). (@ Caro-lina Saenz Abril)

Beim mosambikanischen Schriftstellerverband AEMO treffen wir die jüngere Generation lokaler AutorInnen zu einem Gespräch. Die im Jahre 1982 gegründete Vereinigung hat zum Ziel, junge SchriftstellerInnen im Land bekannt zu machen und im Rahmen literarischer Veranstaltungen die nationale Literaturproduktion zu fördern. Der junge Dichter Amosse Mucavele erzählt uns, dass das zentrale Thema der mosambikanischen Poesie das Exil darstellt, während in der Prosa nach wie vor jene des Krieges vorherrschend ist. Schließlich wütete in Mosambik nach dem Krieg um die Unabhängigkeit ein von 1977 bis 1992 andauernder Bürgerkrieg. In den Texten des Schriftstellers João Paulo Borges Coelho findet sich die Auseinandersetzung damit nicht explizit, doch "zwischen den Zeilen" sei der Krieg ständig präsent, wie er uns bei einem Autorengespräch in der Literaturstiftung Fundação Fernando Leite Couto erzählt.

Auch die berühmteste Autorin Mosambiks, Paulina Chiziane, übrigens die erste Frau in Mosambik, die einen Roman veröffentlicht hat, erzählt uns bei einem gemeinsamen Mittagessen, dass im Mittelpunkt ihres literarischen Schaffens kein politisches Ziel mehr stehe, sondern der Wunsch, Geschichten zu erzählen, die die konkrete soziale Wirklichkeit des Landes abbilden.

Im Deutsch-Mosambikanischen Kulturzentrum (CCMA) präsentiert eine Kulturinitiative "Tufo", eine Performance aus der Makhuwa-Tradition Nordmosambiks mit sozialkritischem Gehalt. (@ Victoria Stickler)

Spannende Einblicke in Traditionen und die lokale Kulturarbeit erhalten wir durch verschiedene Vorträge und künstlerische Darbietungen im CCMA, dem Goethe-Zentrum Maputos. Im nationalen Filmarchiv INAC treffen wir dann mit gleich zwei Generationen mosambikanischer FilmemacherInnen zusammen, deren Ziele unterschiedlicher nicht sein könnten: Während die älteren vornehmlich den Befreiungskrieg und die eigene Nationenbildung nach der Unabhängigkeit thematisieren, legen die jüngeren ihren Fokus auf ästhetische und künstlerische Aspekte. Ihre zwei jüngsten Projekte kreisen dabei um häusliche Gewalt und die Ausbildung der jüngeren Generation. Das Archiv beherbergt die gesamte kinematographische Produktion des Landes, wobei es enorm von Verlust und Zerstörung bedroht ist. Die Säure zerfrisst die Filmrollen; es fehlt die adäquate technische Ausstattung, um das analoge Filmmaterial zu digitalisieren und somit die kollektive Erinnerung zu bewahren. 

Eine Mitarbeiterin des Nationalen Filmarchivs (INAC) bei der manuellen Reinigung der analogen Filmrollen. (@ Jürgen Sallachner)

Während der gesamten Zeit in Mosambik sind die vielen Notbehelfe, die teilweise miserablen Arbeits- und Lernbedingungen, der Müll, die Armut ständig präsent. Sie bilden den stärkstmöglichen Kontrast zum Empfang, den uns der deutsche Botschafter zum Abschluss unserer Exkursion in seiner Residenz in Maputo bereitet, wo wir vor der filmreifen Kulisse in feierlichem Rahmen noch einmal die Gelegenheit haben, mit lokalen AutorInnen, KünstlerInnen und LiteraturwissenschafterInnen ein vertieftes Gespräch über die viel-fältigen Eindrücke unserer Reise zu führen. Danke, kanimam, Moçambique! (Text: Luzia Hoffmann, Carolina Saenz Abril, Jürgen Sallachner, Melanie Strasser, Sarah Triml, Tatjana Wais)

Die Exkursion nach Südafrika und Mosambik findet unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Kirsten Rüther, M.A. (Institut für Afrikawissenschaften) und Univ.-Prof. Dr. Kathrin Sartingen (Institut für Romanistik) statt. In den folgenden Wochen werden weitere uni:view-Beiträge folgen.