Mein Business: "Wir hatten keine Momente des Bereuens"

Die Uni Wien Alumni Sarah Legler und Jorghi Poll haben vor sieben Jahren den Wiener Literaturverlag Edition Atelier übernommen und gehörig umgebaut. Im Interview sprechen die Komparatistin und der Theaterwissenschafter über ihre GründerInnengeschichte, Herausforderungen und Glücksmomente.

Stellen Sie uns bitte Ihr Unternehmen in zwei Sätzen vor …
Sarah Legler und Jorghi Poll:
Die Edition Atelier ist ein Wiener Literaturverlag, der 1985 von Jörg Mauthe gegründet wurde und den wir nach wechselvoller Geschichte 2012 übernommen haben und seither selbstständig und unabhängig leiten. Unsere Programmschwerpunkte sind zeitgenössische deutschsprachige Belletristik und Wiederauflagen vor allem österreichischer Literatur aus dem 20. Jahrhundert.

Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Start-up bzw. Unternehmen vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view Magazin, der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung und dem Alumniverband.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Ich gründe eine Firma?
Legler und Poll:
Unser beider Leidenschaft ist immer schon die Literatur – das geht übers Lesen seit Kindertagen, der Studienwahl bis hin zur Gründung einer Literaturzeitschrift bzw. eines Theaterverlags. Dass wir früher oder später bei einem eigenen Verlag landen, ist zumindest rückblickend auf beiden Seiten keine große Überraschung. Zum damaligen Zeitpunkt hätten wir vermutlich keinen Verlag gegründet, diese Entscheidung wurde uns vom Angebot, die Edition Atelier von der Wiener Zeitung zu übernehmen, schlicht abgenommen. Für uns ein großes Glück, weil es bereits Strukturen und ein Archiv mit vielen Büchern gab – das heißt, wir mussten nicht ganz von vorne anfangen. Dass wir trotzdem kein Blatt auf dem anderen gelassen haben, etwa von Beginn an versucht haben, das Verlagsprofil zu schärfen, ist eigentlich unsere Gründungsgeschichte. Wir haben unseren Verlag also nicht gegründet, aber gehörig umgebaut.

Sie haben Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Wien studiert. Inwiefern hat Ihr Studium beim Weg in die Selbstständigkeit eine Rolle gespielt?

Legler:
Auf der Komparatistik wurde selbstständiges Arbeiten von Beginn an gefördert. Anstatt eine Prüfung nach der anderen runterzuschreiben, mussten wir Referate halten und vor allem Arbeiten schreiben. Das hat mich sicher geprägt. Während des Studiums haben eine damalige Kollegin (die Lyrikerin Maria Seisenbacher) und ich die Literaturzeitschrift "Keine Delikatessen" gegründet, die wir über zehn Jahre lang, also auch noch nach unserem Studienabschluss, gemeinsam herausgegeben haben.
Jorghi hat sein Studium der Theaterwissenschaft zugunsten des Theaterverlags "gleichzeit", den er 2009 mit KollegInnen gegründet und bis 2012 geleitet hat, aufgegeben.

Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Legler und Poll:
In den ersten ein, zwei Jahren haben wir sehr viel ausprobiert, von dem vieles auch nicht so funktioniert hat, wie wir uns das gewünscht hätten. Die Kernarbeit im Verlag haben wir uns beide in etwa so vorgestellt, ja. Es gibt nach wie vor viele Aufs und Abs, manches klappt besser als anderes. Aber wir hatten nie einen Moment des Bereuens.

Was war für Sie die größte Herausforderung?
Legler und Poll:
Zu akzeptieren, dass wir als kleiner Verlag nicht alles leisten können.

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Ihr schönster Augenblick?
Legler und Poll:
Jedes Mal, wenn die Druckerei die neuen Bücher liefert und jedes Mal, wenn eine Autorin/ein Autor ihr/sein neues Buch zum ersten Mal sieht.

Haben Sie Vorbilder?
Legler und Poll:
Es gibt auf jeden Fall viele KollegInnen, die wir persönlich schätzen und deren Arbeit wir großartig finden.

Wie hätte Sie die Uni mehr unterstützen können?
Legler und Poll:
Neben den Vorlesungen und Seminaren wären zusätzliche Angebote im Dunstkreis des Studiums schön gewesen. Außerdem wäre mehr Praxisbezug in die Arbeitswelt gerade bei unseren Studienrichtungen hilfreich gewesen.

Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Legler und Poll:
Du musst nicht bei jeder Veranstaltung unter den letzten Gästen sein.

Steckbrief
Name: Sarah Legler & Jorghi Poll
Alter: 36 & 40
Studium: Vergleichende Literaturwissenschaft & Theaterwissenschaft
Gründungsjahr: 2012
Unser Business: Literatur
Unser Motto: Literatur mit Haltung
Unser Tipp für GründerInnen: Überlegt und besonnen sein, versuchen, entspannt zu bleiben.
Link zur Webseite: www.editionatelier.at

Das Interview führte Siegrun Herzog vom Alumniverband der Universität Wien.