EU-Recht: Die Balance zwischen Einheit und Vielfalt finden
Redaktion (uni:view) | 22. September 2016Von Digitalisierung über Zivilrecht bis hin zur Insolvenz: Im September trafen sich die Mitglieder des an der Universität Wien beheimateten European Law Institute (ELI) im italienischen Ferrara, um auf UNESCO-Welterbe-Boden über Erreichtes und brennende Herausforderungen in der EU-Rechtsentwicklung zu diskutieren.
![](/typo3temp/pics/b9857842fe.jpg)
Gastgeber der mittlerweile 6. Jahreskonferenz und Generalversammlung des 2011 gegründeten European Law Institutes war von 7. bis 9. September 2016 die namhafte Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universitá degli Studi di Ferrara. Angereist waren über 350 JuristInnen aus 38 Ländern (und fünf Kontinenten). Auf dem Programm stand neben juristischen Fragen rund um Digitalisierung, Zivilrecht und Zivilprozessordnung sowie Insolvenzrecht und Unternehmenssanierung u.a. auch die Eröffnung des neuen "ELI Italian Hub".
![](/typo3temp/pics/f88ec3a0e9.jpg)
Eröffnet wurde die Jahreskonferenz von Marta Cartabia, der Vizepräsidentin des italienischen Verfassungsgerichtshofs, die u.a. auf die jüngsten Ereignisse auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene zurückblickte. Den Keynote-Vortrag hielt der Präsident des Europäischen Gerichtshofs, Koen Lenaerts, zum EU-Motto "United in diversity"; in diesem Zusammenhang betonte er auch die besondere Bedeutung des European Law Institutes.
![](/typo3temp/pics/169e9820c0.jpg)
Ein besonderes Highlight war die Präsentation des neuen ELI European Young Lawyer's Award, der jungen AkademikerInnen, praktizierenden AnwältInnen und anderen Nachwuchs-RechtswissenschafterInnen eine Stimme in der europäischen Gemeinschaft einräumen soll. ELI-Präsidentin Diana Wallis appellierte an die TeilnehmerInnen, verstärkt an Diskussionsrunden teilzunehmen, um gemeinsam die Rechtsentwicklung in Europa voranzutreiben. Einiges habe man bereits erreicht, wie Christiane Wendehorst von der Universität Wien, die Vizepräsidentin des ELI, mit den Worten: "ELI has reached another state of maturity" bekundete.
![](/typo3temp/pics/64f9f0b78a.jpg)
Über die Zukunft des neu gegründeten italienischen Netzwerks ELI Italian Hub sprachen die italienischen JuristInnen Fabrizio Cafaggi, Remo Caponi, Mario Comba und Raffaele Sabato; im Anschluss diskutierten Silvana Sciarra, Giovanni Mammone, Roberto Mastroiani, Guido Alpa und Paolo Pasqualis.
![](/typo3temp/pics/572cc60068.jpg)
Bob Wessels von der Universität Leiden (li.) und Stefan Madaus von der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg moderierten die Podiumsdiskussion "Rescue of Business in Insolvency Law": Dieses Projekt hat in der Wissenschaft und Praxis ebenso wie bei den EU-Institutionen großes Interesse hervorgerufen. Parallell dazu stellte das Team des ELI-Projekts "Prevention and Settlement of Conflicts of Exercise of Jurisdiction in Criminal Law" seine Ergebnisse vor. Katalin Ligeti von der Universität Luxemburg (re.) moderierte die angeregte Diskussion über die erarbeiteten Modelentwürfe der Projektgruppe.
![](/typo3temp/pics/d1d766c0c2.jpg)
ELI-Präsidentin Diana Wallis und Anna Veneziano, stv. Generalsekretärin von UNIDROIT (re.), moderierten die Podiumsdiskussion "From Transnational Principles to European Rules of Civil Procedure" (ELI-UNIDROIT Gemeinschaftsprojekt). Beobachter der Kommission begleiten das Projekt, das bereits öffentlich im EU-Parlament diskutiert worden ist. Währenddessen adressierte Christiane Wendehorst (li.) als Vorsitzende der Podiumsdiskussion "Empowering European Families: Choice of Court and Choice of Law" zahlreiche Schwierigkeiten im Bereich des Eherechts und bei eingetragenen Partnerschaften auf EU-rechtlicher Ebene.
![](/typo3temp/pics/15c9fc632b.jpg)
Die Podiumsdiskussion "Vulnerable Adults and the Conflict of Laws" erörterte die Möglichkeit eines ELI-Projekts zur Schutzbedürftigkeit Erwachsener auf EU-rechtlicher Ebene unter dem Vorsitz von Richard Frimston, Partner und Leiter der Russell-Cooke LLP Private Client Group in London (v.li.n.re.: Frederik Swennen, Renate Schaub, Maja Groff, Pietro Franzina und Richard Frimston).
![](/typo3temp/pics/28bc65f431.jpg)
Ein wichtiges Thema auch auf europäischer Ebene, die Digitalisierung, kam auch auf der Jahresversammlung nicht zu kurz. Im Vordergrund standen drei Themen: Ein Modelentwurf für eine Richtlinie bezüglich der "Plattformwirtschaft" wurde in einer Plenarrunde von Reiner Schulze präsentiert. Anschließend thematisierte die Plenardiskussion unter Vorsitz von Sjef van Erp von der Universität Maastricht den digitalen Zugang zur Justiz, u.a. auch unter dem Aspekt des Zugangs zu juristischen Dienstleistungen unter Einbeziehung des e-Justice Systems. Geleitet von Lord John Thomas, Lord Chief Justice von England und Wales, wurden Verbesserungsmöglichkeiten für die von der EU 2015 vogeschlagenen Richtlinien zu digitalen Verträgen im gemeinsamen digitalen Markt diskutiert. Das ELI-Projektteam (u. a. Christiane Wendehorst) erarbeitete konstruktive Kritik und Empfehlungen.
![](/typo3temp/pics/9912d5fd13.jpg)
Das ELI-Projekt "Detention of Asylum Seekers and Irregular Migrants and the Rule of Law" präsentiete seinen Beitrag zur effektiven Implementierung von bereits bestehendem EU-Recht, indem es eine benutzerfreundliche Checkliste für nationale RichterInnen erarbeitete, die durch erläuternde Anmerkungen ergänzt wird. Die Plenardiskussion unter Vorsitz von Boštjan Zalar, Oberster Richter des Verwaltungsgerichtshofes von Slowenien, lud TeilnehmerInnen ein, die vorläufigen Ergebnisse des ELI-Projektes zu diskutieren. Das Gemeinschaftsprojekt zwischen dem European Law Institute und dem European Networks of Councils for the Judiciary (ENCJ) "The Principled Relationship of Formal and Informal Justice through the Courts and Alternative Dispute Resolution" wurde ebenfalls vorgestellt, welches die Entwicklung alternativer Streitbeilegung in Europa, insbesondere die gegenwärtigen EU-Instrumente und deren Anwendung, untersucht. Die nächste ELI-Generalversammlung und Jahreskonferenz im September 2017 wird wieder in Wien stattfinden, wo das Sekretariat an der Universität Wien beheimatet ist. (Text und Fotos: ELI Sekretariat)