"Spin-off Fellowship" für zwei Chemiker der Uni Wien

Zwei Absolventen der Fakultät für Chemie der Universität Wien erhalten eins von insgesamt acht "Spin-off Fellowships" des Wissenschaftsministeriums und der FFG. Thomas Werzer und Michael Nardai wollen damit einen speziellen Sensor zur Optimierung von Blutwäschegeräten zur Marktreife bringen.

Das Ergebnis der ersten Ausschreibung von "Spin-off Fellowships" wurde am Dienstag, 15. Mai 2018, im Rahmen eines Pressefrühstücks an der Fakultät für Chemie von Wissenschaftsminister Heinz Faßmann und FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth in Anwesenheit von Rektor Heinz W. Engl, Dekan Bernhard Keppler und den Beteiligten am Projekt "Immuno QCM" der Universität Wien präsentiert.

Mit den erstmals vergebenen "Spin-off Fellowships" will das Wissenschaftsministerium gemeinsam mit der FFG gezielt die Verwertung innovativer Ideen stärken und den UnternehmerInnengeist an Hochschulen und in Forschungseinrichtungen fördern.

Hier gebe es in Österreich "einen gewissen Aufholbedarf", wie Minister Heinz Faßmann im Rahmen des Pressefrühstücks sagte: "Es wird an den Universitäten viel Interessantes geforscht, man muss dies nun auf den Boden kriegen". Ziel sei es, die Zahl der Unternehmensgründungen zu steigern und darüber auch einen höheren ökonomischen Impact zu erzielen.

"Fruchtbarer Boden für Wachstum"

FFG-Geschäftsführerin Egerth unterstrich, dass akademische Start-ups in den meisten Fällen "ein fruchtbarer Boden für Wachstum" sind. Es sei schön, mit dem Programm zeigen zu können, "dass wir Grundlagenforschung und angewandte Forschung als ein gemeinsames Haus sehen". Die erste Ausschreibung von "Spin-off Fellowships" sei auf großes Interesse gestoßen: 35 Anträge wurden eingereicht, davon wurden von einer internationalen Jury acht Anträge ausgewählt. Sie werden mit insgesamt 2,7 Millionen Euro gefördert.

Rektor Engl betonte, dass gerade universitäre Grundlagenforschung radikale Innovationen auslösen kann. Es brauche aber mehrere Stufen, um die Produkte Richtung Markt weiterzuentwickeln, von universitären Förderschienen über das Angebot der Förderagenturen wie der FFG oder die Einrichtung von Christian-Doppler-Labors bis hin zu Risikokapital bzw. seed money, wie es die Spin-off Fellows über das neue Programm nun auch bereitstellen.

"Innovationen entstehen oft an den Grenzflächen"

"Gerade in der Chemie entstehen Innovationen oft an den Grenzflächen, etwa zur Materialwissenschaft und Medizin", so Bernhard Keppler, Dekan der Fakultät für Chemie. An den österreichischen Hochschulen vorhandenes Know-how sei aber aufgrund bisher mangelhafter Unterstützung häufig im Ausland für Anwendungen weiterentwickelt worden. Der Dekan begrüßt daher Initiativen wie die Spin-off Fellowships als Möglichkeit, die Weiterentwicklung von Produkten in Österreich zu fördern.

Das Ziel des Projektes Immuno QCM (Fördervolumen 360.000 EUR für 18 Monate) von den zwei Chemikern Thomas Werzer und Michael Nardai ist die Weiterentwicklung einer Sensortechnologie, die die Geräte zur Blutwäsche im Zuge der Behandlung von Autoimmunerkrankungen entscheidend verbessern sollen.

Verbesserte Sensortechnologie

Bei Autoimmunerkrankungen bildet der Körper Autoantikörper, die körpereigenes Gewebe angreifen. "Viele der derzeit etwa 80 unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen können bislang nicht geheilt werden, sondern es werden nur die damit verbundenen Symptome behandelt", sagt Projektleiter Thomas Werzer. In einigen Fällen kommen dabei entzündungshemmende Arzneimittel zum Einsatz.

Versagt diese Therapie, müssen alternative Verfahren wie die sogenannte Apherese, umgangssprachlich Blutwäsche, zur Anwendung kommen. Diese wird heute weltweit mittels spezieller, sehr hochpreisiger Filter durchgeführt. Die Wirkung solcher Filter nimmt allerdings mit der Zeit stark ab, sobald alle Bindungsstellen besetzt sind und die Filter dadurch an Effektivität verlieren. "Der Zeitpunkt der ungenügenden Filterung kann nicht exakt vorhergesagt werden", so Projektkollege Michael Nardai.

Gesteigerte Lebensqualität für PatientInnen

Im Zuge von "Immuno QCM" wollen die Chemiker nun einen speziellen Sensor zur Marktreife bringen, der die Qualität der Filterwirkung im laufenden Prozess misst. Dadurch kann der optimale Zeitpunkt des Filtertausches exakt bestimmt werden. Deutlich gesteigerte Lebensqualität für PatientInnen paart sich so mit wirtschaftlichen Vorteilen für das öffentliche Gesundheitssystem und Hersteller medizintechnischer Geräte.

Die Sensoren beruhen auf sogenannten Quarzmikrowaagen. Das sind kleine elektromechanische Bauteile, die bei einer charakteristischen Frequenz zum Schwingen gebracht werden. Sobald Teilchen auf der Bauteiloberfläche haften bleiben, vermindert sich die Frequenz.

Das ermöglicht die einfache Umrechnung dieses Signals in Masse auch in Flüssigkeiten und in Echtzeit. Ziel dieses Projektes ist es, die Oberfläche der Sensorbauteile anwendungsspezifisch chemisch so zu modifizieren, dass Autoantikörper gezielt erkannt und quantifiziert werden können.

Das Projekt ist in die Fakultät für Chemie eingebettet. Die Gruppe für Sensorik und Schnellanalytik am Institut für Physikalische Chemie hat dabei bereits umfassende Erfahrung in industrienaher Forschung vorzuweisen. "Ein FFG Spin-off Fellowship in unser Arbeitsgebiet integrieren zu können, ermöglicht es uns, dort weiterzumachen, wo universitäre Forschungsprojekte normalerweise enden", sagte Instituts- und Arbeitsgruppenleiter Peter Lieberzeit. (Alle Fotos: © BMBWF/Martin Lusser)

Die Laufzeit der von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Spin-off Fellowships beträgt maximal 18 Monate. Die nächste Einreichfrist endet am 19.07.2018.