Ni hao! Das Konfuzius-Institut im Gespräch
| 12. April 2012Das Konfuzius-Institut an der Universität Wien wurde 2006 gegründet, kürzlich unterzeichneten Rektor Heinz W. Engl und der chinesische Botschafter Shi Mingde die Verlängerung des Kooperationsvertrags. Im Interview spricht der Leiter des Instituts, Richard Trappl, über Herausforderungen und Balanceakte.
Die Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur ist primäres Anliegen des Konfuzius-Instituts an der Universität Wien. Weltweit gibt es insgesamt über 350 gleichnamige chinesische Sprachinstitute, die jeweils mit Partneruniversitäten bzw. wissenschaftlichen Institutionen vor Ort kooperieren. Im Falle des Konfuzius-Instituts in Wien ist dies die Universität Wien, die gemeinsam mit der chinesischen Partneruniversität, der Beijing Foreign Studies University und Hanban (Abteilung für Chinesischunterricht im Ausland unter dem chinesischen Bildungsministerium), das Institut betreibt. Es steht dabei allen an der chinesischen Sprache und Kultur Interessierten offen und bietet neben einer umfassenden Bibliothek auch Sprachkurse, LehrerInnenfortbildungen, Workshops und regelmäßige Kulturveranstaltungen zu Literatur und Musik an.
uni:view: Herr Professor Trappl, seit der Gründung im Jahr 2006 haben Sie die Leitung des Konfuzius-Instituts inne. Können Sie die wesentlichen Ziele kurz erläutern?
Richard Trappl: Die Ziele sind zweierlei. Das eine ist die Vermittlung der chinesischen Sprache außerhalb von China. Der Chinesisch-Sprachunterricht wird für alle Levels angeboten, für AnfängerInnen bis Fortgeschrittene. Die zweite Aktionsschiene sind kulturelle Aktivitäten und Veranstaltungen. Zu den vielen Kulturevents, die wir organisieren, zählen chinesische Konzerte, Lesungen, Ausstellungen von Malerei, Kalligrafie oder Fotografie. Seit unserer Gründung haben wir über 180 Kulturevents veranstaltet.
uni:view: Wie ist die Zusammenarbeit mit China organisiert?
Trappl: Einer der ergiebigsten und schönsten Aspekte unseres Instituts ist, dass wir das ganze Jahr über in einem interkulturellen Team arbeiten. Ich leite das Konfuzius-Institut seitens der Universität Wien, gleichzeitig wird im Einvernehmen beider Partneruniversitäten eine chinesische Co-Leitung bestellt – im Moment ist Frau Wang Jing von der Beijing Foreign Studies University die Co-Direktorin. Insgesamt sind wir jetzt zwischen sechs und acht Personen am Institut. Das sind AbsolventInnen mit Doktorats-, Magister oder BA-Abschluss aus China, die alle über die Qualifikation verfügen, Chinesisch im Ausland zu unterrichten. Normalerweise kommen die chinesischen KollegInnen für ein Jahr hierher, um zu unterrichten und bei den Kulturaktivitäten zu helfen.
uni:view: Was sind für Sie die größten Herausforderungen?
Trappl: Die größte Herausforderung ist sicherlich die Balance zwischen den Erwartungen der chinesischen und der österreichischen bzw. der westlichen Seite zu halten. Und das ist – das betone ich auch immer wieder in China – keine Einbahnstraße. Wir vermitteln nicht nur chinesische Sprache und Kultur, sondern haben auch eine Brückenfunktion inne.
uni:view: Wie schaffen Sie es, die angesprochene Balance zu halten?
Trappl: Oft hat man von chinesischer Seite den Eindruck, je mehr und je schneller desto besser. Wenn man das Wachstum und die Veränderungen in China der letzten 30 Jahren sieht – wie China in den 1970er Jahren quasi danieder lag und jetzt eine fulminante Entwicklung hatte – so stellt man sich das eben auch bei den Konfuzius-Instituten vor. Von jedem Institut werden möglichst viel Publikum und zahlreiche Aktivitäten erwartet. Ich sehe es daher auch als meine Aufgabe, die Balance immer wieder auszuloten: Wenn zu viele ähnliche Aktivitäten angeboten werden, dann stumpft das Publikum natürlich ab und bleibt aus. Das heißt: Qualität ist wichtiger als Quantität.
VERANSTALTUNGSTIPP: 40 Jahre Shanghai Kommuniqué – Nixon in China Donnerstag, 17. April 2012, 19.30 Uhr Großer Festsaal, Universität Wien, Dr.-Karl-Lueger Ring 1, 1010 Wien Anmeldung erforderlich unter: konfuzius-institut(at)univie.ac.at oder unter +43-1-4277-241 51 Nähere Informationen | ||
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Foto: White House Photo Office, 1969-1974 |
uni:view: Was für Vorteile hat der Standort Universität Wien für das Konfuzius-Institut?
Trappl: Ähnlich wie bei einem Joint Venture hat die Universität Wien überhaupt erst die heutige Struktur ermöglicht, und dafür bin ich sehr dankbar. Die Gründung wurde damals durch das Rektorat Winckler in die Wege geleitet. Was uns natürlich auch freut, ist, dass Rektor Heinz W. Engl erst vor kurzem – anlässlich des Staatsbesuchs des chinesischen Staatspräsidenten Hu Jintao – den Verlängerungsvertrags für die nächsten fünf Jahre unterzeichnet hat.
uni:view: Wie sehen Sie die Öffnungspolitik Chinas im Zusammenhang mit den Konfuzius-Instituten?
Trappl: Die Öffnungspolitik Chinas geht mittlerweile auf über 30 Jahre zurück. Dadurch sind ja Sprach- und Kulturinstitute im Ausland überhaupt erst möglich geworden. Dieses "Hinaus" in die Welt" ist für China nach 1978 eine ganz neue Entwicklung gewesen; man möchte innerhalb weniger Jahre das nachholen, was man sich zuerst durch den eigenen Isolationismus verbaut hat. Plötzlich existieren 350 Konfuzius-Institute, und das erregt im Ausland manchmal Besorgnis. Dazu gibt es aber wenig Grund, denke ich, da man diese Entwicklung im zeitlichen Kontext sehen muss: von einer Isolation zu einer Integration in die globale Gesellschaft.
Dialog ist sehr wichtig, gerade auch für die Entwicklung Chinas in jenen Bereichen, wo sich Wertvorstellungen mit den unseren nicht decken. China hat sich ja nicht nur als Staat geöffnet, sondern auch, was die Individuen und die Kultur betrifft. Heute diskutieren wir live im Fernsehen mit China – als ich 1974 dort studiert habe, konnte man nicht einmal unter vier Augen in einem Zimmer über Politik sprechen. (td)
BUCHTIPP: "Stadtportraits. China Erlesen", Richard Trappl (Herausgeber), Wieser Verlag |
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Ao. Univ.-Prof. Dr. Richard Trappl vom Institut für Ostasienwissenschaften/Bereich Sinologie ist Direktor des Konfuzius-Instituts und Chinabeauftragter der Universität Wien.
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