Auf Humboldts Spuren in Teneriffa (Teil 2)
Gastbeitrag der ExkursionsteilnehmerInnen | 22. September 2017Lavahöhlen, Bananenplantagen und Waldbrände: Eine zehntägige Exkursion führt Geographiestudierende der Uni Wien unter der Leitung von Sabine Kraushaar auf die Vulkaninsel Teneriffa. Für uni:view berichten sie in Teil zwei von den letzten Tagen ihrer Exkursion.
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Lavahöhlen entstehen durch Pahoehoe Lava, wobei die Oberfläche abkühlt und erstarrt und der Lavafluss unterirdisch weiter fließt. Mit versiegendem Lavanachfluss entstehen Hohlräume. Zu typischen Strukturen in Lavahöhlen gehören feine Lavatröpfchen an der Decke, die durch spritzende Lava entstehen. Des Weiteren kommt es zu Stufenbildungen durch verschiedene Niveaus der Lavaströme am Rande des Tunnelbodens. (Foto: Dorothée Post)
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Morphologisch kann Basalt in zwei Typen Lava unterschieden werden: AA Lava besteht aus zähflüssiger Lava, die zwischen 600 und 800 Grad Celsius heiß ist. Nach der Auskühlung ist die Oberfläche rau und körnig, während Pahoehoe Lava eine Temperatur zwischen 1000 und 1200 Grad aufweist und bei der Auskühlung strickförmige Strukturen (siehe Foto) oder Kissenlava bildet. (Foto: Dorothée Post)
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Die Guanchen waren die BewohnerInnen Teneriffas, die vor der Eroberung der Spanier im Jahr 1495 die Insel besiedelten. Sie nutzten neben Hütten auch die Lavahöhlen auf der Insel zur Lagerung von Vieh und Nahrungsmitteln oder als Grabstätten. Heute ist nur noch wenig über ihre Lebensweise bekannt, man findet jedoch an vielen Orten der Insel Monumente, die an wichtige Persönlichkeiten der Guanchen erinnern. In diesem Bild ist beispielsweise Bentor zu sehen, der die letzte Rebellion gegen die Spanier vor der Eroberung anführte und sich nach der Niederlage von einem Felsen in den Tod stürzte. (Foto: Dorothée Post)
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Auf einer Mole in Garachico, die auf einem Ausläufer des Islas Bajas Lavastroms erbaut wurde, diskutieren wir die wichtigsten Prozessabläufe und Einflussfaktoren des Risikomanagements auf Teneriffa, besonders in Bezug auf die vulkanische Aktivität. Im Falle eines Ausbruches des Teides befinden sich die sichersten Regionen im Bereich unterhalb der Calderawand des ursprünglichen Vulkans Pico de Cañadas, wohingegen besonders die Region innerhalb der Caldera sowie die Flächen unterhalb der nördlich liegenden kollabierten Calderawand im Ernstfall besonders bedroht sind. Die größten Gefährdungen für den Menschen gehen besonders von Laharen und phyroklastischen Strömen aus. (Foto: Julia Schenk)
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Frau Mielenhausen, unsere Gastgeberin und Besitzerin einer großen Bananenplantage in Icod de los Vinos, gibt uns in einem 20-minütigen Vortrag einen tieferen Einblick in ihren Arbeitsalltag. Erst das dreißigste Blatt einer Bananenstaude bildet den Fruchtstand aus, welcher nach sechs Monaten Bananen mit einem Gesamtgewicht von rund 50 kg trägt. Die zu mehr als der Hälfte mit EU-Subventionen geförderten Bananen werden zum Großteil auf das spanische Festland exportiert. (Foto: Sarah Mlekusch)
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Die erste Hälfte der Exkursion verbringen wir in Icod de los Vinos im Norden Teneriffas. Der nördliche niederschlagsreichere Teil der Insel ist durch den feuchten Nord-Ost-Passatwind geprägt, was wir u.a. in den immergrünen Lorbeerwäldern des Anaga-Gebirges beobachten können. Für die letzten Tage der Exkursion übersiedeln wir in den trockenen und kaum von Vegetation bedeckten Süden, um uns Themen wie dem Wassermanagement auf der Insel zu widmen. (Foto: Dominik Kronschläger)
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Am Donnerstag begeben wir uns als TaucherInnen und SchnorchlerInnen ans Meer, um die Flora und Fauna an der Küste zu erkunden. Nach einem kurzen Überblick über die Unterwasserwelt Teneriffas legen wir unsere Ausrüstung an und begeben uns auf die Suche nach Fischen, Korallen und Schildkröten. Trompetenfisch, Papageienfisch, Spinnenkrabbe und diverse Brassen sind nur einige der Lebewesen, die wir dabei beobachten. (Foto: Peter Koller)
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Am siebten Tag der Exkursion wandern wir durch die Masca Schlucht im Teno Gebirge im Nordwesten von Teneriffa. Das Teno Gebirge bildete sich vor 5,5 bis 7 Millionen Jahren. Während des Pleistozäns kam es aufgrund höherer Niederschläge zu einer verstärkten fluvialen Erosion, wodurch die Masca Schlucht entstand. Die Südflanke der Schlucht ist höher als die Nordflanke. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Nordflanke nach Süden exponiert ist und dadurch eine höhere Sonneneinstrahlung erfährt, was zu stärkerer physikalischer Verwitterung führt. Die Gesteine des Teno Gebirges lassen sich in zwei Basaltserien unterteilen, dessen Mineralien sich durch eine Änderung des Erdmagnetfeldes entgegengesetzt ausgerichtet haben. Zwischen den unterschiedlich alten Basalten befindet sich eine Diskordanz, die sich aus Brekzien zusammensetzt. Auf dem Foto sieht man vertikale Linien an den Steilwänden des Teno Gebirges. Dabei handelt es sich um Dykes, die durch Magma entstanden sind, welches in Klüfte eingedrungen und in Form von horizontalen Säulen erstarrt ist. (Foto: Sarah Elise Sapper)
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In der Masca Schlucht stoßen wir erstmals auf Süßwasser an der Oberfläche. Dieses ist anhand von Zeigerpflanzen für Feuchtigkeit wie Schilf, Binsen und Bambus bereits aus der Ferne erkennbar. Eine Seltenheit, da es auf Teneriffa weniger als zehn permanent wasserführende Gerinne gibt. Die Ursache dafür ist das poröse Vulkangestein im Untergrund, durch welches der Niederschlag zum größten Teil versickert und nicht oberflächlich abfließt. Im 20. Jahrhundert kam es zusätzlich zu einem Rückgang der Fließgewässer aufgrund der Wasserentnahme für Landwirtschaft und Tourismus. Die existierenden Fließgewässer lassen sich in den sogenannten "Barrancos" (meist Trockentäler) wie etwa dem durchwanderten Barranco de Masca, finden. Die Einzugsgebiete sind generell klein und im Nordwesten von geringer Länge. Der Großteil des Süßwassers auf Teneriffa wird heutzutage über künstlich angelegte, meist horizontal in den Vulkan getriebene Galerías und Brunnen gefördert. (Foto: Sarah Elise Sapper)
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Der Weg die Masca Schlucht hinab führt uns ans Meer zur Steilküste von Los Gigantes. Geschützt vor der Erosionswirkung der Wellen konnte sich in dieser Bucht ein kleiner Sandstrand ausbilden, der nach der Wanderung eine willkommene Abkühlung darstellt. Die Nord- und Südküste Teneriffas unterscheidet sich deutlich in Bezug auf ihre Morphologie. Hier im Norden dominieren Steilküsten mit einem 50 bis 100 Meter hohen Kliff, während im Süden wesentlich niedrigere Steilküsten sowie Flachküsten zu finden sind. Durch die Erosionskraft der Wellen wird das Kliff in der Höhe der Wasseroberfläche angegriffen. Gestein bricht am Fuße des Kliffs heraus und eine Brandungshohlkehle bildet sich aus. Dieser Hohlraum, welcher als schwarzer Streifen knapp oberhalb des Wassers zu sehen ist, wird stetig durch die Wellen vertieft bis das Kliff darüber instabil wird und nachbricht. Durch diesen Prozess weicht die Küstenlinie stetig zurück. (Foto: Sarah Elise Sapper)
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Am nächsten Tag treffen wir Pia Louw, Direktorin der Werbeabteilung von Webtenerife, der privaten und staatlichen Tourismusstelle, um Einblicke in die rezenten und zukünftigen Tourismusstrategien der Insel zu erhalten. Mit über 5,5 Millionen BesucherInnen pro Jahr ist Teneriffa eine florierende Tourismusdestination. Der Sektor stellt ein bedeutendes wirtschaftliches Standbein dar. Ein Drittel des BIP wird in diesem Sektor erwirtschaftet und 35 Prozent der Bevölkerung sind in der Tourismusbranche beschäftigt. (Foto: Steven Ottinger)
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Nach einer einführenden Präsentation haben wir die Möglichkeit, unsere Fragen zu den verschiedenen Facetten wie Nachhaltigkeit, Wassermanagement, Zielgruppen und Zukunftsstrategien zu stellen. Besonders interessieren uns der Umgang mit begrenzten ökologischen Ressourcen und die naturräumlichen Auswirkungen dieser Entwicklung. Es wird diskutiert, inwiefern die Zunahme an TouristInnen und der Ausbau von Hotelkomplexen mit der lokalen Kultur und dem Naturschutz vereinbar sind. Aktuell sind 8.900 neue Betten geplant und über 20.000 werden renoviert. (Foto: Steven Ottinger)
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Anschließend widmen wir uns der historischen Stadtentwicklung und erhalten eine Führung in der Stadt La Laguna, die im Jahr 1479 erbaut wurde. Die Stadtentwicklung griff in der Renaissance das Dreieck von Platon aus der Antike auf. La Laguna unterteilte sich damals in die drei funktionell getrennten Stadtteile Politik, Militär und Handel. Diese Grundstruktur ist, durch koloniale Beziehungen, auch in vielen Städten Südamerikas auffindbar. Beispiele dafür sind unter anderem San Juan und San Antonio. (Foto: Ulrich Zangerl)
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Als letzter Programmpunkt des Tages referiert Oliver Rehberger über das Thema Waldbrände und die Einsatzmöglichkeiten von fernerkundlichen Methoden in diesem Bereich. Von einem Standort in Mittelhanglage südlich des Teides sehen wir die – durch den Waldbrand nach oben verschobene – Kiefernwaldlinie und junge Aufforstungen. Waldbrände stellen für Teneriffa eine allgegenwärtige Gefahr dar und werden großteils durch menschliches Handeln verursacht. Dies bedingt nicht zwangsläufig eine Zerstörung des vorhandenen Ökosystems, sondern ist für das Überleben bestimmter Arten notwendig. Satellitenbilder ermöglichen durch die Einordnung der Reflexionswerte von nahen und sichtbaren Infrarot eine Unterscheidung von vitaler und nicht vitaler Vegetation – und damit eine Abschätzung des Schadensausmaßes. Dies unterstützt die Einsatzkräfte bei ihrem unmittelbaren Vorgehen im Falle eines Waldbrandes. (Foto: Steven Ottinger)
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Der letzte Exkursionstag führt uns vormittags zum "Instituto Tecnológico y de Energías Renovables" (ITER), wo unser thematischer Schwerpunkt im Bereich der erneuerbaren Energien liegt. Das 1990 gegründete Institut, bestehend aus drei Teilbereichen (Windenergie, Photovoltaik und Datenauswertung), soll u.a. die Stromversorgungssicherheit auf Teneriffa langfristig garantieren. Die Kanarischen Inseln beziehen derzeit nur 7,4 Prozent ihres Stroms aus erneuerbaren Energien (Wind und Solar). Neben technischen Einblicken in die Windenergieerzeugung besichtigen wir auch bioklimatische Häuser, die von TouristInnen gemietet werden können. (Foto: Ulrich Zangerl)
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Anschließend geht es zur Complejo Ambiental (Umweltkomplex), der einzigen in Betrieb stehenden Müllaufbereitungsanlage und Deponie auf der Insel Teneriffa. Das Hauptgebäude stellt den Eingang zum Umweltkomplex dar, wo täglich 2.000 Tonnen Haushaltsmüll der Insel abgefertigt werden. Den größten Teil des Areals machen die vier Deponien aus. (Foto: Oliver Rehberger)
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Jede der Deponien hat eine Höhe von ca. 150 Meter und wurde aus zwei bis fünf Jahren deponiertem Haushaltsmüll von der Insel aufgeschüttet. Bei der Deponierung des Restmülls wird auf eine geringe Belastung der Umwelt geachtet, indem mit Layern aus PVC, Geotextil und Bentonit der Unterboden geschützt und die Entgasung permanent kontrolliert wird. (Foto: Ulrich Zangerl)
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Ein letztes Mal fährt die Exkursionsgruppe in die Cañadas Richtung Pico del Teide zu einem von 50 IUCN (International Union for Conservation of Nature) ausgewiesenen Lichtschutzgebiete. Hier befindet sich das weltweit größte Observatorium zur Sonnenbeobachtung. Aufgrund der geringen Lichtverschmutzung sind dort besonders viele Sterne auszumachen. Den Abschluss des Tages und damit der gesamten Exkursion bildet eine Reflexion samt Feedback der letzten neun Tage. (Foto: Sarah Elise Sapper).
Die Fachexkursion nach Teneriffa fand von 9. September bis 19. September 2017 unter der Leitung von Dipl.-Geogr. Dr. Sabine Kraushaar vom Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien statt. Den Beitrag verfassten die Studierenden David Keil, Dorothée Post, Eva Zand, Peter Koller, Dominik Kronschläger, Sarah Mlekusch, Simone Altmann, Markus Meller, Sarah Elise Sapper, Clarissa Lämmel, Steven Ottinger, Ulrich Zangerl, Oliver Rehberger, Armin Schneilinger und Andrea Vetter für uni:view.