Unerforschte, spannende Tiefseebewohner
| 23. März 2018Seit über vier Wochen ist die Uni Wien-Crew bereits an Bord des französischen Forschungsschiffes Marion Dufresne und durchlebt teilweise stürmische Tage. Aktuell gibt Barbara Bayer Einblicke in ihren Forschungsalltag an Bord.
Es ist bereits eine Woche her, dass wir vor einem erbarmungslosen Sturm in die ruhige Bucht Morbihan vor den Kerguelen Inseln geflüchtet sind. Nach so langer Zeit Land zu sehen ist ein ganz besonderes Gefühl. Unseren Plan hat dieses kleine Abenteuer zwar etwas durcheinandergebracht, doch auf dem Schiff muss man immer flexibel bleiben und schon geht es weiter zur nächsten Station. (© B. Bayer)
Ich erforsche hier an Board Archaeen in der Tiefsee. Archaeen sind Kleinstlebewesen, die Bakterien zwar zum Verwechseln ähnlich sehen, mit ihnen jedoch nur sehr entfernt verwandt sind und sogar viele zellmetabolischen Eigenschaften mit uns Menschen teilen. (© B. Bayer)
Sobald das Probenwasser mit dem Wasserschöpfer an Board ist, füllen wir es in gereinigte Behälter und ich kann sofort mit der Arbeit beginnen. Dutzende Liter Wasser müssen filtriert werden, um diese mikroskopisch kleinen Lebewesen auf einem Filter einzufangen und konzentrieren zu können. Diese Filter werden hier an Board eingefroren und von La Reunion direkt in unser Labor nach Wien geschickt, wo ich das genetische Material dieser aufregenden kleinen Meeresbewohner untersuchen werde. (© B. Bayer)
Meine Kollegin Pavla Debeljak misst direkt an Board metabolische Aktivitäten von Tiefseearchaeen. Dafür inkubiert sie einige Milliliter Probenwasser bis zu vier Tage lang mit einem speziell markierten Substrat und misst dessen Aufnahmeraten. Die meisten Archaeen im Meer nehmen – ähnlich wie Pflanzen – inorganischen Kohlenstoff in der Form von CO2 auf. Und das ganz ohne Licht! Dadurch kann man ihre Stoffwechselaktivitäten von anderen Kleinstlebewesen in der Tiefsee gut unterscheiden. Es ist sehr beeindruckend, in das Leben dieser weitgehend unerforschten, spannenden Tiefseebewohner direkt hineinblicken zu können. (© B. Bayer)
Nach der harten Arbeit können wir uns auch manchmal an der Meeresfauna erfreuen und neben unterschiedlichen Albatros-Arten hatten wir auch einmal das Glück, Königspinguine zu sehen. (© Olivier Crispi)
Barbara Bayer ist PhD-Studentin von Gerhard Herndl an der Universität Wien. Sie finanziert sich diese Expedition durch ihr uni:docs-Stipendium.
LESETIPP: Die Arktis kühlen oder eine CO2-Steuer einführen? Warum der Waldboden wichtig ist, eine Kreislaufwirtschaft nötig ist und beim Klima politischer Handlungsbedarf besteht – Meeresbiologe Gerhard J. Herndl beantwortet anlässlich der Semesterfrage Fragen auf "derstandard.at".