ERC Advanced Grant für Philosophen Martin Kusch
| 17. Dezember 2013Martin Kusch erhält einen mit rund 2,5 Mio. Euro dotierten ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates. Der Philosoph, seit 2009 an der Universität Wien, beschäftigt sich mit der sozialen Erkenntnistheorie, Wissenschaft als soziales und politisches Phänomen und der Philosophie Wittgensteins.
Die Förderung von grundlagenorientierter Pionierforschung ist einer der Schwerpunkte der Europäischen Union. Dafür wurde der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) geschaffen. Der ERC Advanced Grant ist die wichtigste europäische Forschungsförderung und unterstützt Projekte mit hohem Potenzial für Innovationen; er wird durch ein internationales Gutachtergremium mit renommierten ExpertInnen vergeben.
Forschungsprojekt von Martin Kusch
Eine relativistische Position besteht darauf, dass die Urteile bezüglich eines gegebenen Bereichs - z.B. eines Forschungsbereichs - nur relativ auf ein System von Standards wahr oder falsch, gerechtfertigt oder ungerechtfertigt sind. Für die Relativistin gibt es immer mehr als ein solches System. Und es gibt keinen neutralen Standpunkt, von dem aus ein solches System als das allein richtige ausgewiesen werden kann.
Kuschs Projekt "The Emergence of Relativism – Historical, Philosophical and Sociological Perspectives" zielt auf ein besseres Verständnis dieser einflussreichen Position. Ein erstes Ziel ist, die Entwicklung relativistischer Motive vor allem in der deutschsprachigen Kultur und Wissenschaft des 19. und frühen 20. Jahrhundert ideengeschichtlich zu erforschen. Das zweites Ziel lautet, wichtige Stadien dieses Prozesses wissenschaftssoziologisch zu erklären. Die Stärken und Schwächen verschiedener relativistischer Positionen besser herauszuarbeiten, ist das dritte Ziel.
Über Martin Kusch
Martin Kusch, geboren 1959 in Leverkusen/Deutschland, ist seit 2009 Professor für Angewandte Wissenschaftstheorie und Theorie des Wissens an der Universität Wien. 1986 erhielt Kusch das Lizenziat in Ideen- und Wissenschaftsgeschichte an der Universität Oulu/Finnland, 1989 promovierte er ebendort. Von 1989 bis 1990 war Kusch Postdoc an der Finnischen Akademie der Wissenschaften am Husserl-Archiv in Leuven und von 1989 bis 1992 Assistent an der Universität Oulu.
Als Gastprofessor ging Kusch für ein Jahr - von 1990 bis 1991 - an die Universität Toronto und 1993 war er Gastprofessor an der Universität Auckland. Anschließend war Kusch von 1993 bis 1996 Lecturer in der Science Studies Unit der Universität Edinburgh und von 1996 bis 1997 Fellow der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Max-Planck-Institut für psychologische Forschung in München. Der weitere Lebenslauf liest sich wie folgt: 1997 bis 2000 Lecturer, 2000 bis 2003 Reader, 2003 bis 2009 Professor für Wissenschaftsphilosophie und -soziologie an der Universität Cambridge. 2001 bis 2002 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und 2008 bis 2009 Fellow am Helsinki Collegium for Advanced Studies. Im Jahr 2008 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Finnischen Akademie der Wissenschaften und vier Jahre später zum Mitglied der Academia Europaea gewählt. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wissenschaftsphilosophie, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie und Wissenschaftssoziologie.
Insgesamt bereits 25 ERC Grants für die Universität Wien
Martin Kusch ist die zwölfte Forscherpersönlichkeit der Universität Wien, die einen ERC Advanced Grant erhält. Diese seit 2007 vergebene Forschungsförderung ging ebenso an Walter Pohl (Geschichte), Gerhard J. Herndl (Meeresbiologie), Herlinde Pauer-Studer (Philosophie), Tecumseh Fitch (Kognitionsbiologie), Michael Wagner (Mikrobielle Ökologie), Anton Zeilinger und Markus Arndt (Physik), Monika Henzinger (Informatik) sowie Adrian Constantin, Walter Schachermayer und Ludmil Katzarkov (alle Mathematik). Dank elf weiterer ERC Starting Grants, eines ERC Consolidator Grants und eines ERC Proof of Concept liegt die Universität Wien nunmehr bei 25 ERC-Förderungen. (vs)