Von Wien nach … São Paulo

Wo leben eigentlich die Alumni der Universität Wien? Wir haben uns durch die Alumni Map geklickt und AbsolventInnen von Botswana bis Spitzbergen über ihren Weg von Wien hinaus in die Welt befragt. Heute: Matthias Kurz aus São Paulo (Brasilien).

Name: Matthias Kurz
Wohnort:  São Paulo, Brasilien
Geburtsort: St. Pölten
Beruf: Technologiebeauftragter am AußenwirtschaftsCenter der WKO
Absolvent der: Internationalen Betriebswirtschaft

Meine neue Heimat in drei Worten: Groß(artig), lebendig, chancenreich.

Mein Job in einem Satz erklärt: Ich unterstütze österreichische Technologieunternehmen beim Business Development in Brasilien.

Warum São Paulo: Hier schlägt das wirtschaftliche und kulturelle Herz Südamerikas, das subtropische Klima ist aufgrund des Hochplateaus (800 Meter) gemäßigt. In der Metropolregion leben mehr als 20 Mio. Menschen, der Bundesstaat São Paulo wäre für sich genommen die stärkste Volkswirtschaft des Kontinents. Auch die meisten der über 230 österreichischen Firmenniederlassungen befinden sich hier im Umkreis von 100 Kilometern. In Santos, das nur 80 Kilometer südöstlich liegt, befindet sich der größte Hafen Südamerikas, außerdem wunderschöne Strände und Naturschutzgebiete. Rio de Janeiro, die zweitwichtigste Stadt Brasiliens, liegt nur 430 Kilometer bzw. 50 Flugminuten entfernt.

Matthias Kurz im Mai 2014: bei einem Vortrag in São Paulo zum Thema "Technologiepartnerschaften Brasilien-EU-Länder". (Foto: privat)

Mein Wochenende in São Paulo: Entschleunigung: Lang ausschlafen und ein gemütlicher Brunch mit meiner Frau, einer Steirerin, die mir nach São Paulo gefolgt ist. Wir sind gerne zuhause, treffen aber auch regelmäßig unsere brasilianischen und internationalen Freunde. Einige haben schon Kinder, mit denen wir als "Onkel" und "Tante" viel Spaß haben. Manchmal fahren wir auch an den Strand oder ins Landesinnere – es gibt auch nach vier Jahren noch sehr viel zu entdecken.

Das vermisse ich an Österreich: Meine Familie und gute Freunde.

Das vermisse ich überhaupt nicht: Verrauchte Lokale. In Brasilien funktioniert der Nichtraucherschutz seit vielen Jahren einwandfrei. Niemand würde hier auf Idee kommen, jemand anderem sein Gift zuzumuten.

Die Alumni Map ist der virtuelle Treffpunkt für AbsolventInnen der Universität Wien in aller Welt. Rund 3.800 Alumni sind schon dabei – rund 18.150 Kilometer sind es von der Universität Wien zu ihrem am weitesten entfernt lebenden Absolventen. Jetzt registrieren!

Das würde ich aus Brasilien nach Österreich exportieren: Freundlichkeit und Herzlichkeit im Alltag.

Dafür setze ich mich ein: Beruflich für die nachhaltige Entwicklung österreichischer Unternehmen in einem schwierigen, protektionistischen Auslandsmarkt. So tue ich direkt etwas für mein Land – das ist ein gutes Gefühl. Privat unterstütze ich eine kleine NGO im Nordosten Brasiliens, die Kinder aus ärmsten Verhältnissen fördert. Schon als Auslandszivildiener habe ich 14 Monate in dieser Region gearbeitet, damals bei Sozialprojekten der katholischen Kirche. Brasilien hat mich persönlich reich beschenkt – dass ich dem Land nun auch etwas zurückgebe, ist mir ein Herzensanliegen.

Mit der Universität Wien verbinde ich: Eine altehrwürdige Hochschule, die viele Nobelpreisträger und kluge Köpfe hervorgebracht hat. Der deutschsprachige Raum war einmal das akademische Exzellenzzentrum der Welt – das hat sich leider geändert. Ich denke aber auch, dass britische und amerikanische Universitätsrankings massiv überschätzt werden.

Meine schönste Erinnerung an die Studienzeit: In besonders guter Erinnerung habe ich den ersten und den letzten Tag. Zuerst die Spannung, Unsicherheit und die vielen Erwartungen an einen neuen Lebensabschnitt, dann – Jahre später – großer Stolz und Freude über das Erreichte, aber auch Wehmut.

Matthias Kurz im Juni 2005: mit Studienkollegen beim Feiern des Semesterendes. (Foto: privat)

Mein schrägster Studentenjob: Ich habe fast während meines gesamten Studiums gearbeitet – freiwillig, da meine Eltern mir dieses schon finanzierten. Mein allererster Job als Fließbandarbeiter in einer Großdruckerei war auch zugleich der wichtigste: laut, eintönig und knochenhart. Einmal wöchentlich musste ich den zentralen Staubcontainer reinigen – da stand ich buchstäblich stundenlang im Dreck. Innerhalb kürzester Zeit war ich so nach einer weitgehend sorgenfreien Schulzeit in der Realität des Lebens angekommen.

Mein Tipp an frischgebackene AbsolventInnen: Seid bescheiden im Schein und anspruchsvoll im Sein. Handelt vom ersten Tag an verantwortungsvoll – Ehrlichkeit und Fairness währen am längsten. Freundlichkeit kostet nichts, bringt aber die höchste Rendite der Welt. Baut Kontakte auf und pflegt diese sorgsam. Habt den Mut zum selbständigen Denken abseits von Systemglauben, Mainstream und Political Correctness. Werdet Flaneure und Antifragilisten im Sinne des libanesischen Mathematikers Nassim Nicholas Taleb. Und freut Euch über die kleinen Dinge des Lebens!

Matthias Kurz im August 2005: bei einer Japanreise, die er an sein Praktikum in Südkorea angehängt hat. (Foto: privat)