Helle Nächte

Die Nächte werden durch künstliches Licht immer heller. Durchschnittlich sind am Nachthimmel nur noch zehn Prozent der Sterne zu sehen. Um dieser Lichtverschmutzung entgegenzuwirken, errichtet Oberösterreich Dunkelheitsreservate, unter fachlicher Expertise des Instituts für Astrophysik der Uni Wien.

Wann haben Sie das letzte Mal die Milchstraße mit freiem Auge gesehen? Tatsächlich ist das in Österreich nur mehr in weiter Entfernung von Städten und auf den Bergen möglich. Die Lichtverschmutzung – d.h. eine Aufhellung des Nachthimmels durch künstliches Licht – nimmt kontinuierlich zu, global gesehen sind es 2,2 Prozent jährlich.

Mit der Zertifizierung von sogenannten Nachtlandschaftsschutzgebieten (International Dark Sky Places) möchte man diesem Trend entgegenwirken, der schädlich für Mensch und Umwelt ist – so ist z.B. bekannt, dass Lichtverschmutzung mitverantwortlich für das weltweit zu beobachtende Insektensterben ist.

Dark Sky Parks in Oberösterreich


In Österreich hat Oberösterreich die Vorreiterrolle inne: Als erstes Bundesland hat es flächendeckend Lichtmessstationen eingerichtet, die kontinuierlich die Nachthelligkeit aufzeichnen. "Die daraus gewonnenen Daten bilden die Grundlage für die Entscheidung, ob und an welcher Stelle die Errichtung eines Nachtlandschaftsschutzgebiets möglich ist", erklärt Stefan Wallner vom Institut für Astrophysik, der gemeinsam mit Thomas Posch* das Land Oberösterreich mit wissenschaftlicher Expertise in der Umsetzung einer Zertifizierung begleitet: "Auf diese Weise konnten wir mehrere Gebiete identifizieren, die den Kriterien der International Dark Sky Association entsprechen: u.a. eines im oberen Mühlviertel, eines im Bereich Naturpark Attersee-Traunsee sowie eines im Bereich Losenstein-Hohe Dirn."

Die Höhe der Magnitude

Die Himmelsaufhellung wird in der astronomischen Einheit Magnitude gemessen. "Bei etwa 22 Magnituden ist die Himmelsqualität gut, d.h. sie entspricht einer natürlichen Helligkeit bzw. Dunkelheit", sagt Wallner: "Für Wien haben wir bei uns am Institut für Astrophysik, das ja am Stadtrand im 18. Bezirk liegt, 18,5 Magnituden gemessen. Das ist schon heftig. Der Himmel über Wien ist damit 25 Mal heller als etwa im Naturpark Attersee-Traunsee mit 22 Magnituden."

Licht im Einklang mit Mensch und Natur: Drohnenflugaufnahmen zeigen in diesem Film eindrucksvoll die Umstellung der Außenbeleuchtung in den Gemeinden Kirchschlag bei Linz und Steinbach am Attersee auf ein zukunftsweisendes Lichtkonzept.

Aktuell werden konkret von zwei in Frage kommenden Gegenden in Oberösterreich, die alle sehr gute Magnituden-Werte für Dunkelheitsreservate aufweisen, sogenannte All-Sky-Aufnahmen gemacht. "Das ist eine spezielle Aufnahmetechnik, bei der wir bis zum Horizont Lichtkuppeln sehen können", erklärt Stefan Waller: "Anhand dieser Aufnahmen erstellen wir eigene Lichtverschmutzungskarten und können so die genauen Grenzen für das jeweilige Dunkelheitsreservat festlegen. Läuft alles weiter nach Plan, können wir schon im Herbst 2019 die Zertifizierung bei der International Dark Sky Association beantragen."

Das Licht der Gemeinden

Bereits jetzt gibt es in Oberösterreich zwei Gemeinden – Kirchschlag bei Linz und Steinbach am Attersee –, die ihre Außenbeleuchtung komplett nach dem österreichweiten Leitfaden für Licht im Außenraum umgestellt haben. "Das Licht wird dabei nicht – wie oft befürchtet – ausgeschaltet, sondern es wird Licht besser angebracht", bringt es Lichtexperte Wallner auf den Punkt. Das inkludiert Licht, das nicht nach oben, sondern zielgerichtet nach unten leuchtet ohne zu blenden, ohne unnötig die Umwelt aufzuhellen, die Tierwelt zu stören und ohne viel Energie zu verschwenden.

Die rechte Grafik zeigt die von ExpertInnen empfohlene, umweltschonende Ausrichtung von Außenbeleuchtung: Hier wird der Nachthimmel nicht unnötig aufgehellt und dabei Strom gespart. Links und in der Mitte wird zu viel Licht in den Nachthimmel und die Umgebung gestrahlt. (© Florian Schweidler/Wikimedia Commons)

Das Licht der Städte

Auch für Städte ist es durchaus möglich besseres Licht zu installieren, um der Aufhellung des Nachthimmels entgegenzuwirken. "Besonders schlecht ist blaues Licht: Das unterdrückt beim Menschen die Melatonin-Produktion und dadurch kommt es zu Störungen im Tag-Nacht-Rhythmus", sagt Wallner: "Und es zieht viel mehr Insekten an als oranges Licht und hält sie zudem sprichwörtlich gefangen. Daher plädieren wir für Licht mit sehr geringen Blauanteilen. Dies entspricht einer Farbtemperatur von maximal 3.000 Kelvin – das ist für Mensch und Umwelt am verträglichsten."

Buchtipp zum Thema:
Das Ende der Nacht. Lichtsmog: Gefahren - Perspektiven – Lösungen, Thomas Posch, Franz Hölker, Thomas Uhlmann und Anja Freyhoff (Hg.).
Dieses Buch ist das Standardwerk zu den problematischen Aspekten der künstlichen Beleuchtung und zu ihrer fast exponentiellen Zunahme seit etwa einem Jahrhundert. Es bietet eine allgemeinverständliche Darstellung mit aktuellen Fallbeispielen.

Von der Stadt Wien ist Stefan Wallner enttäuscht: Sie haben sich schlussendlich größtenteils für Leuchtkörper mit einer Farbtemperatur von 4.000 Kelvin und somit einem erhöhten Blauanteil entschieden. "Das ist sicherheitstechnisch nicht notwendig und tatsächlich für Menschen und Tiere weitaus weniger verträglich." So hat etwa Eisenstadt – auch auf Rat von Stefan Wallner – komplett auf LEDs mit orangem Licht unter 3.000 Kelvin umgestellt und spart, auch zum Beispiel durch zusätzliche nächtliche Dimmungen, damit jährlich den Strom von ca. 300 Haushalten ein.

Läuft alles nach Plan, könnte Österreich sogar noch im Jahr 2019 die ersten Dunkelheitsreservate eröffnen. "Ich schätze die Chancen sehr gut ein, der Wille und die Unterstützung von allen Beteiligten ist da", freut sich Wallner: "Sind erst einmal die ersten "Sternenparks" eingerichtet, motiviert das hoffentlich auch andere Bundesländer." (td)

*Der Astrophysiker Thomas Posch war der ursprüngliche Initiator der Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich. Er beschäftigte sich bereits seit vielen Jahren mit dem Thema Lichtverschmutzung und zählte zu den führenden Experten in Österreich auf diesem Gebiet. Leider ist Thomas Posch vor Vollendung dieses Projekts verstorben, das nun von seinem Kollegen Stefan Wallner übernommen wurde. Zum Nachruf