Wittgenstein-Preis 2015 an Universität Wien
| 08. Juni 2015Der Wittgenstein-Preis, der höchst dotierte Wissenschaftspreis in Österreich, geht heuer an Claudia Rapp, Vorständin des Instituts für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien und Expertin für die Sozial- und Kulturgeschichte von Byzanz.
Den "Austro-Nobelpreis" 2015 erhält die Byzantinistin Claudia Rapp von der Universität Wien. Die Auszeichnung, die seit 1996 durch den FWF vergeben wird, ist mit 1,5 Millionen Euro dotiert und damit der höchste Wissenschaftsförderpreis in Österreich. Gemeinsam mit dem Wittgenstein-Preis 2015 an Claudia Rapp wurden am 8. Juni in Wien auch acht mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro dotierte START-Preise an herausragende NachwuchswissenschafterInnen verliehen, u.a. an Kristina Stoeckl, derzeit APART-Stipendiatin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Sie wird in den kommenden sechs Jahren am Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien (IWM) und am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien Konflikte etwa um die Gleichstellung von Homosexuellen, Abtreibung, Sterbehilfe etc. in säkularisierten Ländern analysieren (zum Bericht in uni:view)
Claudia Rapp: "Der Byzanzforschung eine neue Richtung geben"
Wittgenstein-Preisträgerin Claudia Rapp ist Expertin für die Sozial- und Kulturgeschichte von Byzanz. Ihre internationale Karriere umfasst drei Jahrzehnte und zahlreiche (Gast-) Professuren bzw. Fellowships in fünf Ländern, u.a. an den Universitäten Princeton, Jerusalem und Oxford.
Sie freue sich über den Wittgenstein-Preis "alleine schon im Sinne einer Auszeichnung für die Grundlagenforschung und die historischen Geisteswissenschaften". Die Tatsache, dass damit eine hoch dotierte Fördersumme verbunden sei, werde ihr ermöglichen, zusammen mit KollegInnen in Wien und in internationaler Zusammenarbeit "der Byzanzforschung eine neue Richtung zu geben".
Mobilität, Mikrostrukturen und persönliche Handlungsspielräume
Claudia Rapps Forschungsinteresse zielt auf die gelebte Realität von sozialen und kulturellen Phänomenen und stellt etablierte Erklärungsmuster in Frage. Viele ihrer Publikationen entspringen einer intensiven Beschäftigung mit Lebensbeschreibungen von heiligen Männern und Frauen, die in einzigartiger Weise das alltägliche Leben und die Anliegen und Mentalitäten der Mittel- und Unterschichten fernab von der Reichshauptstadt Konstantinopel beleuchten.
Methodisch in der Grundlagenforschung, insbesondere der Handschriftenkunde verankert, widmet sich Claudia Rapp auch der Erforschung von kulturellen und linguistischen Vernetzungen, so z.B. durch die Arbeit mit Palimpsesthandschriften im Katharinenkloster am Sinai, deren ausradierte Schriften in neun Sprachen mithilfe von digitalen Methoden wieder lesbar gemacht werden.
Rapps Forschungsprogramm, das sie seit ihrer Berufung 2011 an der Universität Wien umsetzt, lautet "Mobilität, Mikrostrukturen und persönliche Handlungsspielräume". Dabei arbeitet sie mit dem Team der Abteilung Byzanzforschung der ÖAW zusammen, das sie seit 2012 leitet. Wien bezeichnet Rapp als internationalen Top-Forschungsstandort ihres Fachs, als "Schlaraffenland der Byzantinistik", angesichts der Tradition und der Vielzahl an ausgewiesenen ForscherInnen auf diesem Gebiet.
Vermittlung an breites Publikum
Die Förderung durch den Wittgenstein-Preis wird es ermöglichen, Fragestellungen in drei Themenbereichen nachzugehen: Mobilität von Menschen und Objekten, Mobilität von Menschen und Ideen, sowie Kulturelle Mobilität und Soziale Praxis – sowohl innerhalb von Byzanz als auch im Kontakt mit dem westlichen Europa und dem Nahen und Fernen Osten. "Dabei wird die unerlässliche Grundlagenforschung anhand von Handschriften und anderen Artefakten ergänzt durch Analyse und Interpretation, auch im internationalen Dialog", so Rapp, der es besonders wichtig ist, die Ergebnisse nicht nur im Rahmen von Konferenzen zu diskutieren und durch Publikationen in der Community zu verbreiten, sondern auch einem breiteren Publikum zu vermitteln, z.B. im schulischen Bereich. (red/APA)