Psychologische Grundlagenforschung im Fokus

Wie nimmt der Mensch seine Umwelt wahr? Dieser zentralen Frage der psychologischen Grundlagenforschung will sich die Universität Wien verstärkt widmen. Anfang 2011 startete im Rahmen einer Reorganisation der Fakultät für Psychologie das neue Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden.

Die Fakultät für Psychologie fasst seit 1. Jänner 2012 ihre Arbeitsbereiche in insgesamt drei Instituten zusammen, bisher waren es vier. Neben dem neuen Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden gibt es ein Institut für Angewandte Psychologie: Gesundheit, Entwicklung und Förderung sowie ein Institut für Angewandte Psychologie: Arbeit, Bildung, Wirtschaft.

Wie wir Informationen verarbeiten

Am neuen Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden wollen sich drei Professoren mit den grundlegenden Mechanismen menschlicher Informationsverarbeitung auseinandersetzen – mit experimentellen Methoden: Zu dem 2004 berufenen Professor für Allgemeine Psychologie, Helmut Leder, gesellten sich in den vergangenen Jahren mit dem Experimentalpsychologen Ulrich Ansorge (2009) und dem Neuropsychologen Claus Lamm (2010) zwei weitere Professoren, die dieses Gebiet zu einem Forschungsschwerpunkt der Fakultät ausbauen wollen. Gemeinsames Ziel ist es, die Psychologie an der Universität Wien als "starken Player im Bereich der Grundlagenforschung" zu etablieren.


Helmut Leder leitet – gemeinsam mit Markus Peschl vom Institut für Philosophie – die Forschungsplattform "Cognitive Science: Entwicklung der Kognition".
Zum Artikel "Wie tickt der Mensch?"



Enge Zusammenarbeit

Ein weiterer Grund für die enge Zusammenarbeit sei, dass sich die drei Wissenschafter auch inhaltlich nahe stehen: "Wir haben sofort nachdem ich 2010 nach Wien gekommen bin, begonnen zu kooperieren. Daraus ist dann auch die Idee entstanden, die Bereiche in einem Institut zusammenzuführen", so Lamm. Der Forschungsschwerpunkt liege auf der menschlichen Wahrnehmung, einem Problemfeld, das oft gar nicht als solches wahrgenommen werde, so der Neurowissenschafter und Psychologe.

Ulrich Ansorge, Professor für Experimentalpsychologie, beschäftigt sich stark mit den "visuellen Aspekten" der Wahrnehmung, wie sein Kollege Lamm ausführt. Hier liege ein Fokus darauf, wie Menschen aufgrund ihrer Aufmerksamkeit gewisse Informationen wahrnehmen und andere ausblenden, also den Einfluss des Menschen auf die eigene Wahrnehmung. Ebenso versuche man, Mechanismen aufzuklären, wie die Aufmerksamkeit auf bestimmte Reize gelenkt werden kann.
 


Den Experimentalpsychologen Ulrich Ansorge interessiert vor allem der Bereich der "visuellen Aufmerksamkeit". 
Zum Porträt "Ulrich Ansorge: In die Wissenschaft gewechselt" (2010)



Helmut Leder hingegen beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Ästhetik und Kunst. Ein Bereich, in dem der Forscher laut Lamm "weltweit führend" sei. Lamm selbst setzt sich vor allem mit den neuronalen Grundlagen menschlichen Sozialverhaltens auseinander. Ein großes Thema, das Lamm und Leder gemeinsam betrachten, ist der Perspektivenwechsel in sozialen Situationen. Dabei gehen die Forscher der Frage nach, inwieweit sich Menschen in die Erfahrungswelt anderer Personen versetzen können.

Institut insgesamt "gut aufgestellt"


"Die drei Professuren sind von der Universität mit guter Infrastruktur ausgestattet", so Claus Lamm. Auch bei der Einwerbung von Drittmitteln waren die Forscher erfolgreich. So wurden kürzlich beim "Cognitive Science Call 2011" des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) insgesamt vier Projekte mit einer Fördersumme von etwa 1,8 Mio. Euro bewilligt. Die Wissenschafter sind auch aktive Mitglieder der seit 2011 bestehenden Forschungsplattform "Cognitive Science".


Claus Lamm, seit September 2010 Professor für Biologische Psychologie, forscht im jungen Feld der Sozialen Neurowissenschaften.
 Zum Porträt "Claus Lamm: Grundlagen der Empathie"



Aufgrund der organisatorischen Neuorientierung könne man weiters Laboratorien zusammenführen und verstärkt gemeinsam nützen, erzählt der Forscher weiter: "Das größte infrastrukturelle Problem ist, dass das Institut noch über keinen eigenen funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRT) verfüge, mit dem man den Versuchspersonen regelrecht ins Gehirn schauen kann." Aktuell benützen die Wissenschafter das Gerät der Medizinischen Universität mit. Man bemühe sich aber um EU-Mittel, die eine solche Anschaffung ermöglichen könnten. "Ansonsten sind wir aber wirklich gut aufgestellt", so Lamm abschließend. (APA/red)