Durch den Nebelwald

Langsam neigt sich die zweiwöchige Costa Rica-Exkursion des Instituts für Meteorologie und Geophysik dem Ende zu. Am Morgen des zehnten Tags liegen alle Klimastationen in der Nähe des Quartiers am Boden: Die Stative haben den hohen Windgeschwindigkeiten in der Nacht nicht standgehalten. Auch sonst war die Nacht alles andere als tropisch: Bei 14 Grad und mit dünnen Decken froren die TeilnehmerInnen in ihren Betten. Umso mehr freuten sie sich auf den Anbruch des Tages: Heute steht eine Wanderung durch den Nebelregenwald auf dem Programm.

Nach dem Frühstück starten wir zum Cerro Tres Amigos. Der Weg dorthin führt durch den Nebelwald von Monteverde. Der Name kommt vom persistenten Nebel, der einen zusätzlichen Wassereintrag bewirkt. Die Pflanzen des Nebelwalds benötigen oft keinen Regen, da die hohe Luftfeuchtigkeit ausreicht, um den Wasserbedarf zu decken. Durch den starken Nordostpassat wird vor allem an den Nordosthängen orographischer Nebel erzeugt und über die karibische Wasserscheide transportiert. Das durch den Nebel eingetragene Wasser übersteigt in der Trockenzeit sogar die Menge des "normalen" Niederschlags. Der Wald ist daher ständiger Feuchte ausgesetzt. Die Pflanzen haben hier die besten Überlebenschancen.

Feenschleier, Orchideen und Steineiben

Der Nebelwald wird auch als Feenwald bezeichnet, da fast alle Bäume stark mit Moosen bewachsen und überzogen sind. Viele Epiphyten wachsen auf den Bäumen. Epiphyten sind Pflanzen, die auf anderen Pflanzen wachsen, wie zum Beispiel Orchideen – Monteverde ist eine der orchideenreichsten Gegenden der Erde.

Auf unserem Weg zum Gipfel treffen wir auf eine Steineibe (Podocarpus sp.). Die Pflanzenfamilie Podocarpaceae kommt meist nur auf der Südhalbkugel vor. Das trifft auf viele Pflanzen zu, etwa wächst die Pinus-Familie nur auf der Nordhalbkugel. Eine mögliche Erklärung könnte die innertropische Konvergenzzone liefern, die im Bereich des Äquators verläuft und einen Luftmassenaustausch zwischen den beiden Hemisphären stark erschwert – und damit auch die Ausbreitung von Flug-Samen, wie sie viele Nacktsamer haben.

Nährstoffe aus der Sahara

Viele Böden in den Tropen sind nährstoffarm. Ein möglicher Nährstoffeintrag ist der durch den Wind herantransportierte Saharastaub. Dieser Ferntransport kann um den ganzen Globus nachgewiesen werden. Costa Rica profitiert aber auch von seinen Vulkanen und deren nährstoffreicher Asche.

Wind um den Gipfel


Unser Weg führt entlang des Kammes zwischen Pazifik- und Karibik-Seite zum höchsten Punkt Cerro Tres Amigos auf 1.838 m Seehöhe, auf dem große Sendeanlagen positioniert sind. Trotz des relativ geringen Druckunterschieds von 3 hPa zwischen der karibischen und pazifischen Küste, ist die Windstärke durch die geringe Corioliskraft (ablenkende Kraft der Erdrotation) relativ hoch.

Durch die Düsenwirkung am Kamm entsteht ein sogenannter Low-Level-Jet (hohe Windgeschwindigkeiten in Bodennähe). Die Wolken in den unteren Schichten verlagern sich viel schneller als die in den oberen Schichten. Die aufgestellten Kestrels weisen Spitzenwerte von 14 m/s auf. Der Windchill liegt bei 10 Grad Celsius.

Im Kronendach des Regenwalds


Nach dem Mittagessen machen wir uns auf den Weg zum Selvatura-Park. Wir teilen uns in zwei Gruppen. Eine erforscht das Kronendach des Regenwalds zu Fuß über acht unterschiedlich lange Hängebrücken. Die andere Gruppe durchquert den Dschungel auf 13 unterschiedlich langen Zip-Lines hängend. Das Kronendach des Regenwalds ist der artenreichste Lebensraum der Erde. Sehr viele davon, vor allem Insekten, sind der Wissenschaft noch unbekannt. Derzeit sind ca. 1,5 Millionen Lebewesen bekannt – ExpertInnen schätzen, dass es möglicherweise insgesamt 40 Millionen Arten auf unserer Erde gibt. Neben Nasenbären und Geckos können wir auch die Blüte der der weltweit kleinsten Orchidee (Pleurothallis sp.), die aus ihren Blättern blüht, entdecken.