Weihnachtlicher Kometenbesuch
| 13. Dezember 2018Wer zu Weihnachten den Blick nach oben schweifen lässt, sieht vielleicht einen echten Weihnachtskometen – sofern Schneeflocken nicht die Sicht trüben. uni:view hat den Astronomen Thomas Posch gefragt, wann die beste Zeit für die "Wirtanen"-Beobachtung ist und was der Stern von Bethlehem damit zu tun hat.
uni:view: Der Komet "Wirtanen" nähert sich unserem Planeten. Herr Posch, woher kommt der Komet, welche Bahnen zieht er und wann erreicht er die Erde?
Thomas Posch: Der Komet mit dem Namen "Wirtanen" erreicht am 16. Dezember eine besonders günstige Nahestellung zur Erde: Er nähert sich ihr bis auf weniger als 12 Millionen Kilometer an – das hat Seltenheitswert. Der Komet selber kommt aus dem mittleren, Jupiter-nahen Bereich des Sonnensystems und verbringt dort den Großteil seiner Lebenszeit. Aus dieser Region führt ihn seine elliptische Bahn alle fünfeinhalb Jahre in eine mehr oder weniger große Erdnähe.
uni:view: War der Komet der Erde schon einmal so nah und wann wird er das nächste Mal sichtbar sein?
Posch: Der Komet "Wirtanen" kam seit seiner Entdeckung im Jahr 1948 der Erde schon ein Dutzend Male nahe – aber noch nie so nahe wie jetzt. Im Jahr 2024 nähert er sich unserem Planeten wieder – aber diese Nahestellung wird lange nicht so günstig sein wie die jetzige.
uni:view: Wie groß ist der Komet?
Posch: Der eigentliche Komet – der sogenannte Kometenkern – ist ziemlich klein, mit einem Durchmesser von etwas mehr als einem Kilometer. Der berühmte Komet "Halley" ist (mit etwa sieben bis 15 Kilometer Durchmesser) z.B. deutlich größer.
uni:view: Was ist ein Komet überhaupt?
Posch: Ein Komet ist ein Gemisch aus Eis und Mineralien (Staub). Er konserviert in diesem Gemisch Material aus der Frühzeit unseres Sonnensystems. Das macht Kometen wissenschaftlich hochinteressant.
uni:view: Wird der Komet beim Eintritt in die Erdatmosphäre zerstört?
Posch: Wenn kleine Kometen-Fragmente in die Erdatmosphäre eintreten, verglühen sie als Sternschnuppen und werden insofern zerstört. Der Komet selbst wird dadurch aber nicht vernichtet.
uni:view: Könnte "Wirtanen" der Erde gefährlich werden?
Posch: Nein, dieser Komet wird der Erde nicht gefährlich.
uni:view: Wird er mit freiem Auge sichtbar sein?
Posch: Theoretisch in der besten Phase ja – als ein diffuser bzw. nebeliger Fleck. Praktisch aber wegen der Himmelsaufhellung von zuhause aus kaum. Mit einem kleinen Fernglas sollte er aber sogar bei moderater Himmelsaufhellung zu sehen sein – und das auch noch um die Weihnachtszeit.
uni:view: Wann ist die beste Zeit, den Kometen zu beobachten – und wo sollte das "Fernrohr" hinzeigen?
Posch: Die Tage vor dem 16. Dezember sollte man abends fernab von städtischem Streulicht das Sternbild Stier aufsuchen. Vor dem 16. Dezember darum, weil ab dann der Mond als Halbmond schon stört! Wir finden den Stier ab etwa 21 Uhr hoch im Südosten, über dem Orion. Im Stier wiederum suche man den Kometen unterhalb der Plejaden. Eine Hilfestellung beim "Sterneschauen" geben die Aufsuchkarten der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
uni:view: Weihnachten naht, daher interessiert uns noch eine letzte Frage: Könnte der Stern von Bethlehem ebenfalls ein Komet gewesen sein, der durch seinen auffälligen Schweif die Blicke auf sich zog oder eher eine Supernova?
Posch: Der Stern von Bethlehem war, soweit wir heute wissen, kein Komet und wohl auch keine Supernova. Immerhin kam aber ein paar Jahre vor Christi Geburt der später so genannte Komet "Halley" in Erdnähe. Der Stern von Bethlehem war eventuell eine seltene Art von Planeten-Begegnung – mit der Betonung auf 'eventuell'.
Thomas Posch lehrt und forscht am Institut für Astrophysik der Universität Wien. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen u.a. Astromineralogie, Langzeit-Messungen der Nachthimmelshelligkeit und Geschichte der Astronomie.