Rund um die Uni (Teil 1)

Im ersten Teil unserer Entdeckungstour "Rund um die Uni" stellen wir den Erinnerungsbunker im Arne-Carlsson-Park sowie die Votivkirche und ihr Mauthausenfenster näher vor.

Erinnerungsbunker im Arne-Carlsson-Park

Bedeckt von (legalen!) Graffitis, ist der Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg im Arne-Carlsson-Park an der Ecke Währinger Straße/Nussdorfer Straße auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Zwischen 1942 und 1943 erbaut, sollte der 800 m2 große Tiefbunker etwa 400 Menschen Platz bieten. De facto suchten damals aber meist über 800 Personen Schutz vor Fliegerbomben. Tritt man bei der Führung die Stufen in den Bunker hinab, kann man die beklemmende Situation, die Panik in den kahlen Räumen bloß erahnen. Die Luft ist stickig, auch heute noch. Unvorstellbar, dass die Menschen teilweise bis zu acht Stunden dort verharren mussten.


Durch diesen engen Eingang strömten bei Fliegeralarm bis zu 800 Menschen in den Bunker.



SchülerInnen erzählen SchülerInnen

Der Bunker wurde 1995 als Ort der politischen Bildung für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Führungen halten SchülerInnen des Erich-Fried-Realgymnasiums ab – auf freiwilliger Basis. "Wenn Jugendliche anderen Jugendlichen von den Schrecken des Krieges erzählen, ist das sehr authentisch", erklärt Wilhelm Urbanek, Leiter des Bezirksmuseum Alsergrund und Initiator des Erinnerungsbunkers, das pädagogische Konzept.

Anhand von Installationen, Fotografien und Texte werden die BesucherInnen des "Erinnerungsbunkers" von den Themen Erster Weltkrieg, Aufstieg der NSDAP, über den Holocaust und den Widerstand bis hin zur Nachkriegszeit geführt. Gegen Ende des Rundgangs werden den BesucherInnen schließlich noch moderne Formen von Gewalt und Rassismus vor Augen geführt.


Der 15-jährige Moritz erzählt bei der Führung im Bunker auf ergreifende Art von Erich Fried.



Bei der etwa eine Stunde dauernden Führung erzählen uns die anwesenden SchülerInnen, dass dieses Projekt für sie eine einzigartige Erfahrung ist und es wichtig sei, die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus aufrechtzuerhalten, damit so etwas nie wieder geschehe. Ein Besuch des Erinnerungsbunkers kann jedem nur empfohlen werden. (mw)

Führungen durch die Bunkeranlage finden an jedem ersten Samstag im Monat, außer in den Schulferien, statt.

› Informationen zum Erinnerungsbunker
› Facebook-Seite Bezirksmuseum Alsergrund


Die Votivkirche und das Mauthausenfenster


In unmittelbarer Nähe des Hauptgebäudes der Universität Wien befindet sich im 9. Bezirk im Sigmund-Freud Park die Votivkirche. Die Errichtung des neugotischen Bauwerks wurde mit der Grundsteinlegung durch Kaiser Franz Joseph und Kardinal Rauscher 1856 begonnen und 23 Jahre später 1879 vollendet. Zunächst war die Votivkirche als Ruhmeshalle für bedeutende ÖsterreicherInnen vorgesehen, ähnlich der Westminster Abbey in London, wurde aber als solche aufgrund der veränderten gesellschaftlichen Stimmung in der Habsburgermonarchie nie realisiert.

Heutzutage wird die Votivkirche Kirche von der deutschsprachigen Pfarrgemeinde und der englischsprachigen Gemeinde Wiens genutzt. Dazu kommt die wichtige Rolle der Kirche für  LateinamerikanerInnen in Wien, denn ein Seitenalter ist der Muttergottes von Guadalupe, der geistlichen Schutzpatronin Mexikos, gewidmet.


Das Bild zeigt die Votivkirche mit Baugerüst 1866 zehn Jahre nach Baubeginn. Noch 13 weitere Jahre sollte es dauern, bis die Kirche vollendet war.



Bunte Fenstervielfalt

Ursprünglich gab es einmal 78 Buntglasfenster in der Votivkirche. Viele der Originalzeichnungen gingen aber im Laufe der Zeit verloren. Den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg fielen dann weitere Fenster der Votivkirche zum "Opfer". In den 1960er und 70er Jahren erfolgte größtenteils eine Neugestaltung der Glasfenster. Besonders abends bei tiefstehender Sonne ist ein Besuch empfehlenswert, schaffen die bunten Fenster doch eine besondere Atmosphäre in der Kirche.


Ein spezielles Fenster findet sich im Mittelschiff der Votivkirche auf der linken Seite. In den 1970er Jahren eingesetzt, widmet sich das Mauthausenfenster dem Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus in Österreich, im Besonderen der Inhaftierten des Konzentrationslagers Mauthausens.



Österreich und sein NS-Erbe


Für Bertrand Perz vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien bietet ein Besuch der Votivkirche und des Mauthausenfensters die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Zeit in Österreich. "Das Mauthausenfenster ist zweifellos Teil der österreichischen Identitätsbildung nach 1945. Bedenkt man, dass eine Auseinandersetzung mit dem KZ Mauthausen in der österreichischen Gesellschaft in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Krieg kaum stattfand, so ist alleine die Thematisierung in der Votivkirche in den 1960er Jahren schon bemerkenswert. Der Zeitpunkt der Schaffung dieses Fensters markiert aber auch schon eine Veränderung im Umgang mit Mauthausen. Zwei Jahre später wurde die erste große zeitgeschichtliche Ausstellung in Mauthausen eröffnet, die die Voraussetzung für den Aufstieg der Gedenkstätte zum zentralen Erinnerungsort an den Nationalsozialismus in Österreich darstellt." (fh)

Buchtipp: "Österreichische Gedenkkultur zu Widerstand und Krieg. Denkmäler und Gedächtnisorte in Wien 1945-1986" von Karl Klambauer, Studienverlag GmbH, Innsbruck 2006

› Website der Votivkirche
› Institut für Zeitgeschichte der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät
› Website Mauthausen Memorial – KZ-Gedenkstätte Mauthausen