Plädoyer für den Qualitätsjournalismus

Mahnend und nachdenklich, dabei aber stets launig, gab sich Heribert Prantl, Leiter des Innenpolitik-Ressorts und Mitglied der Chefredaktion der "Süddeutschen Zeitung", am Mittwoch, 13. April 2011, in der ersten Vorlesung seiner Theodor-Herzl-Dozentur für Poetik des Journalismus. Er unterstrich dabei die Relevanz der Pressefreiheit, die wir oft nicht mehr zu schätzen wüssten. "uni:view" war mit der Kamera dabei und notierte.

In der Pressefreiheit sieht Heribert Prantl, mehrfach ausgezeichneter Journalist der "Süddeutschen Zeitung", ein "Urgrundrecht zur Gestaltung der Zukunft". Dieses bedeute für JournalistInnen die Pflicht zur Aufklärung, nicht aber zur bequemeren Berufsausübung, betonte er in seinem Vortrag "Die Zukunft des Journalismus: Zwischen Morgen und Grauen? Oder: Die Zeitung ist tot, es lebe die Zeitung."



Aber nicht jeder Journalist oder jede Journalistin müsse "ein Herzl sein", stellte Prantl lakonisch klar. Anders als im Falle von Theodor Herzl – Journalist, Autor, Begründer des modernen politischen Zionismus und Namensgeber der Dozentur – sei es nicht seine/ihre Aufgabe, den Weltlauf zu beeinflussen; es genüge, "wenn man Menschen zum Gespräch verhilft".



Vor den zahlreich erschienen ZuhörerInnen in der ersten von drei Vorlesungen ging Prantl hart mit den MedienakteurInnen ins Gericht: "Es gibt JournalistInnen, die den Journalismus verachten". Und mit dem Schwund der Anzeigenerlöse brächen ethische Standards ein.



In Anwesenheit vieler KollegInnen, darunter "Standard"-Innenpolitikredakteurin Lisa Nimmervoll, erinnerte Prantl daran, dass Medienunternehmen einer strengen Verantwortung unterliegen, da sie sich besonderer Grundrechte bedienen. Dabei erfülle der Journalismus Aufgaben, die über das Geldverdienen hinausgehen. Prantls Kalkül: "Wenn die journalistische Bilanz stimmt, passt auch die ökonomische."



Auch Wolfgang Langenbucher, ehemaliger Vorstand des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, war unter den zahlreichen ZuhörerInnen, die Prantls Warnung hörten, wonach die fehlende Zeit für Recherche eine "große Gefahr der Verdummung und Verflachung" der journalistischen Berichterstattung darstelle.



Der "merkwürdigen Angst von TageszeitungsjournalistInnen gegenüber BloggerInnen" kann Prantl (im Bild mit Hannes Haas, Professor für Journalismusforschung) jedoch nichts abgewinnen. Vielmehr gelte es, die Stärke der Tageszeitung – Reflexion und Tiefenschärfe – mit den Vorteilen des Internets zu verbinden: Resonanz und unmittelbare Kommunikation mit den LeserInnen. (Text und Fotos: Alexander Dworzak)


Weitere Vorlesungen von Heribert Prantl im Rahmen der Theodor-Herzl-Dozentur für Poetik des Journalismus:

"Die Leitartikler und Kommentatoren als verkappte Politiker: Wozu und zu welchem Ende gibt es Meinungsjournalismus?"
Mittwoch, 11. Mai 2011, 10 bis 12 Uhr

"Pressefreiheit: Ein Grundrecht zur bequemeren Berufsausübung?"
Mittwoch, 18. Mai 2011, 10 bis 12 Uhr

Hauptgebäude Universität Wien, Hörsaal 33
Dr.-Karl-Lueger-Ring 1, 1010 Wien
Weitere Informationen