Good Cop, Bad Cop: Die unterschiedlichen Rollen von Makrophagen im Immunsystem

Granatapfelkerne in Großaufnahme

Makrophagen sind wichtige Zellen des angeborenen Immunsystems. Sie bilden verschiedene Phänotypen aus, um unterschiedliche Aufgaben zu erledigen. Wie diese Plastizität durch Naturstoffe beeinflusst wird, untersucht Elke Heiß vom Department für Pharmakognosie in einem aktuellen FWF-Projekt.

"Makrophagen übernehmen sehr unterschiedliche Funktionen, sie töten Erreger ab, 'fressen' – phagocytieren – abgestorbene Zellen, und können Entzündungsprozesse fördern, aber auch hemmen", erklärt Elke Heiß vom Department für Pharmakognosie, die aktuell das FWF-Projekt "'Metabolische Immunmodulation' durch Naturstoffe" leitet: "Und nicht nur das, Makrophagen können durch Antigenpräsentation auch mit dem adaptiven Immunsystem kommunizieren."

Breites Aufgabenspektrum

Die naheliegende Frage bei einem derart breit gefächerten Aufgabenspektrum lautet natürlich: Wie schafft es ein einziger Zelltyp so viele Funktionen in sich zu vereinen? "Makrophagen können dazu zu unterschiedlichen Phänotypen polarisieren, die dann jeweils bestimmte Funktionen ausführen", so Heiß.

Zwei extreme Polarisierungstypen sind dabei die M1 und M2 Makrophagen. "Die beiden sind wie 'Good Cop, Bad Cop' – und könnten in ihren Funktionen nicht unterschiedlicher sein ", fasst die Biochemikerin zusammen. So töten M1 Makrophagen u.a. Erreger ab, initiieren Entzündungen, und helfen dabei, Tumore mit unseren eigenen immunologischen Waffen zu bekämpfen. M2 hingegen wirken anti-inflammatorisch: Sie terminieren Entzündungen, fördern die Wundheilung und ermöglichen es dem Tumor, der Immunabwehr zu entwischen.

Der Einfluss von Naturstoffen

Schaut man sich den Metabolismus, also den Stoffwechsel, von M1 und M2 Makrophagen an, sieht man auch deutliche Unterschiede. So vergärt der M1 Typ u.a. hauptsächlich Zucker zu Milchsäure (Glykolyse), der M2 Typ hingegen bevorzugt die Veratmung von Fettsäuren, um seinen Bedarf an Energie und Bausteinen zu decken. Kurz gesagt: Der Metabolismus bestimmt den Phänotyp. 

Elke Heiß beantwortet die Semesterfrage "Welche Wirkstoffe haben Zukunft?": "Naturstoffe werden  bei der Wirkstoffentwicklung wohl weiterhin eine wichtige Rolle spielen, weil neue Technologien ihre Isolation, Identifikation und die Aufklärung ihres Wirkmechanismus erleichtert haben, und sie  mit ihrer ungeheuren strukturellen Vielfalt die chemische Synthese von bioaktiven small molecules inspirieren können. Die Zukunft wird vermehrt auch den Biologicals gehören, die eine sehr hohe Target-Spezifität zeigen, und smarte Wirkstoffkombinationen." (Anm.: Biologicals sind Arzneistoffe, die mit Biotechnologie und gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden.) Zur Semesterfrage 

"Wir fragen uns daher nun im aktuellen FWF-Projekt: Lässt sich mit Naturstoffen der Stoffwechsel von Makrophagen verändern und so gezielt deren Polarisierung steuern? Und wenn ja, was passiert dabei auf molekularer Ebene?". Die momentan untersuchten Naturstoffe sind Urolithin A (ein mikrobielles Abbauprodukt von Ellagitaninnen, z.B. aus dem Granatapfel, im Darm) und Sulforaphan (z.B. aus Brokkoli), die bereits Wirkungen auf das Immunsystem gezeigt haben.

Marker, Energiequellen und Massenspektrometer 

Die Methoden, mit denen Elke Heiß zusammen mit zwei Doktorand*innen gerade diese Frage erforscht, umfassen neben der Kultivierung von (primären) Makrophagen, die Bestimmung des Polarisierungstyps über verschiedene Expressions-, Funktions- und Stoffwechselanalysen, sowie die Erfassung des gesamten Metabolitprofils mittels Massenspektrometrie. "Die in vitro Arbeit mit isolierten Makrophagen und Naturstoffen kann teilweise nur unzureichend komplexe Zell-Zell Interaktionen oder systemische und lokale Bioverfügbarkeiten berücksichtigen. Aber einzelne Aspekte lassen sich in einem ersten Schritt damit sehr gut und fokussiert untersuchen."

Kooperation mit Vienna Metabolomics Center und Med Uni Wien

In ihrem FWF-Projekt arbeiten Heiß und ihr Team eng mit dem Vienna Metabolomics Center und dessen Leiter Wolfram Weckwerth  zusammen sowie mit Thomas Weichhart, einem ausgewiesenen Experten im Bereich Makrophagenmetabolismus von der Med Uni Wien.

Was sich die Wissenschafterin erhofft? "Durch unsere Forschung die Wirkung von Naturstoffen auf das Immunsystem noch besser zu verstehen sowie neue Erkenntnisse über die Steuerbarkeit des Immunmetabolismus als möglichen Therapieansatz zu gewinnen." (td)

Elke Heiß ist assoziierte Professorin am Department für Pharmakognosie der Fakultät für Lebenswissenschaften an der Universität Wien. Seit Oktober 2019 leitet sie das auf dreieinhalb Jahre anberaumte FWF-Projekt "'Metabolische Immunmodulation' durch Naturstoffe". Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen u.a. Molekulare Mechanismen bioaktiver Naturstoffe, die Modulation der zellulären Stressresistenz durch Naturstoffe sowie die Bedeutung des zellulären Energiestoffwechsels für Signaltransduktion und Phänotyp. (© Pfluegl)