Frauengeschichte sichtbar machen: Sonderführungen zum Frauentag
| 01. März 2012Der Internationale Frauentag am 8. März 2012 ist Anlass für eine Premiere: Zum ersten Mal finden im Hauptgebäude der Universität Wien Sonderführungen zur Frauengeschichte statt. Was BesucherInnen hierbei erwartet und wie die Idee dazu entstanden ist, erfuhr uni:view von Initiatorin Marlene Gerber.
uni:view: Frau Gerber, Sie sind sozusagen die "Erfinderin" der Sonderführungen zur Frauengeschichte an der Universität Wien. Worum geht es Ihnen bei diesem Projekt?
Marlene Gerber: Kurz gesagt geht es mir in erster Linie darum, Unsichtbares sichtbar zu machen. Die Geschichte der Wissenschafterinnen an der Universität Wien ist im Vergleich zu jener ihrer männlichen Kollegen deutlich vernachlässigt worden. In der universitären Ehrungspolitik wurden die Frauen jahrzehntelang einfach ausgeklammert. Je mehr man sich allerdings mit diesem Thema befasst, desto mehr fällt einem auf, wie viele Frauen es tatsächlich in der Wissenschaft gegeben hat. Leider ist es im allgemeinen Bewusstsein noch nicht angekommen, dass die Geschichte der Frauen an der Universität Wien höchst interessant und spannend ist. Und das, obwohl die Mehrheit der Studierenden weiblich ist. Mit den Sonderführungen möchte ich dies ändern und einen Beitrag dazu leisten, dass ein Stück Geschichte, das vielen nicht bekannt ist, sichtbar gemacht wird.
uniview: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eigene Führungen zur Frauengeschichte anzubieten?
Gerber: Ich arbeite neben meinem Studium mittlerweile bereits seit zwei Jahren als Tourguide für das Veranstaltungsmanagement. In dieser Zeit habe ich zahlreiche Führungen durch das Hauptgebäude für SchülerInnen- oder TouristInnengruppen gehalten, bei denen ich auch öfters ein wenig die Geschichte der Frauen an der Universität Wien einbauen konnte. Dabei ist mir schnell aufgefallen, dass auf BesucherInnenseite ein breites Interesse an dieser Thematik besteht. Da die herkömmlichen Führungen aber einfach nicht genug Platz bieten, um intensiver auf die Frauengeschichte einzugehen, habe ich begonnen, dafür ein spezielles Führungsprogramm auszuarbeiten und anzubieten.
uniview: 2009 wurde mit dem Kunstprojekt "Der Muse reicht's" ein Schritt zur Thematisierung der Gleichstellung von Männern und Frauen an der Universität gesetzt.
Gerber: Die Kunstinstallation ist ein wichtiges Zeichen, um auf die bislang nicht erfolgte Ehrung der Leistung von Wissenschafterinnen hinzuweisen. Die Universität Wien ist darum bemüht, das Thema Frauengeschichte sichtbarer zu machen. Auch der Start der neuen Sonderführungen zeigt, dass die Universitätsleitung diesem Anliegen einen hohen Stellenwert einräumt.
uniview: Es hat ja bereits eine Generalprobe der Sonderführungen gegeben – dabei hat eine besondere Aktion für Aufsehen gesorgt ...
Gerber: Ja, und zwar haben wir im November letzten Jahres die Büsten und Ehrentafeln im Arkadenhof einen Tag lang mit Plakaten von weiblichen Wissenschafterinnen der Universität Wien überklebt. Das war eine sehr eindeutige Botschaft. Die Reaktionen auf diese Aktion waren insgesamt gesehen sehr positiv. Das Feedback, das ich zu den aufgehängten Plakaten bekommen habe, reichte von "Na endlich!" bis hin zu "Das sollte es öfter geben!". Als ich die Poster wieder abnehmen wollte, haben sogar einige versucht, mich davon abzuhalten. Die Plakate werden aber erst wieder bei den Sonderführungen angebracht.
uniview: Die ersten offiziellen Sonderführungen werden am 8. März anlässlich des Internationalen Frauentages stattfinden. Was können BesucherInnen dort konkret erwarten?
Gerber: Die BesucherInnen erwartet eine Führung durch die Geschichte des Frauenstudiums an der Universität Wien. In erster Linie handelt es sich dabei um eine historische Führung. Besonderes Augenmerk gilt der ersten Generation von Wissenschafterinnen an der Universität Wien: Anhand von Vorreiterinnen wie Elise Richter, Berta Karlik oder Gabriele Possanner soll nicht nur der biografische Werdegang einzelner Persönlichkeiten nachverfolgt, sondern auch vermittelt werden, wie schwierig es für Frauen im 19. Jahrhundert war, ein Studium zu absolvieren. Gleichzeitig geht es mir aber auch darum, Bezugspunkte zur Gegenwart aufzuzeigen und über die heutige Situation an den Universitäten aufzuklären – manche der Probleme, mit denen die ersten Absolventinnen zu kämpfen hatten, sind auch heute noch relevant.
Die Führung selbst wird unterschiedliche Stationen beinhalten: es geht von der Rektorentafel und der Installation "Nobelpreisträger und Universität Wien" in der Aula weiter zur Plakette von Marie Ebner-Eschenbach und zu den Büsten im Arkadenhof, zur Installation "Der Muse reicht's" über die Juristenstiege in den Elise-Richter-Saal oder in den Großen Festsaal.
uniview: Wie wird es nach den ersten Führungen weitergehen? Gibt es schon weitere Termine?
Gerber: Vorerst gibt es vier Termine: zwei am Internationalen Frauentag und zwei am darauffolgenden Samstag. Es sind bereits zahlreiche Anmeldungen eingegangen. Auch zu etwaigen Zusatzterminen habe ich bereits mehrere Anfragen bekommen.
Marlene Gerber studiert "Geschichte, politische Bildung und Sozialkunde" und "Psychologie und Philosophie" (Lehramt) und ist seit 2010 als Tourguide im Team des Veranstaltungsmanagements tätig.
Frauen an der Uni Wien – eine Führung durch die Geschichte des Frauenstudiums
Donnerstag, 8. März 2012, 12.30 Uhr
Donnerstag, 8. März 2012, 16.30 Uhr
Samstag, 10. März 2012, 14 Uhr
Samstag, 10. März 2012, 16 Uhr
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Weitere Termine:
nach Terminvereinbarung (mind. 2 Wochen vorher)
Ansprechpartnerin: Kerstin Lackner
Tel: +43 1 4277 17525
E-Mail: kerstin.lackner(at)univie.ac.at
Treffpunkt:
5 Minuten vor der Führung beim Portier in der Aula / Haupteingang der Universität Wien (Dr.-Karl-Lueger-Ring 1, 1010 Wien)
(Dauer: ca. 60 min.)
Kosten:
5,00 Euro für Erwachsene
3,50 Euro für Studierende, SeniorInnen, Zivildiener und Grundwehrdiener
Kostenlos für MitarbeiterInnen der Universität Wien
Downloads:
flyer_frauenfuehrung.pdf
Dateigröße: 189,89 KB