Die Opern-Gurus: Wie eine neue App unseren Zugang zu Opern verändern möchte
| 04. September 2015"Bitte schalten Sie Ihr Handy aus!". Diese Aufforderung wird vor fast jeder Opernaufführung an das Publikum gerichtet. Doch das könnte sich bald ändern: Gemeinsam mit einem Team von Studierenden hat Peter Reichl, Professor für Informatik (Kooperative Systeme) an der Universität Wien, eine neue App entwickelt, die das Erleben und Verstehen von Opernübertragungen vereinfachen soll.
Was für eingefleischte OpernfreundInnen kein Problem darstellt, kann für Neulinge mitunter zur Herausforderung werden: Worum geht es in der Handlung? Und worüber singen die auf der Bühne eigentlich gerade? Untertitel sollen das Verstehen von Opern vereinfachen, doch gibt es sie meist nur in einer Sprache, oft ziemlich poetisch formuliert und nicht immer einfach zu verstehen und zuzuordnen.
Gemeinsam mit Studierenden möchte Informatikprofessor Peter Reichl, selbst leidenschaftlicher Opernfreund und Musiker, das nun ändern. Im Rahmen eines Bachelor-Seminars entwickelte sein Team an der Universität Wien die innovative Handy-App "opera.guru", hauptsächlich für Open Air-Aufführungen oder -Übertragungen. "Im Gegensatz zu klassischen Untertiteln liefert 'opera.guru' den UserInnen eine kurze und einfach gehaltene Inhaltszusammenfassung parallel zur Handlung. Und das in einer Sprache ihrer Wahl, individuell und kostenlos auf das eigene Smartphone. Wir nennen das 'Smart Subtitles' und möchten damit den Zugang zu Opern erleichtern", erklärt Peter Reichl. Damit die Köpfe des Publikums weiterhin auf die Bühne oder Leinwand und nicht permanent nach unten gerichtet sind, fasst "opera.guru" zum Beispiel jede Arie in etwa ein bis zwei Sätzen zusammen.
Die von den Informatikern der Universität Wien entwickelte App "opera.guru" bietet eine kurze, synchron zur Vorstellung mitlaufende Zusammenfassung der Handlung. Die App kann gratis auf alle Handys heruntergeladen werden und nach nur zwei Klicks ist man mitten im Geschehen.
Individuelle Sprachauswahl
Derzeit stehen den UserInnen sechs Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und Russisch – weitere sollen folgen. "Gerade für TouristInnen ist die Möglichkeit der individuellen Sprachauswahl ein großer Mehrwert", so Thomas Schmidt, der gemeinsam mit Studienkollege Bernhard Schatzl im Rahmen ihrer Bachelorarbeiten die Applikation konzipierte und entwickelte.
Kooperation mit der Wiener Staatsoper
In Kooperation mit der Wiener Staatsoper hat das Team die App diesen Sommer bei den "Oper live am Platz"-Übertragungen am Karajan-Platz getestet. "Die Reaktionen vor allem von ausländischen Gästen waren äußerst positiv und motivierend", so Bernhard Schatzl. Auf die Motivation und den Enthusiasmus seiner Studierenden ist auch Peter Reichl stolz: "Der Einsatz aller Beteiligten ging weit über den üblichen Umfang einer Bachelorarbeit hinaus."
Wissenschaft trifft Alltag
Bei der Entwicklung der App galt es auch, ganz praktische Probleme und Designfragen zu lösen. "Das Design von 'opera.guru' beispielsweise ist bewusst dunkel gehalten, um keinesfalls die SitznachbarInnen zu stören", erklärt der technische Koordinator des Projekts, Christian Löw, der für den Support auch auf die Unterstützung weiterer Studierender, wie etwa Valon Lushaj, zählen kann.
Als weiteres Feature bietet die App einen moderierten Chat an, in dem sich die BesucherInnen vor Ort austauschen können.
Einsatz beim FilmFestival auf dem Wiener Rathausplatz
Am Freitag, 4. September 2015, wird Giuseppe Verdis Oper "Rigoletto" live aus der Wiener Staatsoper auf eine 300 Quadratmeter große Leinwand am Rathausplatz übertragen. Mit diesem musikalischen Highlight wird nicht nur die Opernsaison eröffnet und das 25. FilmFestival auf dem Wiener Rathausplatz beendet, sondern auch "opera.guru" zum ersten Mal vor großem Publikum eingesetzt. "Wir sind sehr gespannt", so Peter Reichl: "Und denken bereits in die Zukunft. Die Anwendungsmöglichkeiten der App sind ja fast unendlich." Wundern Sie sich also nicht, wenn es vielleicht schon bei Ihrem nächsten Opernbesuch heißt: "Bitte schalten Sie Ihr Handy an!" (mw)