Peter Lewisch: Über den juristischen Tellerrand schauen

Das Rechtssystem erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Es sichert den Frieden und trägt zur Wohlstandssteigerung bei. Wird das gesetzliche Regelwerk korrigiert, verbessert sich auch das Zusammenleben der Menschen. Auf der Suche nach Reformen setzt der Jurist und Volkswirt Peter Lewisch, seit März 2011 Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht am Institut für Strafrecht und Kriminologie, auf einen interdisziplinären Ansatz, der sich auch von der Ökonomie inspirieren lässt. Am Montag, 2. Mai 2011, 17 Uhr, hält er seine Antrittsvorlesung zum Thema "Wirtschaft – Strafrecht – Wirtschaftsstrafrecht".

"Im Nachhinein betrachtet war es eine gute Entscheidung, sowohl Jus als auch Volkswirtschaft zu studieren", erinnert sich Peter Lewisch an die Anfänge seiner akademischen Karriere. "So habe ich gelernt, über den juristischen Tellerrand zu schauen. Heute kann ich gar nicht mehr anders denken", so der gebürtige Wiener, der im Laufe seiner Karriere mehrere Forschungsaufenthalte in den USA – etwa an den Universitäten Harvard, Cornell und Yale sowie am Center for Public Choice in Fairfax – absolviert hat und dabei u.a. so renommierte Persönlichkeiten wie den Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, James M. Buchanan, kennenlernen durfte.

Interdisziplinärer Brückenschlag

"James M. Buchanan war es auch, der mich schon früh auf die Beschäftigung mit Fragen der Rechts- und Institutionenökonomie gebracht hat", so Lewisch, dessen interdisziplinärer Zugang stark von den Theorien des US-Nobelpreisträgers geprägt ist: "Ich glaube daran, dass es der Juristerei gut tut, ihre Fühler auch in andere Bereiche auszustrecken."

Er selbst interessiert sich neben seinen klassisch juristischen Forschungsschwerpunkten Strafprozessrecht, Wirtschaftsrecht und Verfassungsrecht besonders für die Disziplin Wirtschaftswissenschaften. Daneben kann er sich aber auch für Aspekte der Psychologie begeistern: "Die Frage, wie die Menschen Anreize verarbeiten, die ihnen die Rechtsordnung bietet, ist ungemein spannend. Hier stoßen wir in Bereiche der Neuroökonomie – der Verknüpfung von Neuro- und Wirtschaftswissenschaften – vor, die auch unmittelbar Einsichten in die Abläufe bei Strafentscheidungen erlaubt."

Generalist und Anwalt


Auch was die Beschäftigung mit rechtswissenschaftlichen Themen betrifft, sieht sich der neue Professor weniger als Spezialist für einzelne Fachbereiche denn als Generalist, der sich mit der gesamten Breite des Rechtssystems auseinandersetzt. Dies ist wohl auch dem Umstand zu verdanken, dass er nicht nur Wissenschafter, sondern auch praktizierender Anwalt bei der Kanzlei Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati ist. "Es gibt kaum ein Gebiet des österreichischen Rechts, das mir in den letzten 15 Jahren nicht in der einen oder anderen Form, wenn auch vielleicht nur am Rande, untergekommen ist."

Doch wie lässt sich der Beruf als Anwalt mit den zeitaufwändigen Aufgaben eines Universitätsprofessors vereinbaren? "Mein Vertrag mit der Universität sieht vor, dass ich meine anwaltschaftliche Tätigkeit in eingeschränktem Umfang weiterführen kann. Die Priorität liegt aber absolut auf meiner Professur", erklärt Lewisch, der überzeugt ist, dass die getroffene Regelung für alle Beteiligten Vorteile bringt: "Für die Studierenden ist es sicher gut, wenn sie einen Vortragenden haben, der eine Sache nicht nur lehrt, sondern auch lebt."

Sokratischer Lehrender

Der starke Praxisbezug ist in den Lehrveranstaltungen von Lewisch deutlich spürbar: Mit seinen StudentInnen besucht er regelmäßig Gerichtsverhandlungen. "Eine umfassende theoretische Bildung ist wichtig, um mit neuen Problemen und Fragestellungen umgehen zu können. Eine gute juristische Ausbildung muss die Studierenden aber auch darauf vorbereiten, Probleme in der Praxis bewältigen zu können", erläutert der neue Professor.

In der Lehre selbst sieht sich Lewisch, der für seine wissenschaftliche Arbeit bereits mit mehreren Preisen – etwa dem Leopold-Kunschak-Preis, dem Figdor-Preis für Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften oder dem Kardinal-Innitzer-Preis – ausgezeichnet worden ist, als Vertreter der "sokratischen Methode": "Die StudentInnen müssen dort abgeholt werden, wo sie gerade stehen, und in einem Dialog mit dem Lehrveranstaltungsleiter gemeinsam zu den Ergebnissen hingeführt werden. Das Kredo lautet: ermöglichen statt verhindern, ermutigen statt bremsen."

Leidenschaft für Oper und Sport

Privat begeistert sich der Ehemann und Vater dreier Kinder vor allem für Musik und Skisport. In ersterem Fall ist es besonders die Oper, die es ihm angetan hat. "Ich singe als praktizierender Dilettant auch selbst Opernarien, trete aber nur hie und da in kleinem Rahmen auf", verrät Lewisch. "Zudem bin ich wirklich skibegeistert. Wenn ich bei viel Schnee eine möglichst steile Piste – auch gerne eine Buckelpiste – hinunterfahren kann, lacht mein Herz." Ruhe und Entspannung findet er hingegen bei gelegentlichen Angelausflügen, bei dem es ihm aber gar nicht so sehr auf das Fischen ankommt als vielmehr auf die "angenehmen Rahmenbedingungen, besonders die Stille und das Wasser". (ms)

Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. DDr. Peter Lewisch, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht am Instituts für Strafrecht und Kriminologie, zum Thema "Wirtschaft – Strafrecht - Wirtschaftsstrafrecht" findet am Montag, 2. Mai 2011 um 17 Uhr gemeinsam mit Univ.-Prof. Mag. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf, ebenfalls Institut für Strafrecht und Kriminologie, im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.