Mein Business: "Hab nicht so viel Angst davor"

Die Gründer von Cortecs machen Technologien, die bisher nur großen Hedgefonds zur Verfügung standen, auch privaten Anleger*innen zugänglich. Im Beitrag blickt Uni Wien-Absolvent Michael Trimmel auf die ersten Gründungsschritte zurück: Das Masterstudium Informatik hat "den Stein ins Rollen gebracht".

Ihr Unternehmen in zwei Sätzen…
Michael Trimmel:
Wir helfen Anleger*innen, bessere Investmententscheidungen zu treffen. Wir analysieren Daten aus unterschiedlichsten Quellen und prognostizieren durch automatisiertes Machine-Learning hunderte von digitalen Assets, wodurch wir maßgeschneiderte Prognosemodelle anbieten können und marktrelevante Nachrichten bereitstellen.

Event-Tipp:
Beim Hackathon vom 13. bis 15. September 2021 können Studierende und Nachwuchswissenschafter*innen in interdisziplinären Teams Lösungen für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen entwickeln. Mehr dazu (© derknopfdruecker.com)

Sie haben Informatik an der Universität Wien studiert. Inwiefern hat Ihr Studium beim Weg in die Selbstständigkeit eine Rolle gespielt?
Trimmel:
Die Idee zu Cortecs entstand in der Lehrveranstaltung Visualisation bei Torsten Möller im Masterstudium Informatik. In der Lehrveranstaltung ging es um High-Frequency-Trading (Transaktionen werden von Hochleistungscomputern ausgeführt, Anm. d. Red.). Gleichzeitig kamen wir in Berührung mit Cryptocurrencies, und es entstand die Idee, Daten aus sozialen Medien für die Prognose von Cryptocurrencies zu nutzen. Das Nachrichtenmedium Nummer 1 war damals Twitter. Ich verbrachte immer mehr Zeit damit, aus durchschnittlich 500 Millionen Tweets (pro Tag!) die richtige Information zu finden und schaffte es trotzdem nicht, Profit zu erzielen. Das lag am "Überfluss" an Informationen. Die Nadel im Heuhaufen zu finden und Profite aus Trades zu generieren, wäre ein Vollzeit-Job.

Informatik ist eine Treibkraft in der heutigen digitalen Welt. Die Universität Wien bereitet ihre Studierenden mit verschiedenen Masterstudien auf ihre Zukunft vor. Das Angebot umfasst Informatik, Medieninformatik, Wirtschaftsinformatik, Bioinformatik, Medizinische Informatik, Digital Humanities, Data Science, Business Analytics. Mehr dazu (© Barbara Mair)

Wie sind Sie auf die Idee gekommen – und wann stand fest: Wir gründen eine Firma?
Trimmel:
Mein Studien- und Projektkollege (und nun Co-Founder) Markus Tretzmüller und ich haben nach der Lehrveranstaltung beschlossen: "Wir müssen etwas tun." Der Innovationscheck von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG 2017 war unsere erste Berührung mit der Selbständigkeit. Ein glücklicher Zufall brachte uns zu einer Infoveranstaltung an der Universität Wien, im Rahmen dessen das neue Förderprogramm Spin-off Fellowship der FFG vorgestellt wurde. Wir wussten sofort: Das ist perfekt für uns.

Erste Förderanträge wurden abgelehnt. Nach dem Einholen von Feedback und einer erneuten Einreichung haben wir es schließlich geschafft und knapp 280.000 EUR von der FFG für eine Forschung an der Universität Wien erhalten. Einen ehemaligen Studienkollegen, Alexander Steiner, konnten wir für unsere Idee gewinnen, und schon stand das Gründerteam von Cortecs fest. Unsere anfängliche Idee haben wir an der Fakultät für Informatik mit Unterstützung von Wilfried Gansterer und Claudia Plant umsetzen können.
Nach dem Fellowship haben wir eine FFG-Basisfinanzierung für die Entwicklung eines Data-Marketplaces erhalten. Schließlich haben wir unsere eigene GmbH gegründet!

Event-Tipp:
Am 4. November 2021 ab 18 Uhr findet zum dritten Mal das große Entrepreneurship Event an der Universität Wien statt, bei dem auch die Gründer von Cortecs mit dabei sein werden.  Workshops, inspirierende Geschichten, Info-Marktplatz, Vernetzung und vieles mehr stehen auf dem Programm. Je nach Infektionsgeschehen findet das Event vor Ort oder online statt. Save the date!

Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Trimmel:
Jein, teils ja und nein. Ich konnte mir den Traum erfüllen, meine eigenen Ideen in die Tat umzusetzen und das Hobby zum Beruf zu machen. Gründen ist allerdings nicht so einfach, vor allem, weil wir den Prozess zum ersten Mal durchgemacht haben. Das Studium diente als Grundlage, reichte alleine jedoch nicht aus, um ein Start-up zu gründen. Angefangen beim Entrepreneurial Mindset bis hin zu Steuerrecht, Vertragsrecht und Verhandlungsgeschick sowie zu Techniken, die notwendig sind, um den Product-Market Fit zu finden.

Dafür gibt es aber tolle Acceleratoren (den Techhouse Accelerator kann ich sehr empfehlen!) und Inkubator Programme. Generell ist die Unterstützung von Fördergeber*innen groß, es hat sich aber auch eine tolle Community in Österreich gebildet: die Plattform AustrianStartups, die mit ihrem Entrepreneurial Leadership Program junge und motivierte Leute auf das Gründen vorbereitet und bei jeder Frage mit Rat und Tat zur Seite steht.

Welche Tipps würden Sie Ihren damaligen "Gründer-Ichs" aus heutiger Sicht geben?
Trimmel:
Hab nicht so viel Angst davor. Tu es und freu dich, dass du etwas schaffst, das anderen Leuten hilft.

Inwiefern "bewirken" Sie mit Cortecs etwas für die Gesellschaft?
Trimmel: Wir stellen innovative Technologien – welche bisher lediglich HedgeFonds Manager*innen und großen Asset Management Firmen vorbehalten waren – allen zur Verfügung, um am Markt kompetitiv zu bleiben.

Steckbrief
Name: Michael Trimmel
Alter: 37
Studium: Informatik (Ausprägung Data Science) an der Universität Wien
Gründungsjahr: 2021
Motto: Don't stop building. Alles ist möglich, das Unmögliche dauert nur etwas länger.
Unser Business: Cortecs GmbH
Unser Tipp für Gründer*innen: Be passionate!
Link zur Webseite: www.cortecs.ai