Stefanie Höhl: Mit Babys "auf einer Wellenlänge"

Was geht in den Köpfen von Babys vor, wenn sie neugierig die Welt erkunden? Im Forschungslabor der Entwicklungspsychologin Stefanie Höhl lösen Kinder gemeinsam mit ihren Eltern Rätselaufgaben und gewähren den ForscherInnen dabei spannende neuronale Einblicke in frühe Entwicklungsprozesse.

"Grundsätzlich geht es uns darum zu verstehen, wie Kinder und Säuglinge andere Menschen wahrnehmen und von ihnen lernen", erklärt Stefanie Höhl, seit September 2017 neue Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Wien. Ein besonderer Fokus liege hierbei auf dem sozialen Denken. "Wir untersuchen, worauf die Kinder ihre Aufmerksamkeit lenken, wie sie Gesichter erfassen und ab wann sie die Handlungen anderer Personen verstehen und nachahmen", erläutert die Wissenschafterin.

Leider kann man gerade die Kleinsten noch nicht direkt fragen, was sie denken. Daher sind kreative Ansätze gefragt, um ihren Denkprozessen auf die Spur zu kommen "Wir spielen mit ihnen, beobachten, wo sie hinschauen oder messen die Gehirnaktivität", schildert Höhl. Für die Forscherin ist es besonders faszinierend zu sehen, was bei dynamischen Interaktionen in den Gehirnen der Kinder vor sich geht: "Diese Dinge haben einen großen Einfluss auf die individuelle Entwicklung", betont die Expertin.

Haben Sie Interesse, mit Ihrem Kind an einer Studie teilzunehmen? Schreiben Sie einfach eine kurze E-Mail an kinderstudien(at)univie.ac.at
"Je nach Forschungsfrage und Alter des Kindes zeigen wir Bilder oder kurze Filme und beobachten die Blickbewegungen oder Gehirnaktivitäten. In anderen Studien lassen wir die Kinder spielen oder Rätsel lösen", beschreibt Stefanie Höhl. Als Dankeschön gibt es eine Urkunde, ein kleines Geschenk und eine Fahrtkostenvergütung. (© Stefanie Peykarjou)

Synchrone Gehirnrhythmen

Um die frühkindlichen Entwicklungsprozesse besser verstehen zu können, hat Höhl bereits während ihrer Zeit am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig wichtige Vorarbeit geleistet. "Wir konnten etwa zeigen, dass es bei der gemeinsamen Problemlösung eine Synchronität zwischen der Gehirnaktivität des Kindes und seiner Mutter gibt. Je synchroner die neuronalen Rhythmen von Mutter und Kind waren, umso besser konnten sie dann auch unsere Puzzleaufgaben gemeinsam lösen", fasst die Forscherin einige ihrer Studienergebnisse zusammen.

Mit dieser Erkenntnis bekommt die alte Redewendung "mit jemandem auf einer Wellenlänge sein" nun sogar neue wissenschaftliche Rückendeckung. "Da scheint tatsächlich substanziell etwas dran zu sein", ist Höhl überzeugt: "Auch die Erwachsenenforschung bestätigt mittlerweile, dass Synchronität der Gehirnrhythmen nicht nur die Kommunikation, sondern generell ein besseres gegenseitiges Verständnis fördert und zwei Personen bei der Koordination und Kooperation beim gemeinsamen Problemlösen unterstützen kann."

"Tolle Aufgabe in Wien"

Seit September 2017 ist die gebürtige Darmstädterin nun damit beschäftigt, ihre innovative Forschungsarbeit an der Universität Wien fortzuführen. "Ich stehe hier vor der tollen Aufgabe, ein experimentelles Säuglings- und Kleinkindlabor aufzubauen", freut sich die Psychologin, die neben ihrem Engagement in Leipzig auch schon an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Bergische Universität Wuppertal tätig gewesen ist. "Diese Art der neurowissenschaftlichen Entwicklungsforschung ist schon etwas Besonderes, das es so in Wien bislang noch nicht gegeben hat", stellt Höhl klar.

Am 29. und 30. November findet das Jubiläumssymposium "10th Anniversary of Research on Early Childhood in Context: Along the Traces of Charlotte Buehler" an der Fakultät für Psychologie statt: Mit einem Resümee über die letzten Jahre der Wiener entwicklungspsychologischen Forschung und einem Ausblick über Künftiges.

Natürlich sei der Aufbau eines solchen Labors mit viel Arbeit verbunden. "Für Studien mit Säuglingen und Kindern – wir starten bereits im Alter von drei bis vier Monaten – ist eine spezielle Infrastruktur notwendig, die man in der Erwachsenenforschung nicht vorfindet", verrät die Wissenschafterin: "Vor allem sind wir auf die Unterstützung engagierter Eltern angewiesen, die mit ihren Kindern an unseren Studien teilnehmen." Im Laufe des vergangenen Jahres sei man aber gut vorangekommen. "Ich bin mit den Bedingungen hier in Wien sehr zufrieden. Obwohl mir die akademische Selbstverwaltung jetzt deutlich mehr abverlangt, bleibt dennoch genug Zeit für Forschung und Lehre", so Höhl, die ab dem aktuellen Wintersemester auch Vizedekanin der Fakultät für Psychologie ist. (ms)

Stefanie Höhl ist seit September 2017 Professorin für Entwicklungspsychologie und stellvertretende Vorständin des Instituts für Angewandte Psychologie: Gesundheit, Entwicklung und Förderung der Universität Wien. Ab Oktober 2018 ist sie außerdem Vizedekanin der Fakultät für Psychologie. Am Donnerstag, 11. Oktober 2018, hält sie um 17.30 Uhr im Kleinen Festsaal ihre Antrittsvorlesung "Auf einer Wellenlänge: Was uns neuronale Rhythmen über Kommunikation und Lernen in der frühen Entwicklung verraten". Einladung zur Antrittsvorlesung