Globale Ressourcen-Fairness zwischen Rohstoffhunger und Konflikten

Vom 4. bis zum 6. Dezember fand in Wien die erste Österreichische Konferenz zu Internationaler Ressourcenpolitik statt. Mitveranstalter war u.a. Politologe Ulrich Brand von der Universität Wien. 150 TeilnehmerInnen tauschten sich auf der dreitägigen Veranstaltung aus.

Ein Blick in die Medien genügt, um die wachsende Bedeutung natürlicher Ressourcen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft festzustellen. Gaslieferungen aus Russland, die Verschärfung des Klimawandels, der derzeit sinkende Ölpreis, die zunehmend aggressive Ressourcenpolitik der Europäischen Union und der "Ressourcenhunger" der Schwellenländer sind nur einige Stichworte dazu.

Dementsprechend nehmen Konflikte um Zugang zu und Kontrolle über Ressourcen zu. Das gilt auch in Bezug auf die Verteilung der Renten und Gewinne, die sich aus deren Nutzung ergeben. Damit stellen sich Fragen der fairen Nutzung und Verteilung, von internationalem Wettbewerb und politischer Gestaltung, von Arbeitsbedingungen und Menschenrechten, von ökologischer Zerstörung und Gerechtigkeit.


Mitorganisator Ulrich Brand vom Institut für Politikwissenschaften der Universität Wien.



Konferenz: Internationale Ressourcenpolitik


Das Thema ökologische Zerstörung und Gerechtigkeit standen auch im Zentrum der Anfang Dezember erstmals stattfindenden Österreichischen Konferenz zu internationaler Ressourcenpolitik, die als Kooperation zwischen der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE), dem Institut für Geographie der Universität Innsbruck und dem Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien veranstaltet wurde. Die Organisatoren arbeiten seit einigen Jahren im Forschungsverbund "Faire Ressourcenversorgung" zusammen.


Philosoph Thomas Pogge von der Yale University sprach bei der Auftaktveranstaltung über "Ressourcen-Privilege".



Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung vor über 200 Interessierten stellte Thomas Pogge Überlegungen zum "Ressourcen-Privileg", demzufolge der Norden die Eigentumsrechte von Regierungen des Südens an den natürlichen Ressourcen ihres jeweiligen Landes anerkennt, unabhängig davon ob es sich um eine demokratische oder autoritäre Regierung handelt. Das Ressourcen-Privileg kommt daher den Regierungen des globalen Südens und nicht den Menschen in den jeweiligen Ländern zu. Internationale Politik, so der an der Yale University lehrende politische Philosoph, sollte durch einen globalen Ressourcenfonds oder mittels Anreizen für die Diffusion grüner Technologie diese Konstellation aufbrechen.

Die Politologin Kristina Dietz von der FU Berlin kritisierte in ihrem anschließenden Kommentar, dass die vielen lokalen Initiativen im Rahmen der Konflikte um Umweltgerechtigkeit durch diese globale Top-down-Perspektive ignoriert werden. Isabell Feichtner, Juristin an der Goethe-Universität Frankfurt/Main fokussierte wiederum auf die Rolle des internationalen Rechts, das gegenwärtig eher Teil des Problems als der Lösung ungerechter Ressourcennutzung sei.


Über 200 BesucherInnen folgten gespannt der Auftaktveranstaltung der ersten Österreichischen Konferenz zu Internationaler Ressourcenpolitik.


 
In einer weiteren Plenarsitzung wurde der verstärkte Fokus auf die Extraktion von natürlichen Ressourcen in vielen Ländern des globalen Südens diskutiert und mit Entwicklungsperspektiven und Konflikten durch eine solche Spezialisierung in Verbindung gebracht. Maristella Svampa von der Universität Nacional de La Plata in Argentinien schlägt für diese Entwicklung den Begriff des Extraktivismus bzw. Neo-Extraktivismus vor und skizzierte die Implikationen dieses Modells für Lateinamerika.


Key-Note-Speaker und Aktivist Khin Zaw Win aus Myanmar berichtete von den enormen Dynamiken in dem sich seit 2010 öffnenden Land und fand den Begriff auch für das südostasiatische Land plausibel.



Martin Coy von der Universität Innsbruck plädierte mit Blick auf Brasilien und den dort stattfindenden Re-Industrialisierungsprozessen dafür, den Begriff nicht zu umstandslos anzuwenden. In der Plenarveranstaltung zu nationaler und internationaler Governance von Ressourcen stellte Chris Armstrong, University of Southhampton, die nationale Souveränität über natürliche Ressourcen im Hinblick auf globale Gerechtigkeit in Frage. Demgegenüber sah Karin Küblböck (ÖFSE) nicht zuletzt in der Rückgewinnung nationaler Kontrolle über natürliche Ressourcen ein Möglichkeitsfenster für Fairness, wenn Regierungen höhere Preise und Nachfrage für eine Neuverhandlung von Konzessionen, mehr Steuertransparenz und Preisstabilisierung nutzen.

Diskussion aktueller Forschungsergebnisse


In den knapp 20 Workshops wurden diese zentralen Fragen anhand von aktuellen Forschungsergebnissen vertiefend diskutiert. Es zeigte sich, dass Fragen der Landnutzung entscheidend für das Verständnis von derzeitigen Ressourcenkonflikten sind, insbesondere auf lokaler Ebene.


In zahlreichen Arbeitsgruppen wurden aktuelle Forschungsergebnisse diskutiert.



Neben den Einsichten aus der Analyse von konkreten Konfliktkonstellationen und den involvierten Akteuren wurden auch globale Modelle und Berechnungen für die Bewertung von Ressourcen-Fairness vorgestellt. Darauf aufbauend wurden theoretische Perspektiven und Argumente für Ressourcen-Fairness ebenso wie konkrete Möglichkeiten der Umsetzung auf unterschiedlichen politischen Ebenen diskutiert.

Fazit aus der Konferenz

Die Konferenz verdeutlichte, dass vor dem Hintergrund von steigender Nachfrage nach natürlichen Ressourcen und sozialen und ökologischer Kosten, die mit dem Abbau und der Nutzung ebendieser verbunden sind, Fragen von Gerechtigkeit und Fairness intensiverer wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Auseinandersetzung bedürfen.


In einer abschließenden Plenarsitzung wurde von Christoph Görg vom Umweltforschungszentrum Leipzig (li. im Bild) in diesem Zusammenhang die entscheidende Rolle von transdisziplinärer Forschung, d.h. der Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren in der Forschung, hervorgehoben. (Alle Fotos: ÖFSE)



Zum Abschluss der drei Tage bestand bei den TeilnehmerInnen der große Wunsch, der ersten Österreichischen Konferenz zu Internationaler Ressourcenpolitik eine zweite folgen zu lassen. (red)

Ulrich Brand ist Professor für Internationale Politik, Christina Plank ist Dissertantin und Melanie Pichler Universitätsassistentin, alle drei am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Sie waren im Organisationsteam der Konferenz und sind Mitglieder der Forschungsgruppe Internationale Politische Ökologie.