Sprachenförderung wirkt: Mehrsprachigkeit in den Unterricht einbeziehen

Schulklasse

Das Einbeziehen der Familiensprache in den Unterricht kann bei Kindern, die mehrsprachig aufwachsen, den Lernprozess fördern. So können fachliche Inhalte besser verstanden und der Erwerb der Unterrichtssprache erleichtert werden. Lena Schwarzl von der Universität Wien fordert eine ganzheitliche Sprachenförderung, um den Lernerfolg zu steigern und das Klassenklima sowie das individuelle Wohlbefinden von Kindern zu verbessern. Mehrsprachigkeit hat kognitive Vorteile und muss nicht zu Bildungsbenachteiligung führen.

Sprachenförderung wirkt – in der nationalen und internationalen Forschung besteht dazu Übereinkunft. So zeigen Studien, dass eine "Schlechterstellung" von Schüler*innen besteht, die in ihrem familiären Umfeld eine oder mehrere Sprachen verwenden, die nicht der Unterrichtssprache entsprechen.

Diese "Schlechterstellung" zählt zu einem stark beforschten sowie gesellschaftlich und medial kontrovers diskutierten Feld. Aufsehen erregt dabei nicht zuletzt der Widerspruch, der sich aus den gut belegten kognitiven Vorteilen von Mehrsprachigkeit und der Bildungsbenachteiligung der genannten Gruppe von Schüler*innen ergibt.

Familiensprachen im Unterricht “produktiv nutzen” – eine vielschichtige Zielsetzung

Lena Schwarzl setzt sich in ihrer Forschung damit auseinander, wie die unterschiedlichen Sprachkenntnisse von Schüler*innen im schulischen Unterricht produktiv genutzt werden können. Sprachenförderung funktioniert nie losgelöst von Fachinhalten und beeinflusst das soziale Gefüge der Klasse sowie das Wohlbefinden des einzelnen Kindes.

Eine mehrdimensionale und ganzheitliche Sprachenförderung inkludiert die Familiensprache in den Unterricht. So kann die Familiensprache beispielsweise dabei unterstützen, fachliche Lernziele oder den Erwerb der Unterrichtssprache zu erreichen. Auf einer sozial-emotionalen Ebene wird durch die Verwendung der Familiensprache zudem die Motivation, das Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeit gefördert, was zu einem positiven Selbstbild führen kann. Auch das Klassenklima kann so verbessert werden.

Mehrsprachiger Unterricht als Zukunftsmodell?

In der Praxis kann mehrsprachiger Unterricht in allen Schulstufen und -fächern durchgeführt werden und bedient sich einem reichen Spektrum an Methoden: vom Übersetzen einzelner Begriffe, dem Lesen von Texten in unterschiedlichen Sprachen oder der Möglichkeit zur „freien Sprachwahl“ bei Einzel- oder Gruppenarbeiten – der Kreativität der Lehrperson sind kaum Grenzen gesetzt. Auch Schüler*innen, die nicht mit zusätzlichen Familiensprachen aufwachsen, können profitieren, indem sie schulische Fremdsprachen einbeziehen, Einblicke in unterschiedliche Sprachen und kulturelle Hintergründe erlangen und die Varianten (Dialekte, Stile, Register) der eigenen Sprache erkunden.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Sprachen, die miteinbezogen werden können, gibt es keine Begrenzungen, auch in sogenannten sprachlich superdiversen Klassen erweist sich mehrsprachiger Unterricht, der die Familiensprachen der Schüler*innen einbindet, grundsätzlich als gut umsetzbar und vielversprechend. Als außerordentlich lohnend zeigt sich auch die enge Zusammenarbeit mit Lehrpersonen und schulischen Mitarbeiter*innen. Die Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse inder Lehrer*innenbildung unterstützen dabei.

Lena Schwarzl ist am Zentrum für Lehrer*innenbildung im Arbeitsbereich für Sprachlehr- und -lernforschung tätig und hat im Rahmen ihrer im Wintersemester 2020 abgeschlossenen Dissertation “Ein mehrperspektivischer Blick in das Translanguaging-Klassenzimmer: selbstbezogene Überzeugungen und Klassenklima im Fokus” an Unterrichtskonzepten geforscht, in denen Schüler*innen ihre Familiensprachen im Unterricht als Ressource nutzen können. Im Zuge ihrer Lehrtätigkeit an der Uni Wien arbeitet sie eng mit Schulen und dem UniClub des Kinderbüros der Uni Wien zusammen, um Lehramtsstudierenden sprachenförderliche Unterrichtsgestaltung näher zu bringen.