Durch einen Wasserschaden im Curhaus des Stephansdoms wurden tausende historische Notenblätter beschädigt. In monatelanger Arbeit haben Studierende der Universität Wien unter der Leitung der MusikwissenschafterIn Elisabeth Hilscher (ÖAW) das auch alltagsgeschichtlich spannende Musikarchiv restauriert.
Wasser und Papier vertragen sich bekanntlich nicht allzu gut: Vor einem Jahr wurde bekannt, dass im Curhaus des Stephansdoms in Wien tausende, teils wertvolle und einzigartige Notenblätter durch einen tropfenden Wasserhahn erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Mit Schimmelflecken, verwaschener Tinte und gewelltem Papier präsentierten sich die historischen Noten bei der ersten Bergung, Pfarre wie auch ExpertInnen gingen von unrettbaren Schäden aus.
Doch dank einer Zusammenarbeit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) mit der Universität Wien und dem Domarchiv der Pfarre St. Stephan konnte nach dem vollständigen Trocknen das Notenmaterial wieder aufbereitet werden. Im Bild: Vorsichtiges Reinigen der Quellen mit einem Microfasertuch.
Studierende der Universität Wien arbeiteten unter der Leitung von ÖAW-Musikwissenschafterin Elisabeth Hilscher im Rahmen einer Lehrveranstaltung zwei Semester lang an der Sanierung der historischen Quellen, die begutachtet, fachmännische vollumfänglich gereinigt, dokumentiert und katalogisiert wurden.
Zu den wertvollsten nun restaurierten Beständen zählen Hymnare aus dem späten 17. und frühen 18. Jahrhundert sowie Abschriften von Werken Georg Reutters dem Jüngeren, von Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn sowie dessen Bruder Michael Haydn aus der Zeit um 1800, die mehrere Jahrzehnte im Dom im Gebrauch standen.
"Die Geschichte und Herkunft der Noten ist oft höchst spannend. Es finden sich Stempel anderer Kirchen und Musikvereinigungen. Teils wurden die Werke nur einmal gespielt und gesungen, die Noten sind aber dann im Stephansdom verblieben – warum, ist bisher nicht bekannt", sagt Hilscher. Im Bild: Das älteste Stück des Musikarchivs, ein Hymnar aus dem Jahre 1669.
Neben wichtigen Angaben zur Aufführungs- und Spielpraxis gebe es auf vielen Werken "eine wilde Mischung an Karikaturen, Rechenaufgaben und Witzen, die von Zeitgenossen – vor allem den Chorknaben – auf die Noten gekritzelt wurden". Somit handelt es sich beim Musikarchiv des Stephansdoms nicht nur um musikhistorische, sondern auch wichtige alltagsgeschichtliche Zeugnisse, die nun glücklicherweise für die Nachwelt gerettet werden konnten. Im Bild: Domarchivar Reinhard Gruber (hinten links) und Musikhistorikerin Elisabeth Hilscher (hinten Mitte) mit den Studierenden der Universität Wien. (© ÖAW/Zilberberg)