Susanne Reindl-Krauskopf: Gesellschaftliche Verantwortung als juristisches Selbstverständnis

Ob Internetkriminalität, Korruption oder Telefonüberwachung: Die Rechtswissenschafterin Susanne Reindl-Krauskopf beschäftigt sich mit rechtlich, politisch und gesellschaftlich hochbrisanten Themen. Seit Mai 2010 hat die gebürtige Oberösterreicherin die Professur für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät inne. Am Montag, 2. Mai 2011, 17 Uhr, hält sie ihre Antrittsvorlesung zum Thema "Strafjustiz versus Unabhängiger Verwaltungssenat: Wer kontrolliert die Kriminalpolizei?".

JuristInnen leisten bei ihrer Sponsion den Schwur, sich für die Gleichheit und Würde des Menschen einzusetzen. Eine Vorbildwirkung, die für Susanne Reindl-Krauskopf zentrale Bedeutung einnimmt: "Ich habe in meinem Beruf die Chance, gestalten zu können. Untrennbar verbunden sind damit Verantwortung und Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Diese braucht ein ausgewogenes Gerüst an Regeln, welches auch die Probleme der jeweiligen Zeit erkennt. Dabei muss ich darauf achten, dass niemand übervorteilt wird – besonders jene nicht, die ihre Interessen nicht artikulieren können."

Frühe Begeisterung

Schon früh hat sich die im Mai 2010 am Institut für Strafrecht und Kriminologie berufene Professorin für die Rechtswissenschaften begeistert. Nach Absolvierung des ersten Studienabschnitts in Linz wechselte sie an die Universität Wien. Mit nur 23 Jahren wurde Reindl-Krauskopf Assistentin am damaligen Institut für Strafrecht unter Helmut Fuchs. Den Institutsvorstand und heutigen Vorsitzenden des Senats beschreibt sie als "prägende Persönlichkeit: in seiner Art, wie man an Probleme herangeht, im Umgang mit Studierenden und im Ermöglichen einer offenen Diskussionskultur am Institut."

Diese Umgebung verließ Reindl-Krauskopf zwischenzeitlich, um als Rechtsreferentin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu arbeiten. "Dort herrschte nach einer grundlegenden Reform Aufbruchsstimmung und ein neues Selbstverständnis", so die Juristin, die Frankreich bereits während ihres Studiums im Rahmen eines Auslandssemester in Dijon kennengelernt hat.

Unabhängigkeit als zentraler Wert


Warum aber keine Tätigkeit bei internationalen Organisationen oder als Anwältin? "Ich genieße die Unabhängigkeit. Die akademische Freiheit garantiert mir zu vertreten, was meine Überzeugung ist. Eine Parteienvertreterin hingegen heißt nicht umsonst so", sagt Reindl-Krauskopf mit einem Lächeln.

Ihre Professur umfasst die Bereiche Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie. Im ersteren widmet sich die Juristin neben Korruption sowie anderen Bereichen des Wirtschaftsstrafrechts u.a. dem Computer- und Internetstrafrecht. Sie behandelt dabei so sensible Themen wie Kinderpornographie oder Phishing – der Versuch, an Daten von Internet-NutzerInnen zu gelangen, etwa über gefälschte Eingabemasken beim Online-Banking.

Nachschärfen beim "Mafia-Paragrafen"

Mit großem Interesse verfolgt Reindl-Krauskopf die aktuellen Debatten, beispielsweise um den derzeitigen Prozess gegen TierschützerInnen, die wegen Bildung einer kriminellen Organisation nach dem sogenannten "Mafia-Paragrafen" – §278a des Strafgesetzbuchs – angeklagt sind. "Alle Organisationsdelikte haben den Nachteil, dass sie furchtbar vage gehalten sind", kritisiert sie und empfiehlt, der Gesetzgeber müsse an dieser Stelle nachschärfen und den Tatbestand präziser fassen.

Antrittsvorlesung im Kontext eines neuen Forschungszentrums

Im Strafprozessrecht gilt ihr Interesse geheimen Überwachungsmaßnahmen wie Lauschangriff, Telefonüberwachung und Rasterfahndung. Ein entsprechendes Forschungszentrum an der Schnittstelle von Polizei- und Justizwissenschaften wird derzeit an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät aufgebaut, geleitet von Susanne Reindl-Krauskopf.

Einblicke in diesen Themenbereich bietet die Professorin am 2. Mai in der Antrittsvorlesung zum Thema "Strafjustiz versus Unabhängiger Verwaltungssenat: Wer kontrolliert die Kriminalpolizei?". Mit dem Inkrafttreten der Strafprozessreform 2008 wurde die Polizei der Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit unterstellt. Dies widerspreche jedoch der Gewaltenteilung, urteilte der Verfassungsgerichtshof im vergangenen Jahr; die Kontrolle erfolgt seitdem wieder durch den Unabhängigen Verwaltungssenat. Reindl-Krauskopf beleuchtet die Konsequenzen dieses Entscheides, zum Beispiel für Beschuldigte bei der Akteneinsicht.

Verantwortung auch in der Lehre

Der Lehre misst Reindl-Krauskopf, seit Oktober 2010 auch Vizedekanin der Fakultät, zentrale Bedeutung bei: "Verantwortung gilt auch hier. Jung-JuristInnen müssen eine gute Ausbildung erhalten; es hilft nichts, wenn sie zwar bereit sind zu gestalten, aber nicht wissen, mit welchen Mitteln." Außerdem sei es für sie immer wieder spannend und herausfordernd, zu sehen, wie die Studierenden an ein Problem herangehen – etwa in ihrer Lehrveranstaltung "100 Fragen zum Strafprozess" im Sommersemester 2011. Eine Lieblingsfrage habe sie dabei nicht, winkt die Professorin ab.

Ebenso wenig vermisst die gebürtige Linzerin ihre oberösterreichische Heimat: "Die Universität Wien war mein berufliches Ziel und dasselbe gilt für die Stadt sowie die tolle Umgebung." Wien tauscht Reindl-Krauskopf höchstens gegen Burgen, Schlösser und Stifte ein, wohin es sie in ihrer spärlich bemessenen Freizeit zieht. (ad)


Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf, Professorin für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie am Institut für Strafrecht und Kriminologie, zum Thema "Strafjustiz versus Unabhängiger Verwaltungssenat: Wer kontrolliert die Kriminalpolizei?" findet am Montag, 2. Mai 2011, um 17 Uhr gemeinsam mit Univ.-Prof. DDr. Peter Lewisch, ebenfalls Institut für Strafrecht und Kriminologie, im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.