Sprachen aufgepasst!

Die Sprachwissenschafterinnen Brigitta Busch und Judith Purkathofer präsentierten am 12. Juli 2012 bei der Kinderuni Wien den Workshop "Wieso ist niemand einsprachig?", weil Sprachen ein spannendes Thema sind.

Wir, die Kinderuni-ZeitungsreporterInnen, waren beim spannenden Workshop dabei und haben einiges über das Thema "Sprachen" für euch herausgefunden! Die Professorin Brigitta Busch erzählte uns, dass es laut Schätzung auf der Welt 6.500 Sprachen gibt. Aber mit Dialekten wären es wahrscheinlich 50.000 Sprachen!

110 Sprachen in Wien


Die beiden Sprachwissenschafterinnen erzählten, dass ihre Kollegin Katherina in Wien einen Sprach-Test bei den 4. Klassen gemacht hat. Dann fand sie auch noch heraus, das 110 Sprachen in Wien gesprochen werden, sogar Sprachen, die wir gar nicht kannten, wie z.B. Zaza, Diz und Mina. Deutsch ist die Sprache, die am meisten Leute sprechen, dann kommt Türkisch, Serbisch, Englisch, Bosnisch und Kroatisch. Japanisch, das wir (Céline und Chantal und unsere Schwester Bernadette) sprechen, ist auf Platz 37.

Farben für unsere Sprachen

Danach teilte Judith Purkathofer den Kindern Blätter aus, auf denen ein menschlicher Umriss zu sehen war. Unsere Aufgabe war es, mit Filzstiften den Körper auszumalen, um damit ein Sprachporträt zu gestalten. Welche Sprachen sprechen wir eigentlich, und wo würden wir sie mit welcher Farbe in unserem Körper einzeichnen?


Wieviele Sprachen Kinder oft schon in jungen Jahren sprechen, überrascht so manchen Lehrer oder manche Lehrerin, mit denen die SprachwissenschafterInnen der Universität Wien arbeiten. Im Bild: Brigitta  Busch mit dem Sprachenporträt von Enes - Türkisch ist die Sprache, die er neben Deutsch am häufigsten nutzt, und er lernt Englisch und Französisch).



Danach stellten ein paar Kinder gemeinsam mit Brigitta Busch die Porträts vor. Viele Kinder hatten sehr viele Sprachen eingezeichnet. Manchmal stellte die Professorin dazu noch ein paar Fragen, zum Beispiel, warum die Kinder welche Farbe für die verschiedenen Sprachen ausgesucht haben und ob das ihre Lieblingsfarbe ist, und warum sie die Sprache in diesen Körperteil gemalt haben. Ein Junge namens Enes zum Beispiel hat den ganzen Rumpf grün für Türkisch gemalt, da das die Sprache ist, die er am liebsten spricht. Ömer mag Portugiesisch, da es schön klingt.



Ich (Céline) habe erklärt, dass ich zuhause mit meiner Mutter Japanisch und Deutsch gemischt spreche, mit dem Papa deutsch, mit der japanischen Oma einen japanischen Dialekt und mit meinen Schwestern, die auch heute beide beim Kinderuni-Zeitungsworkshop waren, eine erfundene Sprache. In der Schule lerne ich auch noch Englisch.



Zum Schluss erzählten die beiden Sprachwissenschafterinnen, dass sie viel reisen, um Sprachen zu erforschen, und auch in Volksschulen in Wien gehen. Dann konnten sich die Kinder für ihre Kinderuniausweise die Stempel abholen.

Nach der Vorlesung haben wir die Vortragende Judith Purkathofer und die beiden Kinderuni-Studierenden Rabia und Enes über die Vorlesung interviewt:



Rabia (11 Jahre, li. im Bild)

Kinderuni-Reporterinnen: Wie oft warst du schon auf der Kinderuni?
Rabia: Ich bin das erste Mal da.

Kinderuni-ReporterInnen: Wieso hast du dir diese Vorlesung ausgesucht?
Rabia: Weil ich das Thema mag.

Kinderuni-Reporterinnen: Was hat dir am besten gefallen?

Rabia: Dass wir unsere Sprachen gemalt haben.

Kinderuni-Reporterinnen: Sprichst du auch eine andere Sprache als Deutsch?
Rabia: Meine Muttersprache ist Türkisch, und ich kann auch noch ein bisschen Englisch.



Enes (10, wird bald 11; Bildmitte)

Kinderuni-Reporterinnen: Warum bist du auf der Kinderuni?
Enes: Weil ich was lernen wollte, und mich nicht zuhause langweilen will.

Kinderuni-Reporterinnen: Was hat dir in dieser Vorlesung am besten gefallen?
Enes: Dass wir den Menschen angemalt haben!

Kinderuni-Reporterinnen: Sprichst du auch eine andere Sprache?
Enes: Ja, türkisch, in der Schule englisch und auch manchmal französisch, und deutsch!



Judith Purkathofer (29), Universitätsassistentin am Institut für Sprachwissenschaft und gemeinsam mit Brigitta Busch Leiterin der Kinderuni-Vorlesung "Warum ist niemand einsprachig?"

Kinderuni-Reporterinnen: Warum beschäftigen Sie sich mit Sprachen?

Judith: Ich habe mich immer schon für Sprachen interessiert, und wollte verschiedene Sprachen sprechen, auch wenn das Lernen oft anstrengend ist und man sich viel merken muss. Ich wollte auch immer in andere Länder fahren und Menschen kennenlernen, und da sind Sprachen sehr wichtig!

Kinderuni-Reporterinnen: Wie schaut ein typischer Tag einer Sprachenforscherin aus?
Judith: Wir kommen ja aus der Angewandten Sprachwissenschaft, das heißt, wir sind viel unterwegs. Ich habe auch hier am Campus, gleich hier in der Nähe, ein Büro und einen Computer und am Institut eine Bibliothek, da sitze ich dann und lese und schreibe, aber wir gehen auch viel hinaus. Etwa in Schulen, wo wir Workshops mit Klassen, z.B. mit der dritten und vierten Klasse Volksschule machen. Dort zeichnen wir Sprachenporträts mit den Kindern, wie wir das heute mit euch gemacht haben, oder reden mit den Lehrern und Lehrerinnen: wie sie unterrichten, oder was die Kinder lernen. Wir machen auch Fotos in den Schulen und Klassenräumen, um zu schauen, welche Sprachen in den Bildern und Plakaten an der Wand vorkommen ... An einem langen typischen Tag kann es auch vorkommen, dass wir mit den Lehren ein bisschen Fortbildung machen und ihnen erzählen, was wir herausgefunden haben. Also wenn man das klassische Bild von einem Wissenschafter vor sich hat, der alleine arbeitet, so ist das bei uns ganz anders – wir sind unter vielen Menschen und arbeiten sehr angewandt.

Kinderuni-Reporterinnen: Was bringt ihr den Lehren bei?
Judith: Was die LehrerInnen meistens sehr erstaunt, ist, wie viele Sprachen es in der Klasse gibt, und wie viele Kinder schon viele Sprachen können. Und sowohl für die Lehrer und Lehrerinnen als auch für uns Forscherinnen ist es besonders spannend herauszufinden, warum die Kinder welche Sprachen lernen möchten! Oder auch, warum die Eltern gern hätten, dass ihre Kinder bestimmte Sprachen lernen. Von diesen Ergebnissen können auch die Schulen lernen: welche Sprachen sie unterrichten sollen, ob es Interesse für spezielle Nachmittagskurse gibt, dass man das lernt, und warum es für manche Sprachen schwierig ist, Gruppen zusammenzubringen, weil etwa die Eltern finden, dass es besser wäre, wenn die Kinder andere Sprachen lernen!

Kinderuni-ReporterInnen: Wie fanden Sie die Vorlesung, hat es Ihnen gefallen, dass die Kinder zugehört haben?
Judith: Ja das hat uns natürlich gefallen! Es ist immer schön, wenn jemand an unserer Forschung interessiert ist! Aber es war auch überraschend für uns, da wir ja nicht wussten, wieviele Kinder kommen, und ob sie sich für unser Thema interessieren. Unsere Seminare auf der Uni gehen ja meistens über ein ganzes Semester lang, und da wissen wir auch, wen wir vor uns haben. Heute war auch für uns etwas ganz Neues, und wir hoffen, dass es euch gefallen hat!

Kinderuni-Reporterinnen: Haben Sie das Gefühl gehabt, dass jemand nicht zugehört hat?
Judith: Nein, es waren alle sehr aufmerksam, aber natürlich gibt es immer welche, die mehr und andere, die weniger reden! Das ist aber überall so, auch auf der Uni oder auf Konferenzen!

Kinderuni-Reporterinnen: Sind Sie gerne Sprachwissenschafterin?
Judith: Ja, sehr! Als ich ein Studienfach für mich gesucht habe, habe ich auch Biologie und Publizistik gewählt, weil ich zuerst Journalistin werden wollte, aber ich habe auch Sprachwissenschaft studiert. Da bin ich dann hängengeblieben, weil es mich am meisten interessiert hat. Und es gefällt mir immer noch!

Der Artikel stammt von den Kinderuni-Reporterinnen Chantal (9) und Céline Sarman (11). Die Interviews haben Anais Gibbon (8), Chantal und Céline geführt. Fotografiert haben Anais, Chantal und Céline.