Illegale Ausbeutung: Gefahr für Biodiversität

Um Schutzgebiete in den Tropen zu erhalten, muss die lokale Bevölkerung eingebunden werden. Eine Studie zu dieser Thematik – über 200 WissenschafterInnen waren daran beteiligt, darunter auch Christian H. Schulze vom Department für Tropenökologie und Biodiversität – erschien im Magazin "Nature".

William Laurance von der James Cook University in Cairns, Australien, und am Smithsonian Tropical Research Institute, Panama, vergleicht tropische Schutzgebiete mit "Archen": "Obwohl für einige dieser Archen die Gefahr besteht zu sinken, sind sie die besten Hoffnungsträger, um tropische Wälder und ihre immense Biodiversität langfristig zu sichern." Laurance und sein Team untersuchten mehr als 30 verschiedene Gruppen von Arten – von Bäumen und Tagfaltern bis hin zu Primaten und großen Prädatoren – in tropischen Schutzgebieten Amerikas, Afrikas und der asiatisch-pazifischen Region. Tropenökologe Christian Schulze steuerte dazu seine langjährigen Erfahrungen aus zwei großen Schutzgebieten in Südostasien bei: dem Mount Kinabalu Nationalpark in Ostmalaysia und dem Lore Lindu Nationalpark in Sulawesi, Indonesien.

Artenvielfalt nimmt in Schutzgebieten alarmierend ab

Die ForscherInnen schätzten ab, wie sich die Häufigkeit von Arten der untersuchten Organismengruppen während der letzten zwei bis drei Jahrzehnte verändert hat. Zudem wurde versucht, die Schutzgebiete gefährdende Umweltveränderungen zu identifizieren. Laurance und sein Team kommen zu dem Schluss, dass der überwiegende Teil der Schutzgebiete zum Erhalt tropischer Wälder beiträgt, jedoch in mehr als der Hälfte davon mit einem Rückgang der ursprünglichen Biodiversität zu rechnen ist.


Der Grosbeak Starling (Scissirostrum dubium) ist eine in Kolonien brütende Vogelart, die ausschließlich auf der indonesischen Insel Sulawesi (Indonesien) zu finden ist. Für die Anlage ihrer Bruthöhlen benötigt die Art große tote Bäume in der Waldrandzone, die durch die Intensivierung der Landnutzung an den Grenzen von Schutzgebieten zunehmend verloren gehen. (Foto: Christian H. Schulze)



"Das Beängstigende unserer Ergebnisse ist, wie weit verbreitet die Rückgänge von Arten in diesen Schutzgebieten bereits sind. Es sind nicht nur wenige Organismengruppen, sondern ein alarmierend breites Spektrum an Arten betroffen", so Carolina Useche vom Humboldt Institut in Kolumbien. Zu diesen Gruppen gehören unter anderem Großprädatoren, viele Primaten, in Fließgewässern lebende Fische und Amphibien.

Größte Gefahren: illegale Landnahme, Holzeinschlag und Wilderei

Am stärksten sind die Schutzgebiete von illegaler Landnahme, Wilderei und illegalem Holzeinschlag betroffen. Für Christian Schulze bestätigten sich diese Negativ-Erfahrungen leider auch bei seinen Forschungsaufenthalten im Lore Lindu Nationalpark in Zentral-Sulawesi, Indonesien. Kadiri Serge Bobo von der Universität Dschang in Kamerun hebt zudem die Bedeutung von Veränderungen außerhalb von Schutzgebieten hervor: "Im Umfeld von 85 Prozent der untersuchten Schutzgebiete kam es zu einem Rückgang der Waldbedeckung in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten." Abholzung in tropischen Ländern schreitet schnell voran, und die meisten Schutzgebiete werden große Teile der angrenzenden Waldflächen verlieren. Auch andere, außerhalb der Schutzgebietsgrenzen stattfindende Veränderungen und Eingriffe – wie Brände und illegaler Bergbau – wirken sich negativ auf das angrenzende Schutzgebiet aus.

Besserer Schutz von Nationalparks und Reservaten notwendig

Entscheidend für die Zukunft ist, Schutzgebiete besser zu sichern. Ein verstärkter Kampf gegen interne und externe Gefährdungsursachen sowie die Einbindung der lokalen Bevölkerung sind dabei wichtig. "Wir haben keine Wahl", ist William Laurance überzeugt: "Tropische Wälder sind die biologisch vielfältigsten Lebensräume unseres Planeten, und ein großer Teil ihrer Biodiversität wird ohne ausreichend gut geschützte Flächen verschwinden." (vs)

Das Paper "Averting biodiversity collapse in tropical forest protected areas" (AutorInnen: Laurance, William F. und 215 KoautorInnen) erschien am 19. Juli 2012 im Fachjournal "Nature".