Felsenfeste Argumente: Gebirgsdarstellungen in Karten

Vom Woodson Mountain zum Grand Canyon: Geograph Karel Kriz von der Universität Wien verschlug es zu Forschungszwecken nach Kalifornien. Im Gepäck hatte er viele, vor allem aber eine Frage: Wie werden Felsen kartographisch dargestellt? In uni:view erzählt er von seiner Reise entlang der Kartographie.

Wie können Felsen und Gebirge in Karten dargestellt werden? Wie kann die Erde beschrieben und in einer verständlichen Form kommuniziert werden? Diese Fragen beschäftigen die topographische und Hochgebirgskartographie schon lange. Als Antwort entstanden viele graphische Darstellungen, anhand derer die großmaßstäbige, topographische Kartographie des Hochgebirges zurückverfolgt werden kann.


Red Rock Canyon National Conservation Area, Nevada, USA (Foto: Karel Kriz, April 2015)


Ausschnitt aus den Vektor-Rohdaten der amtlichen topographischen Karte der USA (USGS), Red Rock Canyon National Conservation Area.

Auf der Karte reisen
In unwegsames Gelände vordringen und neue Erkenntnisse gewinnen, ohne jemals vor Ort gewesen zu sein – diese Vorstellung beflügelte in der Vergangenheit nicht nur AbenteurerInnen, sondern auch WissenschafterInnen, sich mit der Topographie auseinanderzusetzen. Sukzessiv avancierte die Kartographie – nicht nur aus militärischer Sicht – zu einer wichtigen Drehscheibe der Kommunikation. Anfangs entstanden analoge Produkte, die im Laufe der Zeit um heute immer vielfältigere, digitale und multimedial-geprägte Formen ergänzt wurden.

Potato Chip Rock am Woodson Mountain, nordöstlich von San Diego (Foto: Karel Kriz, Mai 2015)

Ausschnitt aus der amtlichen topographischen Karte der USA (TopoView USGS), Woodson Mountain, Satellitenbildansicht, Kartenansicht

Zutaten für eine gelungene Hochgebirgskarte
In der Kartographie gilt ein besonderes Augenmerk dem Gelände und ihren vielen Darstellungsfacetten: Höhen- und Gerippelinien, der Höhenpunkt, die Schummerung sowie die Fels- und Kleinformdarstellung springen bei der Betrachtung von großmaßstäbigen kartographischen Abbildungen zuerst ins Auge und sind die Hauptzutaten einer gelungenen Hochgebirgskarte.

Karel Kriz, Assistenzprofessor am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, war von Ende Februar bis Ende Juli 2015 im Großraum Kalifornien stationiert. Neben seiner Tätigkeit als visiting scholar an der SDSU, wurden auch enge Kontakte zu WissenschafterInnen an den Universitäten in Redlands und Santa Barbara gepflegt, Vorträge gehalten sowie mit ESRI, Environmental Systems Research Institute und den US National Parkservices geforscht und im Gelände zusammengearbeitet. Unterstützt wurde der Aufenthalt von der Universität Wien, Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie, Institut für Geographie und Regionalforschung sowie durch Testgeräte (Xperia Z2 und RX100 II) der Firma Sony.

Dem richtigen Rezept für topographische Darstellungen war Karel Kriz, Assistenzprofessor am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien, von Februar bis Juli 2015 in Kalifornien auf der Spur. An der San Diego State University (SDSU) beschäftigte er sich vorrangig mit Reliefwiedergabe und Felsdarstellungen.

Von den Formeigenheiten des Felskörpers
"Die Felsdarstellung nahm Mitte des 19. Jahrhunderts in Österreich und der Schweiz ihren Anfang. Vorstellen kann man sich eine Formzeichnung, die sich aus einer freien Strichzeichnung zusammensetzt und so versucht, die individuelle Eigenheit des Felskörpers wiederzugeben", erklärt Kriz. Die Veranschaulichung der Verknitterung des Felsgeländes und besonders hervortretende Formeigenheiten des Felskörpers sind Fokus einer sehr spezialisierten, oftmals subjektiven Konstruktion. Das klassische Darstellungselement ist dabei die Felsschraffe, die in diversen Varianten in Erscheinung treten kann.

Grand Canyon National Park, Arizona, USA, Aufstieg Bright Angel Richtung South Rim (Foto: Karel Kriz, Juni 2015)

Ausschnitt aus der amtlichen topographischen Karte der USA (TopoView USGS), Grand Canyon National Park, Arizona, USA, Kartenansicht.

Kartographie öffentlich gemacht
Im Rahmen der ICA (International Cartographic Association) ist in den vergangenen 16 Jahren intensiv in der Gebirgskartographie geforscht worden. Die Koordinierung dieser Kommission wurde alternierend an der Universität Wien von Karel Kriz und an der ETH Zürich von Lorenz Hurni geleitet. Ergebnisse wurden in wissenschaftlichen Arbeiten unter anderem zu konkreten Themen der Felsdarstellung in zahlreichen Artikeln und Büchern sowie in Form von Karten und kartenverwandten Ausdrucksformen veröffentlicht. Als quasi "Andenken" an den Forschungsaufenthalt in Kalifornien entstand Band 21 der Wiener Schriften, der kürzlich veröffentlicht wurde. Die Publikation zeigt die Komplexität des Faches und die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Kartographie.

Mono Lake, California State Parks, USA. Bizarre Tufa Felsformationen (Foto: Karel Kriz, Juli 2015)

Ausschnitt aus der amtlichen topographischen Karte der USA (TopoView USGS), Mono Lake, California State Parks, USA.

 Austauschen und Vernetzen
"Gerade die im Vorfeld geführten Diskussionen mit KollegInnen aus Amerika, wie beispielsweise mit Tom Patterson (US National Park Services), Aileen Buckley (ESRI) und Mark Kumler (University of Redlands) haben dazu geführt, die Themenbereiche der Gebirgskartographie einer breiteren Öffentlichkeit sowie ForscherInnen aus Nachbarwissenschaften näher zu bringen", so Kriz über den Austausch mit anderen ExpertInnen.

Ausschnitt aus der Karte "Canyonlands National Park, Utah, USA". Die Darstellung enthält eine verlaufende Geländeschattierung mit Relief- und Felstextur kombiniert mit Satellitenbilddaten. (Tom Patterson, 2015)

Darstellung einer halb-automatisch generierten geometrisch gebundenen Felsdarstellung. Testgebiet "Veitsch, Steiermark, Österreich". (Matthias Grünwald/Karel Kriz, 2015)

Kartographie der Zukunft?
Die topographische und Hochgebirgskartographie blickt nicht nur auf eine lange Vergangenheit zurück, sondern steuert mithilfe der neuen Technologie auch eine spannende Zukunft an. Stand früher primär die territoriale Ausrichtung im Mittelpunkt, so werden gegenwärtig der individualisierte Zugang zu Geodaten sowie die rasche zielgerichtete Kommunikation raumbezogener Ergebnisse immer wichtiger.

Felsklippen an der Pazifikküste nördlich von San Diego, Torrey Pines State Natural Reserve, USA (Foto: Karel Kriz, März 2015)

Ausschnitt aus der amtlichen topographischen Karte der USA (TopoView USGS), Torrey Pines State Natural Reserve, USA. Kartenansicht.

In den vergangenen Jahren hat die soziale und ökonomische Stellung von Gebirgsregionen weltweit an Bedeutung gewonnen. Dabei spielt der Mensch sowohl in der Nutzung als auch in der Protektion dieser Gebiete eine zentrale Rolle: "Immer vehementer wird der Bedarf nach maßgeschneiderten kartographischen Informationen gemeldet. Gerade solche Entwicklungen prägen die zukünftige Ausrichtung der topographischen und Hochgebirgskartographie, die auf die Erfahrungen und gestalterischen Konzepte der Vergangenheit sowie auf den innovativen, technologischen Zugang der Gegenwart basieren wird", prognostiziert Karel Kriz. Ein felsenfestes Argument. (red)